EIDOLON - Apostles Of Defiance
Mehr über Eidolon
- Genre:
- Power Metal
- Label:
- Metal Blade
- Release:
- 06.10.2003
- Scream From Within
- Volcanic Earth
- Twisted Morality
- Demoralized
- The Test
- The Will To Remain
- Apostles Of Defiance
- Pull The Trigger
- Apathy For A Dying World
Gierige Kinder wissen es schon seit langem. Das, was uns Menschen, die wir doch an Lebenserfahrung reicher sind, entgangen ist, macht zu einem großen Teil das Wesen des jungen Balgs aus. Es will einfach alles, sofort und 'ne ganze Menge davon. Die kleinen Viecher geben sich nie mit nur einem sprichwörtlichen kleinen Finger zufrieden, denn wenn man nicht wirklich aufpasst, nagen sie einem auch noch den letzten Fetzen Kopfhaut vom Schädel, bevor man in einem letzten Akt von Rechtfertigung "laissez faire-Erziehung" aussprechen kann. Nein, für das kleine Monster von heute muss es ja auch gleich die Schokolade mit der Überraschung, dem Spielzeug und dem Nascherlebnis sein. Warum auch nicht, Vater hat ja inzwischen den Drittjob angenommen und Mutter verkauft ihren Körper an der Bundesstraße. Die Welt verroht und nicht nur eiförmige Genussartikel sind daran schuld. Doch wir haben viel zu lange geschwiegen. Wir alle sind zwar aus dem Alter heraus, in welchem man unstillbare Gier noch mit "Ist das nicht süß, wie der Kleine den 50€-Schein geklaut hat" abtut, aber auch wir haben Bedürfnisse. Wieso gurken wir noch mit unserem Fiat Panda aus zwölfter Hand durch die Weltgeschichte, nur darauf wartend, wann der Motor wieder anspringt, wenn der glänzende Neuwagen nur einen Kredit weit entfernt ist? Können wir uns nicht einfach im Supermarkt unserem Konsumdrang hingeben und statt der Östrogen-Salami mal den Kaviar leichtfertig in den Wagen werfen? Die Miete wird sich schon irgendwie anderweitig aufbringen lassen. Und warum, zum Teufel noch einmal, lassen wir uns überhaupt noch mit drittklassigem Power Metal abspeisen, wenn doch schon in Kürze für ein paar €uronen mehr das neue EIDOLON-Album unser sein könnte?
Das Warten hat ein Ende und die nicht unerhebliche Anzahl der Anhänger dieser Power Metal-Größe reibt sich die Hände in sehnlicher Erwartung. EIDOLON haben sich ihren Namen hart erarbeitet und wenn man sich ihre bei Metal Blade Records erschienenen Longplayer "Hallowed Apparition" oder "Coma Nation" einmal anhört, weiß man auch warum. Zum einen, weil die Herrschaften seit jeher bodenständigen Power Metal amerikanischer Spielart zu bieten haben und zum anderen, da sich auch eine stete Entwicklung erkennen lässt, welche dieses Quartett nicht zur Eintagsfliege hat verkommen lassen. Und genau in dieser Tradition bewegt sich auch "Apostles Of Defiance" und wagt dieses Mal sogar den Sprung in dunklere Katakomben.
Nicht nur gibt es aus anderen Bereichen des harten Metalls entführte Growl- und Kreisch-Passagen am unteren sowie oberen Ende der Hörbarkeitsgrenze, dargeboten von Sänger Pat Mulock, der seit "Coma Nation" einiges dazugelernt hat, oder Voldamares Gollum von ECLIPSE ETERNAL als Gastmusiker auf 'Scream From Within', 'Volcanic Earth' und 'Apostles Of Defiance'. Auch das Riffing gibt sich über weite Strecken äußerst aggressiv und teilweise auch genreübergreifend ('Volcanic Earth', mit einem Flair von Todesmetall). Davon abschrecken lassen sollten sich die Liebhaber der etwas sanfteren Gangart nicht, denn EIDOLON bearbeiten auf "Apostles Of Defiance" so ziemlich die gesamte Bandbreite des fröhlichen Gebolzes, von sieben- bis zehnminütigen Epen ('The Will To Remain', 'Apathy For A Dying World' mit wunderschönem Aufbau) bis zum speedigen Reißer ('Demoralized', 'Pull The Trigger'). Den Drover-Brüdern sei Dank, stiehlt sich die Langeweile nicht einmal in die Nähe dieser Scheibe, denn die beiden (Glen [g], Shawn [dr]) zeichnen sich für die gesamte musikalische Konzeption verantwortlich und machen ihre Arbeit schön, schön, schön ...
Souverän ist auch die technische Leistung aller Bandmembers. Glen Drovers Frickel-durch-die-Skalen-Soli werde ich wohl nie spielen können und von denen gibt es mit 'The Test', 'The Will To Remain' und weiteren genug Material für virtuose Luftgitarrenspieler. Kraftvoll schippert auch Adrian Robichauds lange Rumpelkeule durch den Äther. Ein wenig zu vorhersehbar für meinen Geschmack ist Shawn Drovers Drumgeplänkel ausgefallen, jedoch haut auch er ordentlich auf die Felle. Pat Mulock und seinen gesanglichen Fortschritt erwähnte ich ja bereits, aber das hat er auch wahrlich verdient. Produktion und Mixing sind ausgewogen und erlauben auch gute Einsicht in die Songs, kein Instrument kommt zu kurz.
EIDOLON ist mit "Apostles Of Defiance" kurz und knapp das beste Album der Bandgeschichte herausgerutscht. Die Qualitäten, welche diese Band bisher ausmachten, wurden gekonnt und auch mit merkbarer Spielfreude mit neuen Elementen verfeinert und bieten eine Mixtur, die beim Hören einfach Spaß und Kurzweil bietet. Schicke, "traditionelle" Überlängenohrwürmer geben sich das schmucke Händchen mit schnuffeligen Geschwindigkeitskrachern, dass die Hütte Feuer fängt. Wenn eine Band noch nach so vielen Alben Erneuerung von innen erfährt, muss man das einfach honorieren. Deswegen meine Empfehlung: Ihr seid Fans von EIDOLON? Kaufen! Ihr seid einfach Musikliebhaber mit einem Sinn für's Harte und Knackige? Kaufen! Ihr könnt mit laszivem Riffing und Vocalakrobatie nichts anfangen? Na, wer braucht euch schon?
Anspieltipps: 'Scream From Within', 'Volcanic Earth', 'Demoralized', 'The Will To Remain', 'Apathy For A Dying World'
- Redakteur:
- Lasse Rosenberger