DISTURBED - Immortalized
Mehr über Disturbed
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Reprise Records (Warner)
- Release:
- 21.08.2015
- The Eye Of The Storm
- Immortalized
- The Vengeful One
- Open Your Eyes
- The Light
- What Are You Waiting For
- You're Mine
- Who
- Save Our Last Goodbye
- Fire It Up
- The Sound Of Silence
- Never Wrong
- Who Taught You How To Hate
- Tyrant (Bonus Track)
- Legion Of Monsters (Bonus Track)
- The Brave And The Bold (Bonus Track)
Sehr, sehr schade.
Der Jubel war groß, die Erleichterung noch größer. DISTURBED macht weiter, ist nach knapp vier Jahren wieder am Start und hat sich anscheinend von der einstigen Lethargie und Demotivation erholt. Nun, eine Band steigt und fällt mit ihrem Sänger und spontan fällt mir kein besseres Beispiel als das Vorliegende ein: David Draiman hat den Sound auf den fünf Alben, die zwischen 2000 und 2010 erschienen, entscheidend mitgeprägt, hatte maßgeblichen Anteil am hiesigen Erfolg und schaffte es, mit seiner außergewöhnlichen Stimme und seiner noch außergewöhnlicheren Darbietung Fans ab der ersten Sekunde zu fesseln. Zugegeben, rein instrumental spielte DISTURBED netten Alternative Metal, der niemandem weh tat, selten ausbrach und sich mit der hintergründigen Rolle doch zufrieden gab. Die Melodien waren in Ordnung, die Riffs ordentlich, doch das Hauptaugenmerk lag stets beim Frontmann. Mit seinem leichten Hang zum Wahn, diesem dreckigen, psychischen und fast schon schizophrenen Element in seiner Stimme, war er das Salz in der Suppe. Erst er machte DISTURBED zu der wohl größten Alternative-Metal-Offenbarung der letzten Jahre und einem der wohl angesagtesten Acts in der härteren Musikszene. Nach "Asylum" war jedoch Schluss, die Band anscheinend übersättigt von ihrem Erfolg, denn nicht nur den Live-Auftritten fehlte es an Power und Wucht vergangener Tage.
Nun sind Draiman und Co. jedoch wieder am Start und präsentieren mit "Immortalized" ihr neues, nunmehr sechstes Album. Und was soll ich euch sagen? Ich bin enttäuscht. Das liegt noch nicht einmal an den einzelnen Songs, die fast ausschließlich im Bereich "ganz nett" anzusiedeln sind. Instrumental baut DISTURBED auf den üblichen, recht unspektakulären Trademarks auf. Kaum gibt es Ausreißer nach oben oder nach unten, kaum tritt die Band einmal auf die Tube, sodass man den Eindruck gewinnen könnte, dass es sich bei "Immortalized" um ein "Nummer sicher"-Album handeln könnte.
Das wäre soweit auch nicht schlecht, wir haben ja noch Draiman an der Front, der die fehlende Wucht, die ach so vermissten Überraschungsmomente mit seiner Stimme wieder ausbügeln könnte. Doch leider passt sich der Ausnahmekünstler seiner Hintermannschaft an, eine derart unspektakuläre Leistung von Draiman hab ich bisweilen noch nicht gehört. Der Wahnsinn, das einlullende Element, mit dem der Bursche in der Zwangsjacke die Hörerschaft in seinen Bann ziehen konnte, der leichte Hang zum Irrsinn, der stets zu den wichtigsten DISTURBED-Trademarks zählte, wurde bei der vierjährigen Pause anscheinend vergessen. Songs wie 'Immortilized', 'Open Your Eyes' oder auch 'Who' und 'Save Our Last Goodbye' sind leider viel zu durchschnittliche Rock-/Metal-Nummern, die alle auf dem bereits mehrfach durchgekauten Schema basieren und kaum Neues zu bieten haben. Das wäre insofern nicht schlimm, wenn Draiman nicht überraschend brav agieren und es mehr Stücke wie 'The Eye Of The Storm', 'The Vengeful One' oder 'Never Wrong' auf der neuen Scheibe geben würde. Dazu handelt es sich bei der 'The Sound Of Silence'-Hommage um einen der besseren Songs der Platte. Es kann dem SIMON & GARFUNKEL-Original zwar längst nicht das Wasser reichen, verpasst dem Album jedoch einen wohligen, abwechslungsreichen Moment, bei der sich Draiman auch in ruhigeren Passagen auszeichnen kann. Doch diese Ausnahmen können das Grundproblem auf "Immortalized" nicht verbergen.
Songs wie 'Down With The Sickness', 'Awaken', 'Ten Thousand Fists', 'Stricken', 'Indestructible' oder 'Another Way To Die' hatten in der Vergangenheit stets etwas Besonderes, etwas Extravagantes und lebten vom psychotischen, geisteskranken Hauch in Draimans Stimme. Doch auf Album Nummer sechs fehlt davon fast jede Spur, sodass man den Eindruck gewinnen könnte, dass DISTURBED und vor allem leider David himself mit angezogener Handbremse agieren würden. Auch ich habe mich sehr auf "Immortalized" und das DISTURBED-Comeback per se sehr gefreut, doch am Ende herrschte mehr Enttäuschung als Freude. An diesem Rundling merkt man einmal mehr, wie wichtig der Gesang speziell im Alternative-Bereich ist, wie essenziell das Aushängeschild für die gesamte Band, den gesamten Sound sein kann. Im Fall von DISTURBED anno 2015 habe ich mir einfach mehr vom Comeback-Album erhofft und glaubte, dass das über die verhältnismäßig kleine Pause von vier Jahren das Wahn- und Irrsinn-Element in Draimans Stimme nicht auf der Strecke bleiben würde. Schade, dass ich mich getäuscht habe…
- Note:
- 5.50
- Redakteur:
- Marcel Rapp