DIMMU BORGIR - Death Cult Armageddon
Mehr über Dimmu Borgir
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 08.09.2003
- Allegiance
- Progenies Of The Great Apocalypse
- Lepers Among Us
- Vredesbyrd
- For The World To Dictate Our Death
- Blood Hunger Doctrine
- Allehelgens Død I Helveds Rike
- Cataclysm Children
- Eradication Instincts Defined
- Unorthodox Manifesto
- Heavenly Perverse
Alle zwei Jahre passiert es wie auf Knopfdruck:
Alteingesessene Musikrezipienten verlieren plötzlich sämtliche Kontrollen über ihr Denkvermögen und hacken Tastaturen mit ihren schriftlich dargebotenen Jubelarien in Grund und Boden. Die schwarzgekleideten Massen (meistens zwischen 14 und 18) strömen wie Lemminge in die CD-Läden und schwarz-weiße Pandabären (meist über 18 und in einer weniger erfolgreichen Band) hüpfen wütend vor Zorn wie Rumpelstilzchen durch den Wald.
Was hier beschrieben ist, ist nicht etwa eine Szenerie aus David Lynchs neuestem Film, sondern das sich monoton wiederholende Spektakel, das den Release einer jeden DIMMU BORGIR-Platte seit "Enthrone Darkness Triumphant" begleitet. Mit "Death Cult Armageddon" erscheint wieder so eine. Wieder mal mit drei Worten als Titel, die wahllos aus dem Wörterbuch für okkultistisch-düster anmutende Englischvokabeln entnommen scheinen. Dieses mal gibt es außerdem neben 20 verschiedenen "Sammler-Editionen" der CD sogar DIMMU BORGIR-Gummibärchen als Promo-Gag (kein Witz). Ach ja, bevor ich's wegen des ganzen Wirbels vergesse: Es ist ihr bestes Album. Und das reifste dazu. Und hat außerdem mit Black Metal ziemlich viel zu tun. Was denn auch sonst?
Dabei möchte man "Death Cult Armaggedon" eigentlich instinktiv keine Chance geben. Man will vor die Heerscharen von Anhängern treten und verkünden: "Sie haben es ein paar Mal geschafft, ein recht gutes Album abzuliefern, aber an dieser Stelle ist Schluss, sorry Leute."
Es geht nicht. Spätestens wenn mit 'Blood Hunger Doctrine' nach ein paar schnelleren Tracks ein doomiger, zähflüssiger Klumpen aus wabernden, ineinanderfließenden Riffs die Einleitung zu einem der besten Tracks bildet, die diese Band jemals hervorgebracht hat, ist jegliche Kritik irgendwie zwecklos.
Blicken wir doch zunächst einmal zurück auf das, was die von den Verkaufszahlen ernannte wichtigste Black-Metal-Band der Welt uns bisher aufgetischt hat: Ihr Durchbruchsalbum (und alles davor ist tatsächlich reichlich irrelevant) "Enthrone Darkness Triumphant" war eher revolutionär als musikalisch wirklich solide, "Spiritual Black Dimensions" danach die Trotzreaktion auf Kollegen-Schelte aus Musikerkreisen und ein wenig überladen, und mit dem richtig schön derben Black-Metal-meets-Industrial-rifflastigen (Achtung: Zungenbrecher!) "Puritanical Euphoric Misanthropia" hat die Band schließlich doch noch einmal die Kurve gekriegt und eine richtig starke Platte eingespielt.
Mit "Death Cult Armaggedon" machen die Norweger nun endlich das (wobei es egal ist, ob das nun intuitiv oder aus Kalkül geschieht), was bei einer guten Band eigentlich immer passieren sollte: Sie knüpfen nahtlos an das Vorgängerwerk an, ohne es zu kopieren und fügen einige neue Elemente hinzu. Ein Schritt vorwärts, die Erfahrungen im Hinterkopf berücksichtigend, und fertig ist eine richtig spannende Platte, die heterogen genug ist, um nicht langweilig zu werden und gleichzeitig hörbar aus einem Guss geformt ist.
Nach dem etwas eintönigen und zu klischeehaften Opener 'Allegiance' folgen die Highlights dann auch schon wie am Fließband: 'Progenesis Of The Great Apocalypse' heißt der auserwählte, epische Track, zu dem man von Seiten DIMMU BORGIRs sogar ein Video gedreht hat: Ein langer, perfekt mit den Orchesterpassagen verschmolzener Song-Bastard, der fast schon rockend ins Ohr geht und eine Vortex-Gesangspassage enthält, die auf dieser Platte umso mehr Gänsehaut dadurch erzeugen kann, dass der Genannte auf dem ganzen Album deutlich seltener als Vokalist in Erscheinung tritt als bisher.
Überhaupt: Stichwort Orchester. Zusammen mit den Prager Philharmonikern liefern die Norweger hier eine Performance ab, wie man sie bisher noch nie gehört hat, und an der sich so manche Bands ein großes Beispiel nehmen können. Zu keiner Zeit klingt es so, als ob die eine Seite gegen die andere anspielen oder das ganze irgendwie nicht zusammenpassen würde, vielmehr bilden Band- und Orchesterpassagen eine unzertrennliche, majestätische Einheit, die den Songs nicht den letzten Schliff verleiht, sondern konstituierend zu den Songs gehört.
Genauso lobenswert ist die Gitarrenarbeit, die sich in schrubbenden Monster-Riffs niederschlägt, die manchmal schnell wie Maschinengewehrsalven (wie im großartigen 'Lepers Among Us'), manchmal einfach nur extrem einprägsam groovend rüberkommen ('Unorthodox Manifesto'). Missionsziel einmal mehr erfüllt.
Wer DIMMU BORGIR nach dieser Platte noch immer den Ausverkauf vorwerfen will, den sie zugegebenermaßen vor längerer Zeit wohl tatsächlich mal ins Auge gefasst hatten, dem muss man eigentlich mitteilen, dass er die Platte nicht richtig gehört hat. Viel kommerzieller als die letzten Alben von SATYRICON oder MARDUK ist das hier nämlich nicht. Nur besser produziert.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: "Death Cult Armageddon" ist trotz allem natürlich bei weitem nicht der obergeniale Geniestreich, als der es uns verkauft werden soll, sondern eine grundsolide, brutal-rockende Melodic-Black-Metal-Platte, die den direkten Vergleich mit der aktuellen Konkurrenz in dieser Liga (und vor allem mit CRADLES erbärmlicher Mini-Operette "Damnation And A Day") mehr als nur bestehen kann.
Anspieltipps: Progenesis Of The Great Apocalypse, Blood Hunger Doctrine, Unorthodox Manifesto
- Redakteur:
- Sebastian Baumer