DARK FORTRESS - Venereal Dawn
Venereal Dawn
Auch im Soundcheck: Soundcheck 08/2014
Mehr über Dark Fortress
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Century Media
- Release:
- 29.08.2014
- Venereal Dawn
- Lloigor
- Betrayal And Vengeance
- Chrysalis
- I Am The Jigsaw Of A Mad God
- The Deep
- Odem
- Luciform
- On Fever's Wings
20.08.2014 | 06:52
Der Band-typische Black'n'Roll kommt erstmals mit 'Betrayal & Vengeance' zum Tragen. Dass man sich deswegen noch lange nicht auf ein klassisches Strophe-Refrain-Schema beschränkt sind für die sieben Minuten selbstredend und zum Ende erhebt sich wieder der dissonante Chorgesang der Kultisten. Danach begibt man sich mit 'Chrysalis' wieder in ver(alb)träumte Regionen: Statt sofort loszupreschen, wird mittels ätherisch hallenden Clean-Gitarren, die Moreans beschwörend-rezitative Stimme unterlegen, ein weiter Spannungsbogen angelegt, der im Refrain eruptiert, nur um dann wieder zusammenzubrechen. Das Stück steigert sich jedoch beständig weiter und wird noch von einem kurzen aber geschmackvollen und virtuosen Solo gekrönt.
Im Gegensatz dazu ist 'I Am The Jigsaw Of A Mad God' sofort von null auf hundert und als erster Song mit Blastbeats (zusätzlich zu allgemeinem Wahnsinn) der bisher brutalste Song auf "Venereal Dawn". Es wird wieder die groovende und riffbetonte Seite hervorgekehrt, was dafür sorgt, dass sich Teile trotz der Länge schon mal ins Langzeitgedächtnis bohren. Endgültig fern von allem Easy-Listening und sowohl Black-Metal-Stumpfsinn, als auch -Mainstream, ist dann 'The Deep'. Der eine oder andere kennt hoffentlich das von Morean komponierte 'Incide' von der "Séance" (2006). Einen Schritt weiter in Richtung des "klassischen" Komponisten-Daseins, welches der Sänger neben der Band lebt, gehen diese drei Minuten, die weniger Black Metal, als zeitgenössische klassische Musik mit teilweise verstärkten Instrumenten inklusive Klargesang-Anflügen und Flamenco-Gitarre, darstellen.
Bis jetzt hat die Band sich gescheut, auf längerer Strecke den klassischen Black Metal anzupacken, will sagen, Hochgeschwindigkeits-Blastbeats, durchgehend tremmolierende Gitarren etc. So ganz erfüllt 'Odem' diese Blaupause (zum Glück) auch nicht, ist aber nichtsdestotrotz zunächst zwischen peitschenden Blastbeats und Groove noch der typischste Song auf "Venereal Dawn", bevor er in der zweiten Hälfte inklusive Solo wieder atmosphärisch ausufert. Das Album nähert sich dem Ende und der Protagonist transzendiert langsam in seine Lichtform, 'Luciform' wie es im Titel heißt. Passend dazu hat der Song zwar alles von vertrackt über groovend bis hin zu peitschenden Blastbeats, entfaltet dabei und darüber aber eine Form von düsterer, ätherischer Weite, die etwas Trance-artiges hat. 'On Fewers Wings' beschließt das Album zwischen stampfendem Rezitativ und vertonter Transzendenz. Beginnend mit einem schönen Klavier-Vorspiel, lässt man sich viel Zeit, den Song aufzubauen. Eine Parallele zum Opener, mit dem es auch die lange Spielzeit gemeinsam hat und eine Klammer um das Album bildet. Das Stück bleibt im schleppenden bis mittelschnellen Tempo und überrascht mit orientalisch angehauchtem Frauengesang.
Dieser Durchmarsch hat vielleicht den Anschein einer gewissen Nüchternheit erweckt und wenig von der Begeisterung, die das Album stellenweise bei mir auslöste, vermittelt. Das Gegenteil sollte beim Hören der Fall sein. DARK FORTRESS befindet sich nach wie vor in Höchstform: Morean nutzt die gesamte Palette seines äußerst vielfältigen Organs, die Gitarrenfraktion rifft und soliert vorbildlichst und Drummer Seraph zeigt sich wieder einmal als Meister seines Fachs. Dabei erweist es sich wohl auch als Vorteil, dass Bandkopf V. Santura die Woodshed-Studios sein Eigen nennen kann, wo er an den Produktionen anderer Finster-Größen (u.a. TRIPTYKON) sein Geschick verfeinern kann und seiner Band einen drückenden Sound, der trotzdem natürlich ist und "Luft zum Atmen lässt" auf den Leib schneidert.
Postapokalyptisch finster, und doch poetisch und musikalisch, ohne an Härte zu verlieren, vereint "Venereal Dawn" wieder Atmosphäre und Riffgewalt. Die vorerst zum Quintett geschrumpfte Band zieht alle Register ihres Könnens und entwickelt sich konsequent weiter in eine Richtung, die wohl abzusehen war, was die Qualität des Albums jedoch in keiner Weise schmälert. "Venereal Dawn" schafft es, nicht nur die Grenzen des Genres zu dehnen oder zu überschreiten, sondern auch die Messlatte, sowohl für die Band als auch die Szene, wieder ein Stückchen höher zu legen.
Edel-schwarzes Meisterwerk
Die Sonne ist feindlich geworden. Statt Leben zu nähren, vergiften und verbrennen ihre Strahlen alles, was von ihnen berührt wird. Konfrontiert mit der unmittelbaren Auslöschung, opfern die verbleibenden Menschen ihre Artgenossen, denn der blutige Regen, der den Ritualen folgt, legt sich wie eine zweite Haut an und schützt vor den tödlichen Sonnenstrahlen. Doch einer der Geopferten bekommt in der Stunde seines Todes von einem Chaosgott das Angebot, weiter zu leben, mutiert durch unnatürliche Segnungen und um den Preis seiner Menschlichkeit ... Soweit das Konzept hinter "Venereal Dawn".
Longtracks am Anfang eines Albums sind ja oft schon ein Statement für sich und gleich doppelt, wenn man ihn noch als Vorab-Single auskoppelt. So auch hier – anspruchsvolles Musizieren ist der Band zwar keineswegs fremd, der 10-Minüter wurde jedoch bislang noch nicht zum Standard erhoben. Das Titelstück glänzt mit Poesie, Detailreichtum, einer durch die Chöre (!) noch verstärkten geisterhaften Atmosphäre, die auf einen leicht progressiv-thrashenden Soloteil trifft, sowie mit einem allem zerschmetternden Chorus. Dementsprechend heißt es klar und deutlich: Komplex soll es werden, das Album. Weniger straight oder eingängig, wie man es von vielen Songs der Band – trotz ihres Detailreichtums – kennt. Diesen Eindruck untermauert auch der ungemein dynamische zweite Track 'Lloigor' insbesondere wegen seiner an (alte) OPETH gemahnenden Versatzstücke. In diesem Falle ein großes Kompliment, da man nie die eigene Note verliert, sondern sie mit schwarzer Kante zu zelebrieren versteht. Wieder sind die ätherischen Chorparts zu erwähnen, die hier einen größeren Raum einnehmen, ohne dass deswegen das Gesamtpaket an Härte verlieren würde.
Longtracks am Anfang eines Albums sind ja oft schon ein Statement für sich und gleich doppelt, wenn man ihn noch als Vorab-Single auskoppelt. So auch hier – anspruchsvolles Musizieren ist der Band zwar keineswegs fremd, der 10-Minüter wurde jedoch bislang noch nicht zum Standard erhoben. Das Titelstück glänzt mit Poesie, Detailreichtum, einer durch die Chöre (!) noch verstärkten geisterhaften Atmosphäre, die auf einen leicht progressiv-thrashenden Soloteil trifft, sowie mit einem allem zerschmetternden Chorus. Dementsprechend heißt es klar und deutlich: Komplex soll es werden, das Album. Weniger straight oder eingängig, wie man es von vielen Songs der Band – trotz ihres Detailreichtums – kennt. Diesen Eindruck untermauert auch der ungemein dynamische zweite Track 'Lloigor' insbesondere wegen seiner an (alte) OPETH gemahnenden Versatzstücke. In diesem Falle ein großes Kompliment, da man nie die eigene Note verliert, sondern sie mit schwarzer Kante zu zelebrieren versteht. Wieder sind die ätherischen Chorparts zu erwähnen, die hier einen größeren Raum einnehmen, ohne dass deswegen das Gesamtpaket an Härte verlieren würde.
Der Band-typische Black'n'Roll kommt erstmals mit 'Betrayal & Vengeance' zum Tragen. Dass man sich deswegen noch lange nicht auf ein klassisches Strophe-Refrain-Schema beschränkt sind für die sieben Minuten selbstredend und zum Ende erhebt sich wieder der dissonante Chorgesang der Kultisten. Danach begibt man sich mit 'Chrysalis' wieder in ver(alb)träumte Regionen: Statt sofort loszupreschen, wird mittels ätherisch hallenden Clean-Gitarren, die Moreans beschwörend-rezitative Stimme unterlegen, ein weiter Spannungsbogen angelegt, der im Refrain eruptiert, nur um dann wieder zusammenzubrechen. Das Stück steigert sich jedoch beständig weiter und wird noch von einem kurzen aber geschmackvollen und virtuosen Solo gekrönt.
Im Gegensatz dazu ist 'I Am The Jigsaw Of A Mad God' sofort von null auf hundert und als erster Song mit Blastbeats (zusätzlich zu allgemeinem Wahnsinn) der bisher brutalste Song auf "Venereal Dawn". Es wird wieder die groovende und riffbetonte Seite hervorgekehrt, was dafür sorgt, dass sich Teile trotz der Länge schon mal ins Langzeitgedächtnis bohren. Endgültig fern von allem Easy-Listening und sowohl Black-Metal-Stumpfsinn, als auch -Mainstream, ist dann 'The Deep'. Der eine oder andere kennt hoffentlich das von Morean komponierte 'Incide' von der "Séance" (2006). Einen Schritt weiter in Richtung des "klassischen" Komponisten-Daseins, welches der Sänger neben der Band lebt, gehen diese drei Minuten, die weniger Black Metal, als zeitgenössische klassische Musik mit teilweise verstärkten Instrumenten inklusive Klargesang-Anflügen und Flamenco-Gitarre, darstellen.
Bis jetzt hat die Band sich gescheut, auf längerer Strecke den klassischen Black Metal anzupacken, will sagen, Hochgeschwindigkeits-Blastbeats, durchgehend tremmolierende Gitarren etc. So ganz erfüllt 'Odem' diese Blaupause (zum Glück) auch nicht, ist aber nichtsdestotrotz zunächst zwischen peitschenden Blastbeats und Groove noch der typischste Song auf "Venereal Dawn", bevor er in der zweiten Hälfte inklusive Solo wieder atmosphärisch ausufert. Das Album nähert sich dem Ende und der Protagonist transzendiert langsam in seine Lichtform, 'Luciform' wie es im Titel heißt. Passend dazu hat der Song zwar alles von vertrackt über groovend bis hin zu peitschenden Blastbeats, entfaltet dabei und darüber aber eine Form von düsterer, ätherischer Weite, die etwas Trance-artiges hat. 'On Fewers Wings' beschließt das Album zwischen stampfendem Rezitativ und vertonter Transzendenz. Beginnend mit einem schönen Klavier-Vorspiel, lässt man sich viel Zeit, den Song aufzubauen. Eine Parallele zum Opener, mit dem es auch die lange Spielzeit gemeinsam hat und eine Klammer um das Album bildet. Das Stück bleibt im schleppenden bis mittelschnellen Tempo und überrascht mit orientalisch angehauchtem Frauengesang.
Dieser Durchmarsch hat vielleicht den Anschein einer gewissen Nüchternheit erweckt und wenig von der Begeisterung, die das Album stellenweise bei mir auslöste, vermittelt. Das Gegenteil sollte beim Hören der Fall sein. DARK FORTRESS befindet sich nach wie vor in Höchstform: Morean nutzt die gesamte Palette seines äußerst vielfältigen Organs, die Gitarrenfraktion rifft und soliert vorbildlichst und Drummer Seraph zeigt sich wieder einmal als Meister seines Fachs. Dabei erweist es sich wohl auch als Vorteil, dass Bandkopf V. Santura die Woodshed-Studios sein Eigen nennen kann, wo er an den Produktionen anderer Finster-Größen (u.a. TRIPTYKON) sein Geschick verfeinern kann und seiner Band einen drückenden Sound, der trotzdem natürlich ist und "Luft zum Atmen lässt" auf den Leib schneidert.
Postapokalyptisch finster, und doch poetisch und musikalisch, ohne an Härte zu verlieren, vereint "Venereal Dawn" wieder Atmosphäre und Riffgewalt. Die vorerst zum Quintett geschrumpfte Band zieht alle Register ihres Könnens und entwickelt sich konsequent weiter in eine Richtung, die wohl abzusehen war, was die Qualität des Albums jedoch in keiner Weise schmälert. "Venereal Dawn" schafft es, nicht nur die Grenzen des Genres zu dehnen oder zu überschreiten, sondern auch die Messlatte, sowohl für die Band als auch die Szene, wieder ein Stückchen höher zu legen.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Christian Schwarzer
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