CYPECORE - Make Me Real
Mehr über Cypecore
- Genre:
- Melodic Death Metal / Groove Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Easthaven Records / The Orchard
- Release:
- 26.04.2024
- Intro
- Neoteric Gods
- Pinnacle Of Creation
- Doomsday Parade
- Make Me Real
- King Of Rats
- Fragments
- I'll Be Back
- Patient Zero
- Outro
Metal, zurück aus der Zukunft.
Auch wenn das Setting der Band gewissermaßen für Musik aus der Zukunft steht, hat CYPECORE in den vergangenen Jahren zunächst Maßstäbe in relativ konventionellem Melodic Death/Thrash Metal gesetzt. Doch garniert mit dem zu keiner Zeit aufgesetzten inhaltlichen Szenario - die Gefahr, mit SciFi-Outfits ins Alberne abzudriften, ist von außen betrachtet ja relativ hoch - und nuanciert eingesetzten Industrial-Effekten, haben sich die Baden-Württemberger letztlich eine Nische geschaffen, in der ihnen niemand das Wasser reichen kann. Das letzte Werk "The Alliance" war musikalisch dermaßen reif, ausgewogen und mitreißend komponiert, dass für einen internationalen Durchbruch vermutlich nur das nötigen Quentchen Glück fehlte. 2024 kehrt die SciFi-Kämpfertruppe endlich mit neuem Stoff zurück, in Form eines Zehn-Trackers mit dem Titel "Make Me Real".
Die Kritikpunkte am neuen CYPECORE-Werk sind überschaubar und sollen gleich vorneweg genannt werden: Zunächst bleiben nach Abzug von In- und Outro nur acht vollwertige Tracks, die schnell durchgeackert sind und die Lust auf ein volles Maß an neuem Stoff nicht ganz befriedigen können; acht kompakte Songs sind für ein vollwertiges Album gerade so die Untergrenze. Außerdem übertreibt es der Vierer an mehreren Stellen mit den Elektro-Effekten: Während beispielsweise bei 'Pinnacle Of Creation' noch von angemessener Industrial-Unterstützung gesprochen werden kann, wird der Synthie-Einfluss bei 'Doomsday Parade' und dem Titelsong deutlich hochgefahren, ohne einen Mehrwert für die beiden grundsätzlich starken Nummern zu erzielen. Bei 'King Of Rats' wird besagtes Stilmittel dann dermaßen dominant eingesetzt, dass in Verbindung mit dem stampfenden Groove und dem beinahe poppigen Refrain beim Verfasser dieser Zeilen schon Schlager-Feeling aufkommt. Glücklicherweise wird dieses Ausmaß aber im weiteren Verlauf nicht nochmal erreicht.
Und das war's auch schon mit der Meckerei. Denn von diesen Punkten abgesehen ist "Make Me Real" einfach ein enorm starkes Album geworden, das das Gespür der Truppe für effizientes Songwriting unter Beweis stellt und im Vergleich mit dem recht straighten Vorgänger auch einige neue Akzente setzt. Die Stimmung ist noch düsterer geworden, passend zum etwas veränderten Szenario, in dem es nicht mehr nur um einen Krieg in ferner Zukunft geht, sondern der Anspruch von Menschen, sich neue Götter zu erschaffen, in den Mittelpunkt rückt. Und bereits der erste vollwertige Track überrascht in mehrerlei Hinsicht: Das rhythmisch zerhackte Gemetzel der Eröffnung wird von einem feierlichen Halftime-Groove abgelöst, über dem Dominic Christoph mit markigen Vocals die Richtung vorgibt. Erneut transparent und druckvoll produziert, setzt diese ebenso kompakte wie dezent progressive Nummer zu Beginn einen starken Akzent. 'Pinnacle Of Creation' schlägt in eine deutlich groovigere Richtung und wird wie bereits erwähnt von stimmig eingesetzten Industrial-Effekten unterstützt. Der Groove bzw. Groove Metal hat auf "Make Me Real" im Vergleich zum Fast-Forward-Thrash von "The Alliance" Vorrang, steht der Truppe aber ebenso gut zu Gesicht. Natürlich werden die amtlich geschrienen Verse meist von feierlichen Refrains abgelöst, ohne dabei allzu sehr Härte zugunsten von Eingängigkeit aufzugeben.
Ein absolutes Highlight ist der Titelsong, der beinahe als Ballade durchgehen könnte und dem ergreifenden 'Remembrance' vom Vorgänger locker das Wasser reichen kann. Mit verschlepptem Rhythmus, bedrückt gesungenen Versen und einem Gänsehaut-Chorus sticht dieser Track im Albumkontext und der CYPECORE-Diskographie hervor und stellt zudem Dominic Christophs gesangliche Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis. Die dominanten Elektro-Sounds beim Main-Riff hätte diese starke Nummer in meinen Ohren gar nicht nötig gehabt. Aber sei's drum. Ein solches Highlight zu toppen, ist nur schwer möglich, aber Melo-Death/Thrash-Zwitter wie 'Fragments', irgendwo zwischen MACHINE HEAD und HEAVEN SHALL BURN, und ein düsterer Industrial-Hammer namens 'I'll Be Back', halten das Niveau auf erfreulich hohem Level; hier werden auch die aktuellen Menschheitsprobleme unverblümt artikuliert. Mit 'Patient Zero' steht zum Abschluss noch einmal eine typische Melodic-Death/Thrash-Hymne, die auch den letzten Widerstand in Grund und Boden hämmert; dabei werden auch Erinnerung an HEAVEN SHALL BURNS' Electro-Melodic-Death-Bastard 'La Résistance' wach.
Einfach nur fett, was unsere Landsleute sechs lange Jahre nach "The Alliance" wieder auf die Beine gestellt haben. Und wenn sich unter acht neuen Songs nur ein vermeintlicher Ausfall befindet, der Rest jedoch überzeugt, überrascht und letztlich mitreißt, kann CYPECORE einmal mehr umfängliche Anerkennung gezollt werden. Was freue ich mich jetzt schon auf die nächsten Live-Shows der Band - bekanntlich weiß man bei CYPECORE den fetten Sound der Alben auch auf die Bühne zu transportieren, und spätestens dann macht das SciFi-Setting noch einmal zusätzlich Spaß. Go, resistance!
Anspieltipps: Neoteric Gods, Make Me Real, I'll Be Back
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause