DREAM THEATER - A Dramatic Turn Of Events
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2011
Mehr über Dream Theater
- Genre:
- Progresive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Roadrunner Records (Warner)
- Release:
- 09.09.2011
- On The Backs Of Angels
- Build Me Up, Break Me Down
- Lost Not Forgotten
- This Is The Life
- Bridges In The Sky
- Outcry
- Far From Heaven
- Breaking All Illusions
- Beneath The Surface
- The Auditions
Neuer Motor, bessere Leistung?!
Da ist es also. Das erste Post-Mike-Portnoy-Werk aus dem Hause DREAM THEATER. Viele stellten sich die Frage, welchen Einfluss Portnoy auf das Gesamtwerk DREAM THEATER hatte und wie sich Petrucci, Rudess, LaBrie, Myung und der neue Mann Mike Mangini ohne ihren ehemaligen Lautsprecher und Bandmotor präsentieren würden.
Doch schon der Auftritt beim "Night Of The Prog"-Festival im Juli zeigte, dass DREAM THEATER auf der Bühne viel harmonischer und kompakter wirken, ja, wie eine echte Band auftreten. LaBrie durfte in den Instrumentalpassagen die Bühne verlassen und musste nicht unsinnige, kaum wahrnehmbare Percussionaufgaben übernehmen, John Myung hat sich bewegt und Mike Mangini erhielt minutenlange Standing Ovations, weil er einfach jeden Anwesenden überzeugt hatte.
Der bereits vorab veröffentlichte Opener 'On The Back Of Angels' ist dann auch gleich eine Blaupause für einen typischen DREAM THEATER-Track, der so auch auf Alben wie "Images & Words", "Awake" oder "Falling Into Infinity" hätte stehen können. Anders gesagt: DREAM THEATER klingen ohne Mike Portnoy wieder nach den Neunzigern, wo die Band noch als Band agierte und sich alle Bandmitglieder noch an den Songs und Lyrics beteiligen durften. John Myung verfasst seine ersten Lyrics seit "Scenes From A Memory", James LaBrie darf endlich wieder seine eigenen Melodien schreiben und die Credits für die Songs gehen an DREAM THEATER und nicht an Portnoy/Petrucci/Rudess/Myung wie es auf den vergangenen Werken der Fall war.
Und so ist "A Dramatic Turn Of Events" vor allem pure Harmonie. Ein in sich ruhendes Werk, das mit vielen tollen Hooks, hoher Eingängigkeit und einem brillanten Klangbild besticht. Natürlich gibt es immer noch viele überlange Songs mit Instrumentalpassagen, die die Kinnlade gen Horizont reisen lassen, doch wirkt das eher wie eine Kür. Nehmen wir als Beispiel 'Breaking All Illusions', das durchaus an eine Großtat wie 'Learning To Live' erinnert und mit enorm abwechslungsreichen Instrumentalpassagen und grandiosen Rudess-Farbtupfern für das wohlige DREAM THEATER-Gefühl sorgt.
Die Hooks finden sich vor allem bei den beiden Albumhöhepunkten 'Bridges In The Sky' und 'Outcry'. Zwei elfminütige Monster von Songs, wobei vor allem der Chorus von 'Outcry' live in 'Pull Me Under'-Lautstärke vom Publikum wiedergegeben werden dürfte. Die eher kompakten knapp siebenminütigen Hits 'Build Me Up, Break Me Down' (etwas aggressiver) und 'This Is The Life' (herrlich sphärische Nummer) hätten von ihrer Stimmung her auch auf "Falling Into Infinity" stehen können, während 'Lost Not Forgotten' gar Erinnerungen an "Scenes From A Memory" aufkommen lässt. Bei jedem dieser Songs wirkt James LaBrie wie befreit, singt seine eigenen Melodien mit der Selbstverständlichkeit, die seine letzten beiden Soloalben auszeichneten und beweist zudem, dass er eben doch nicht die am leichtesten zu ersetzende Personalie im Hause DREAM THEATER ist. Ganz im Gegenteil: mir eine andere Stimme am Mikro vorzustellen, ist mir selten schwerer gefallen. Was sich schon bei dem oben erwähnten Auftritt andeutete, wird hier zur Gewissheit: vor allem LaBrie profitiert davon, dass Portnoy nicht mehr den Takt vorgibt.
Lediglich von den beiden schönen Balladen 'Far From Heaven' und 'Beneath The Surface' hätte es vielleicht nur eine gebraucht, zumal sie im Albumkontext auch dicht beieinander stehen und das Werk so am Ende etwas weichspülen. Aber das ist nur ein kleiner Makel.
Damit klingen DREAM THEATER ohne Mike Portnoy exakt wie DREAM THEATER, nur eben ohne Einflüsse einer Band wie MUSE oder anderem neumodischen Kram, den Portnoy in der letzten Dekade immer wieder einzubauen versuchte und ohne den aggressiven Unterton, der auf den letzten Werken immer mitschwang. Im Wortsinne progressiv ist "A Dramatic Turn Of Events" damit zwar nicht ausgefallen, aber wenn man ganz ehrlich ist, waren DREAM THEATER schon seit Jahren nicht mehr fortschrittlich, sondern immer nur verspielt, überlang und stellenweise gar überladen. Überladen wirkt anno 2011 nun nichts mehr. Und das ist auch verdammt gut so.
Bleibt unterm Strich festzuhalten, dass DREAM THEATER auf jeden Fall ihr ausgeglichenstes Album seit mehr als einer Dekade vorlegen und qualitativ mühelos an das nachwievor starke "Black Clouds & Silver Linings" anknüpfen. Ein absolutes Muss für Fans.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk