COLTRE - To Watch With Hands To Touch With Eyes
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/24
Mehr über Coltre
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Dying Victim Productions
- Release:
- 06.02.2024
- Feast Of The Outcast
- To Watch With Hands
- Rat Race
- When The Earth Turns Black
- Friends Aren't Electric
- Through The Looking Glass
- Temptress
- Oblivion
To Love With Ears!
Sind es wirklich schon wieder vier lange Jahre, seit das damals noch als Trio agierende, britische Trüppchen namens COLTRE mich mit seiner EP "Under The Influence" komplett in seinen Bann ziehen konnte? Das gute Teil lief hier seither recht regelmäßig und dies mit unverminderter Begeisterung zwischen meinen Ohren. Der frische Klang der Band ist etwas, was mich sofort anspricht und somit war ich sehr heiß auf den ersten kompletten Langspieler der Band, die nun endlich einen festen Schlagzeuger hat. Sein Name: Edoardo Mariotti. Muss man den kennen? Nein, noch nicht, aber da COLTRE bald zu den Favoriten aller gutohrigen Metaller zählen wird, darf man den schon mal nennen.
Bevor es hier zu faktatisch wird, halten wir lieber die Löffel in die gebotenen Musik-Stücke. Die Eröffnungsklänge des sieben Minuten langen Dosenöffners 'Feast Of The Outcast' verwirren mich erst einmal, denke ich dabei komischerweise sofort an LONG DISTANCE CALLING. Dieser, durch einen coolen Synthie-Effekt, erzeugte Eindruck, der die Band kurzfristig in eine sehr modern klingende Ecke schiebt, hält etwa dreißig Sekunden an, bis dann die heiß ersehnten, wohlig warm klingenden Gitarren von Daniel Sweed und Sänger Marco Stamigna erklingen. Sofort fühlt man sich, als würde man im Proberaum neben den heißhungrigen Musikanten sitzen und diesen beim Jammen zuschauen.
Schnell nimmt die Nummer Fahrt auf und die gelungenen Gesangsmelodien sorgen für die nötigen Hooklines, um schon während des ersten Durchlaufes mitsummen zu können. Die Gitarren arbeiten mit schönen Stereo-Effekten und scheinen manchmal wie Echos aufeinander zu reagieren, was einen feinen Rundum-Sorglos-Klangeffekt erzeugt. Aber auch die geschickt eigesetzten Gesangs-Dopplungen runden dieses Bild wunderbar ab. Ganz toller Einstieg!
Zum Glück geht es während der folgenden sieben Songs genauso verspielt, mitreißend und farbenfroh weiter. Die Songs sind allesamt relativ lang und unterschreiten niemals die Fünf-Minuten-Marke. Oha, ist das jetzt langatmiger Prog? Selbstredend ist dies nicht der Fall, vielmehr versteht es das Quartett ganz ausgezeichnet, spannende Songaufbauten zu stricken, den Hörer mit vielen Feinheiten und ganz tollen Widerhaken bei der Stange zu halten und dabei zu jeder Sekunde songdienlich und kurzweilig zu klingen. Ich verweise mal auf das wunderbar nach vorne rockende 'Through The Looking Glass', in welchem auch noch mit schöner Laut/Leise-Dynamik gearbeitet wird, und frage mich, welcher Freund fesselnder Rockmusik hier nicht steil gehen wird?
Ebenso grandios ist 'Friends Aren't Electric' mit leicht verschleppter Rhythmik und einem schön fluffig pumpendem Bass. Die Nummer ist beinahe so etwas wie der heimliche Hit des Albums, kommt sie doch mit einem unglaublich ohrenfreundlichen Chorus um die Ecke. Aber auch das zu Beginn an die tollen HORSLIPS erinnernde 'Rat Race', welches schlauerweise als Video ausgekoppelt wurde, ist so ein fieser Ohrwurm mit Hüftschwung-Rhythmik. Also für Menschen mit einem ebensolchen. Ein weiteres Highlight ist das abschließende 'Oblivion', in welchem die Band zeigt, dass sie auch die ruhigeren Töne exzellent beherrscht, ohne dabei mit acht Füßen im Kitscheimer herumzustrampeln. Halb-Ballade wäre wohl eine Möglichkeit diese beinahe epische Nummer zu bezeichnen. Damit würde ich dieser emotionalen Angelegenheit, mit herrlichem Lead-Bass, aber nicht gerecht werden. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es hier in einer livehaftigen Darbietung zu einer grandiosen Jam-Session kommen könnte. Ganz, ganz starkes Ende eines ganz, ganz starken Albums!
Hier haben wir es mir einem sensationellen Newcomer zu tun, der für mich alle Zutaten am Start hat, die es benötigt, um zu begeistern: Spielfreude, Herzblut, Facettenreichtum und das große Geschick all diese Zutaten in tolle Songs umzumünzen. Somit ist "To Watch With Hands, To Touch With Eyes" ein frühes Jahres-Highlight für mich.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Holger Andrae