CASKETS OPEN - But You Rule!
Mehr über Caskets Open
- Genre:
- Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Streak Records
- Release:
- 09.04.2010
- Jonestown
- Corky
- In The Arms Of Satan
- SWBD?
- You Die
- Maschalismos
- Whore!
Einer grandiosen jungen Band mit Gespür für Tradition gelingt es, dem traditionellen Doom neue Facetten zu verschaffen.
Knapp zwei Jahre ist es her, dass ich euch mit "Buried Upside Down" die Demo-CD einer jungen finnischen Band vorstellen durfte, die quasi aus dem Stand heraus als einer der heißesten Anwärter darauf gehandelt worden war, die Lücke zu schließen, die REVEREND BIZARRE durch ihre Auflösung kurz zuvor hinterlassen hatten. Das Demo hatte es aber auch in sich, und so bin ich sehr gespannt, als mir nun das erste vollständige Studioalbum "But You Rule!" ins Haus flattert. Können die Jungs das für ein Erstlingsdemo fast schon überirdische Niveau halten? Können sie die Vorlage gar noch übertreffen?
Nun, heraus finden können wir es nur, indem wir die Scheibe auflegen, und wenn nach dem Aufsetzen der Nadel die ersten Klänge zu 'Jonestown' erklingen, dann ist eigentlich schon klar, dass wir auf jeden Fall unsere finstere Freude an diesem Rundling haben werden. Diese Stück ist so dermaßen heavy, dass es sich kaum mit Worten beschreiben lässt. Kein Lavasound, keine typische BLACK-SABBATH-Anbetung. Trotzdem Doom in Reinkultur. Doch die Riffs fließen nicht, sie wabern nicht, sie sind akzentuiert, sie sind messerscharf, sie brechen dir das Genick. Was der Herr Terror hier aus seiner Sechssaitigen holt, ist alles andere als Standard, und es ist auch weit mehr als "nur" ein Treten in die Fußstapfen des bizarren Pastoren. Bekommt ihr die Krise, wenn ich von einem gewissen Punk-Einfluss spreche? Ja? Dann habt ihr Pech gehabt, denn der ist durchaus vorhanden. Das Label spricht von einer Kreuzung aus JOY DIVISION und SAINT VITUS, und das kann man durchaus so stehen lassen. Aber bitte lasst euch nicht auf eine falsche Fährte locken! Die Punkeinflüsse verwässern das Grundgerüst aus schwarzem Doom kein bisschen. Wenn hier und da THE MISFITS, BLACK FLAG oder eben JOY DIVISION durchschimmern, dann auf eine Art und Weise, wie dies auch ein Dave Chandler bei den doomigen Stücken von DEBRIS INC. zuließ, oder ein Fenriz bei den jüngeren DARKTHRONE-Alben.
Es ist wohl nicht einmal zu weit gegriffen, wenn wir sagen, dass diese kleine punkige Note es verhindert, dass CASKETS OPEN hier einen weiteren guten, aber eben nur einen weiteren extrem schweren Doom-Brocken unter die Leute bringen. Wenn ellenlange Songs wie eben der Opener oder das anfangs sehr eindringlich und gegen Ende sehr rotzig geratene Doppelstück 'Corky / In The Arms Of Satan' mit einer solchen Attitüde dargeboten werden, dann wirken sie trotz Spielzeiten von acht, neun oder gar zehn Minuten eben nicht langatmig, sondern knackig, stringent und mitreißend, und das ist eine Kunst, die so manchem Doomhelden abhanden gekommen ist. Aber keine Angst, es ist nicht nur der Doom-Punk, dem die Finnen hier frönen, sondern es sind auch über die Maße epische Stücke wie etwa das von Herrn Horror wirklich grandios und mitreißend gesungene 'SWBD?' enthalten, das mit sehr melodischen Gitarrenarrangements und schönen Bassläufen punktet. Wenn der Sänger bei 'You Rule' den leidenschaftlichen Gesang eines Scott Reagers mit den abgefuckten Screams eines Johnny Rotten verbindet, oder wenn Herr Error beim kurzen Instrumental 'Meschalismos' mit entrücktem Schlagwerk vor psychedelischem Synth und spacigen Klampfen ein Gänsehaut erregendes Horror-Gefühl vermittelt, dann spielen CASKETS OPEN in einer eigenen Liga, die das achteinhalbminütige 'Whore!' am Ende rhythmisch und intensiv, wenn auch etwas sperrig und gewöhnungsbedürftig abschließt. Doch ein Doomalbum ganz ohne Geduldsproben wäre ja auch nichts, oder? Jedenfalls gewinnt auch 'Whore!' mit jedem Durchlauf und irgendwann stellt man sich die Frage, ob es nicht vielleicht sogar der beste Song der Scheibe ist.
So sehr ich das Debüt-Demo mochte, so sehr freue ich mich nun darüber, dass es CASKETS OPEN gelungen ist, das Beste vom Demo mitzunehmen und mit neuen Einflüssen zu verbinden, welche die Band aus Helsinki zu einem Original werden lassen, das dem Doom treu ist, ohne auch nur ansatzweise am Schmoren im eigenen Saft teilzuhaben, das viel zu viele neue Hoffnungsträger der Szene ausbremst. Eine Szene ist nur so lange lebendig, wie sich die Neulinge zwar auf die alten Helden berufen, aber trotzdem in der Lage sind, sich mit eigenen Ideen von jenen abzuheben. Und so verhindern Bands wie CASKETS OPEN effektiv, dass die Doomszene zur reinen Retro-Veranstaltung mutiert. Genau das brauchen wir, und daher finde ich "But You Rule!" so großartig und so wertvoll.
Die Scheibe ist über Streaks Records ausschließlich als schmuck aufgemachtes Gatefold-Vinyl zum Preis von 12 Euro erhältlich. Erkundigt euch bitte direkt nach der Verfügbarkeit und den Versandkosten.
Anspieltipps: Jonestown, Corky / In The Arms Of Satan, SWBD?, Whore!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle