CASKETS OPEN - To Serve The Collapse
Mehr über Caskets Open
- Genre:
- Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Ranka Kustannus / Soulfood
- Release:
- 21.11.2014
- Phantom Wood
- Subwoman
- Humanist
- Leave Them Alone
- Funeral Home
- Mayhem
- The Law
- In The End
- Voodoo
- Hetero
- I Don't Mind
Das vielseitigste, spannendste und vielleicht auch beste Doom-Album des Jahres.
CASKETS OPEN ist eine ganz besondere Band, die sich in Finnland aufgemacht hat, die Doom-Szene ein wenig aufzumischen, und das ist mit ihrer ersten Demo-CD und dem verstörenden Debüt "But You Rule!" ganz vortrefflich gelungen, denn wie kaum eine zweite Band nähert sich dieses Trio aus Keuruu vom stilistischen Ansatz her den Genrevätern SAINT VITUS, ohne dabei allzu sehr von jenen abzukupfern. Der Grund dafür ist ganz einfach, denn wie auch Dave Chandler und sein heiliger Veit sind die drei Finnen einerseits natürlich vom Doom Metal, aber andererseits mindestens genauso massiv vom Punk und vom Hardcore beeinflusst, was man sowohl der Kompisitionsweise als auch den gepflegten Stilelementen anmerkt. Allein diese stilistische Spagat sorgt bereits dafür, dass CASKETS OPEN auf Albumlänge weit mehr Spannung mitbringt als so ziemlich jede generische True-Doom-Combo der letzten zehn Jahre, die mir gerade so einfällt.
Daher freut es mich entsprechend, dass nach vier Jahren Wartezeit, welche die Band mit zwei nur digital veröffentlichten Demos überbrückte, nun endlich das zweite reguläre Studioalbum vorliegt, das auf den programmatischen Titel "To Serve The Collapse" hört und wenig überraschend genau dort ansetzt, wo der Vorgänger aufhörte. Einmal mehr hat die Band keinerlei Hemmungen, die Genregrenzen auszudehnen und gerne auch mal komplett zu überschreiten, schafft es dabei aber dennoch völlig unproblematisch, nach sich selbst zu klingen und dennoch eine Scheibe aus einem Guss abzuliefern, die aber eben zu keiner Zeit langweilig oder vorhersehbar wird. So ist bereits der Opener 'Phantom Wood' ein perfektes Beispiel dafür, wie sich eine Band bei Doomfans jeglicher Couleur beliebt machen kann. Das Intro mit verzerrtem Bass, Pyry Ojalas wuchtigem Drumbeat, feinen Fills und der herrlich singenden Leadgitarre Antti Ronkainens baut zunächst eine Stimmung auf, die von ähnlicher Dichte ist, wie die Bandhymne von CIRITH UNGOL, bevor sich das Hauptstück an sich mit Einsetzen des Gesangs irgendwo zwischen SAINT VITUS, REVEREND BIZARRE und DAWN OF WINTER einordnen lässt, dann aber auch wieder mit gruftiger TYPE-O-Gruselstimmung, ausgedehntem Basswerk und dunklem, weitgehend klarem, beschwörendem Gesang ein weiteres Ausrufezeichen setzt.
Wo nun das Gros der generischen Konkurrenten, welche die Doomszene seit gut zehn Jahren überschwemmen, damit zufrieden ist, mit dem Opener seinen Stil definiert zu haben, und diesen dann mit kleinen Varianten auf Albumdistanz durchzieht, da fängt der Spaß jedoch bei CASKETS OPEN erst richtig an, wenn sich 'Subwoman' nämlich gleich fünf Schippen mehr Biss und Aggression leistet, der Gesang den klassischen Dave-Chandler-Biss entfaltet, oder gar nach dem kürzlich verstorbenen Dave Brockie alias Oderus Urungus von GWAR klingt, und sich das Stück an sich doch eher an DEBRIS INC. anlehnt, als an den Doom-Urgesteinen selbst. Noch je eine Schaufel Hass und Urgewalt zusätzlich liefert uns die Band dann mit 'Humanist', das die Doom-Pfade zunächst völlig verlässt und mit zupackenden Thrash-Riffs und komplett verzerrtem Bass hackt und hetzt wie CARNIVORE dereinst im Mai, bevor es in der Coda mit elegischen Riffs und Backing Chören dann sogar noch BATHORY-Doom-Elemente streift.
Mit dominierendem Bass, verhalltem Schlagzeug und sehr stark gedrosseltem Tempo serviert uns 'Leave Them Alone' im Anschluss zunächst absolut puristischen, komplett reduzierten Doom in Reinkultur, wie er auch aus der Feder REVEREND BIZARREs hätte fließen können. Auch hier gibt Frontmann Timo Ketola (Gesang und Bass) alles, um den Hörer nicht mit Monotonie zu ermüden, denn neben den elegischen Vocals packt er natürlich auch sein bissiges, garstiges Geschrei aus, so dass dieser Song ziemlich infernalisch endet. Diesen Ansatz greift 'Funeral Home' zunächst auf, denn auch dieses beginnt sehr getragen, jedoch etwas weniger minimalistisch, eher melodischer und metallischer, ja, irgendwie ein Stückchen gen THE GATES OF SLUMBER gerückt, bis das Stück zum Ende hin ihn einem wunderbaren Solo mündet.
Ja, Leute, was soll ich sagen, wir sind mit der Besprechung der Songs erst zur Hälfte durch und ihr seht, dass die Band bereits zu diesem Zeitpunkt ein gigantisches Spektrum von Einflüssen und Stilelementen abdeckt. Verzettelt sie sich dabei? Wirkt sie dabei zerfahren und verliert sie den roten Faden? Setzt sie sich stilistisch zwischen alle Stühle? Hier kann die Antwort auf all diese bangen Fragen nur ganz klar und unmissverständlich lauten: "Nein, das tut sie nicht!" - Die Scheibe ist gerade durch die Mannigfaltigkeit der Facetten so spannend, und doch merkt man ihr zu jeder Zeit an, dass hier mit CASKETS OPEN eine Band am Werke ist, die trotz dieser vielfältigen Inspirationen und Einflüsse den Doom atmet wie kaum eine zweite Band, und das obwohl sie mit 'Mayhem' tatsächlich auch noch Hardcore-Punk-Thrash der Marke THE EXPLOITED streift, bei 'The Law' ein wenig Black Metal mitschwingen lässt, dessen Aura das klassische BLACK SABBATH-Riffing umweht, oder bei 'In The End' Nazgul-Schreie auspackt, um welche sie manch bleichgetünchte Sensenkombo sie beneiden würde. Doch auch hier sind es klassische Doomriffs und der beschwörende Leadgesang, die letztlich alles zusammenhalten, und die den Kern dessen bilden, worum sich bei CASKETS OPEN die Schlingpflanzen der stilistischen Freiheit ranken. Damit ist "To Serve The Collapse" mit absoluter Sicherheit ein ganz heißer Kandidat für den Titel des spannendsten und vielleicht auch besten Albums, welches das Doom-Umfeld im Jahre 2014 hervor gebracht hat.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle