COSMIC TRAIL, A - II: Mistral
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2013
Mehr über Cosmic Trail, A
- Genre:
- Instrumental Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Pure Prog Records (H'ART)
- Release:
- 19.04.2013
- Calm
- Mistral I
- Cromlech
- In Ertia
- Thwart Progress
- A Ghostly Whisper
- Mistral II
Großartig und fesselnd, wer braucht da Gesang?
Bevor wir zum Eigentlichen dieses Review kommen, mal eben ein kurzer Exkurs. Denn da hat doch Markus Ullrich auf der Facebook-Seite der Band mal so richtig von Leder gezogen und gegen all die Schreiberlinge gewettert, die ja alle ahnungslos seien und sich erdreisten würden, sein Album zu benoten und wie denn diese dazu kommen würden. Nach schönen Vergleichen mit Bosch und Dali geht es dann darum, dass nicht jeder Journalist eine Koryphäe sei. Nun, lieber Markus, auch nicht jeder Musiker ist eine solche, und: das Leben ist kein Ponyhof. Und deshalb erdreiste ich mich sogar, diesem Album eine Note zu geben, obwohl ich nicht so gut Gitarre spielen kann wie du. Aber: solange es jeden Monat drölfzig Releases gibt, sonne ich mich in der Gewissheit, einen Anhaltspunkt geben zu können für alle diejenigen, die sich ein, zwei oder drei CDs monatlich kaufen können, und die Musik zu lobpreisen, die mir so gut gefällt, dass ich hoffe, dass Andere diese Passion teilen mögen. Das mag man mögen oder nicht, respektieren oder verabscheuen, da teile ich ganz deutlich die gleiche Attitüde: Das ist mir egal.
Und jetzt zum relevanten Teil. Was erwartet uns eigentlich auf dem zweiten Album des Projektes A COSMIC TRAIL? Dem Titel "Mistral" nach eine reichlich windige Sache, leider weiß ich noch nicht, wie dieser Titel zustande kam, aber er wird wunderschön im Booklet aufgegriffen. Nach dem Vorgänger "The Outer Planes" wissen wir natürlich, dass es sich um ein rein instrumentales Projekt handelt, das eben von Markus Ullrich, dem LANFEAR-Gitarristen, ins Leben gerufen worden ist. Da das erste Album allgemein ziemliche Begeisterung ausgelöst hatte, mich eingeschlossen, ist die Erwartungshaltung diesmal natürlich ziemlich hoch. Aber ich kann bereits vorweg nehmen, dass "II: Mistral" zwar wenig überraschend ein paar Durchläufe braucht, um mich vollends mitzureißen, es danach aber umso nachhaltiger vermag.
Durch die fehlenden Gesangslinien erhalten die Instrumente mehr Raum, und im Gegensatz zu vielen Instrumentalalben von selbsternannten oder tatsächlichen Sechs-Saiten-Virtuosen geht es hier weder um Geschwindigkeit noch um artistische Kapriolen, sondern um die Kompositionen. Dabei habe ich den Eindruck, das das zweite Werk von A COSMIC TRAIL sogar noch emotionaler ausgefallen ist. Das ist natürlich eine individuelle Empfindung, und ich habe es noch nicht geschafft, mir wirklich beide Alben noch einmal ganz intensiv im Vergleich anzuhören. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass "II: Mistral" noch abwechslungsreicher geworden ist, und die rockigen Parts wie in 'Thwart Progress' in ihrer Grundanlage noch viel metallischer klingen und dadurch die atmosphärischen Teile, hier möchte ich besonders die letzten Minuten von 'Mistral I' nennen, ebenfalls intensiver wirken.
Wer nun mit einem reinen Gitarrenalbum rechnet, dem sei gesagt, dass gerade das Zusammenspiel aus Keyboard und verschiedensten Gitarrensounds den Charakter des Albums ausmachen. In den Song 'In Ertia' empfinde ich das gerade in der ersten Hälfte als besonders gelungen, auch wenn ich nach einer Weile feststellen musste, dass mich einige andere Stücke noch deutlich mehr begeistern und dieser Track als einziger bei mir im Laufe der Zeit verliert. Aber das hängt bei mir auch stark von der Stimmung ab, aber mehr noch als beim ersten Album nickt hier mein Kopf, das Album hat, wie Kollege Stehle so gerne sagt, mehr "Faustfaktor".
Noch mehr als Kompositonen mit Gesang werden Instrumentals von einem individuellen Standpunkt empfunden. Statt den Refrain mitzugrölen, konzentriere ich mich auf Details und setze mich intensiver mit Band und Album auseinander. Während dieses Prozesses gewinnt "II: Mistral" bei jedem Durchlauf. So sehr, dass ich mit den ersten Teil des titelgebenden Siebenminüters gleich mehrfach hintereinander angehört habe, und jedesmal speziell zwischen 3:10 und 3:40 ins Schwelgen geraten könnte. Eine brillante Melodie, eine Überleitung über musikalische Überschnwenglichkeit in den nachdenklichen, ruhigen Teil, eine Achterbahnfahrt zwischen Bauch und Herz, bis hin zur reduzierten, beinahe orchestralen Auflösung mit simplen, langen, basischen Keyboardtönen (Anmerkung: Ich wurde inzwischen aufgeklärt, dass das gar kein Keyboard ist, sondern Gitarre gespielt mit einem 'E-Bow'. Witziges Teil, macht interessante Sounds!). Das erinnert mich an die besten Momente von ANATHEMA und speziell an das Gefühlsfeuerwerk "Hindsight", und ein größeres Lob kann ich gar nicht ausstellen.
Momentan erscheint mir das zweite Album von A COSMIC TRAIL sogar noch stärker zu sein und erfüllt damit alle Erwartungen, da es mich emotional noch mehr packt, aber daran mag auch der Reiz des Neuen einen Anteil haben. Deswegen möchte ich es so ausdrücken: Kauft am besten beide Alben, wenn ihr wunderschöne, mitreißende Musik erleben wollt. In Noten ausgedrückt könnte ich keines der beiden Werke dem anderen vorziehen, das hängt stark von meiner persönlichen Tagesform ab. Deswegen machen sich diese am besten Seite an Seite. Neben dem Scotch, einem kalten Herbstabend und gedämpfter Beleuchtung.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger