DIRKSCHNEIDER - Balls To The Wall Reloaded
Mehr über Dirkschneider
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Reigning Phoenix Music
- Release:
- 28.02.2025
- Balls To The Wall
- London Leatherboys
- Fight It Back
- Head Over Heels
- Losing More Than You've Ever Had
- Love Child
- Turn Me On
- Losers And Winners
- Guardian Of The Night
- Winter Dreams
Wenn man nicht an das "Warum" denkt, ist das wirklich gute Unterhaltung!
Wenn man mal an der Warum-Frage vorbei ist, gilt es, sich mit Songs auseinanderzusetzen, die jeder Metal-Fan in- und auswendig kennen dürfte, denn Mr. Udo DIRKSCHNEIDER nimmt eines der wichtigsten Alben der deutschen Metal-Geschichte neu auf: "Balls To The Wall Reloaded" erscheint 42 Jahre nach dem ACCEPT-Klassiker, auf dem er ja der Leadsänger war. Ausgestattet mit einem Artwork, das visuellen Menschen sofort MILEY CYRUS in den Kopf ruft [manchen auch eher den alten Videoclip zum Titelstück - Anm. d. Lektors], aber gut: Warum macht er das? Was bezweckt Udo mit dieser Scheibe?
So oder so: Die Auswahl an Gastsängern ist, wenig überraschend, schon relativ prominent ausgefallen. Schauen wir mal, wie sie sich schlagen. Bevor ich einzeln auf die Songs eingehe muss ich erleichtert feststellen, dass das Klangbild angenehm gehalten ist. Auf unnötige moderne Spielereien wurde verzichtet. Udo geht also würdig mit dem Erbe um, zumindest was die instrumentale und klangliche Gestaltung angeht.
Der überragende Titelsong wird gemeinsam mit Joakim Brodén (SABATON) gesungen. Gerade in der Bridge gibt es auch einen spürbaren SABATON-Einfluss, und der Refrain wird gesanglich leider abgewertet. Ansonsten dominiert Udo zum Glück den Titel. Der Briten-Rocker 'London Leatherboys' wird passenderweise gemeinsam mit SAXON-Fronter Biff gesungen. Das passt natürlich sehr gut, zumal Biff ja ebenfalls im fortgeschrittenen Alter eine super Form hat. Er gibt dem Song eine eigene Note, die aber hervorragend passt. Für das leicht speedige 'Fight It Back' wurde KREATOR-Röhre Mille gewonnen. Schon bei AVANTASIA oder EDGUY konnte man ja sehen, dass sein Organ gut zu klassischerem Metal passt. Irgendwas stört mich bei dieser Aufnahme grundsätzlich am Klang. Das passt nicht so ganz. Es liegt nicht an den Instrumenten, sondern an ein paar seltsamen Effekten. Mille macht seinen Job dagegen gut.
'Head Over Heels' gibt es mit Nils Molin. Er singt bei DYNAZTY und AMARANTHE, also Bands, die im traditionalistischen Metal weitestgehend irrelevant sind. Schon eine interessante Wahl, ihn hier mit an Land zu karren, doch er macht seinen Job richtig gut. Das bringt mich jetzt natürlich nicht dazu, AMARANTHE hören zu wollen, aber nötigt mir Respekt vor seinen Qualitäten ab. Dass er den Refrain so geschickt zu "seiner" Melodie macht, das ist schon klasse. Für 'Losing More Than You Ever Had' gibt es dann so eine Sängerwahl, wie sie sich sicher jeder Fan für eine solche Veröffentlichung wünscht. HELLOWEEN-Sirene Michael Kiske ist für mich neben Hansi Kürsch wohl der beste deutsche Metal-Sänger aller Zeiten. Kiske macht seinen Job natürlich klasse, aber es war auch auf dem Original nicht der absolute Übersong. Das klappt hier gut, aber muss auch nicht zwingend sein.
'Love Child' wird mit Ylva Eriksson intoniert. Die kennt der Metal-Fan vielleicht nicht sofort? Sie stammt von BROTHERS OF METAL, einer der neueren Party-Metal-Bands. Das "Keep it True"-Publikum wird sie wahrscheinlich nur mit Vinylhandschuhen anfassen. Aber auch die treuesten Underground-Jünger müssen sich eingestehen, dass sie hier eine gute Performance abliefert, die dem Song durchaus gut tut. Ein minimales AOR-Flair schleicht sich durch ihre Stimme ein. Für 'Turn Me On' ist DANKO JONES mit an Bord. Eine Zeit lang war er ja in den deutschen Printmedien (vor allem im RockHard) überpräsent. Mittlerweile hat sich das zum Glück wieder etwas gelegt. Und er hat es ja drauf, wie eine Rockröhre zu klingen. Das passt gut zum Song. Für 'Losers And Winners' ist niemand anderes als Dee Snider dabei! Die Stimme von TWISTED SISTER passt natürlich hervorragend zu alten ACCEPT-Titeln. Eine schöne, recht flotte Interpretation. Für 'Guardians Of The Night' dürfen wir den Ripper hören. Tim Owens singt ja mittlerweile bei KK'S PRIEST, dürfte aber vielen vor allem von seinem Engagement bei WINTERS BANE oder ICED EARTH positiv hängen geblieben sein. Dass er bei JUDAS PRIEST war und für YNGWIE MALMSTEEN gesungen hat, ist uns natürlich auch bewusst... am Anfang dachte ich, der Song wird ein Stück Sean-Peck-mäßig zerschrien, aber der Ripper hält sich am Riemen und es klappt gut. Die wohl unvermeidliche Kooperation gibt es zum Schluss. DORO singt 'Winter Dreams' mit.
Ich gebe zu: Doch, es hat mir schon Spaß gemacht. Und damit hätte ich nicht gerechnet. Nein, wahrscheinlich braucht es diese Veröffentlichung nicht wirklich. Die Songs sind weltklasse, und ich habe Respekt davor, dass sie nicht verhunzt werden. Aber ich glaube, viele dieser Kollaborationen wären schöne Schmankerl für Festivals der nächsten Jahre. Vielleicht kriegen wir da ja manches zu hören.
Anspieltipps: London Leatherboys, Head Over Heels, Turn Me On.
- Redakteur:
- Jonathan Walzer