ELDORADO - Babylonia Haze
Mehr über Eldorado
- Genre:
- Hardrock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Eigenpressung / Eigenvertrieb
- Release:
- 20.02.2015
- Mad Woman
- Evil People
- Breathe The Night
- Goodbye & Carry On
- I'll Be Satisfied
- Flowers Of Envy
- Resurrection Song
- You Don't Wanna Need Her
- Karma Generator
- Moon Girl
Selten konnte eine so junge Band den Hardrock der 70er so überzeugend mit Leben füllen!
Wenn es einer international betrachtet doch noch sehr unbekannten Band aus Spanien gelingt, für ihr viertes in Eigenregie produziertes Album per Crowdfunding in zehn Ländern 290 Fans zu finden, die ihre neue Aufnahmesession mit sage und schreibe 13.500,- Euro bevorschussen, dann ist das ein sehr sicherer Indikator dafür, dass es diese Band geschafft hat, sich ganz tief in die Herzen dieser Fans zu spielen. Das gelingt gemeinhin nur mit hoher Qualität und mit großer Beharrlichkeit, und beides ist bei ELDORADO ganz zweifellos gegeben. Nicht umsonst hat euch unser Frank Jäger bereits in den höchsten Tönen von den beiden letzten Alben der Spanier vorgeschwärmt, und nun ist es an mir, euch leider mit einiger Verspätung das bereits Anfang 2015 erschienene vierte Album "Babylonia Haze" ans Herz zu legen.
Dieses ist, wie wir es von ELDORADO gewohnt sind, über Bandcamp sowohl digital als auch physisch in englischer und in spanischer Sprache erhältlich, wobei die spanische Version auf den Namen 'Karma Generator' hört. Hier sei die englische Version besprochen, die sich als wunderhübscher Digipak mit richtig tollem Artwork präsentiert und eine Band präsentiert, die sichtlich an ihrer Hingabe an die Musik gereift ist und durch zahllose Livegigs ein traumwandlerisches Gespür für funktionierende Songs entwickelt hat. Dabei ist "Babylonia Haze" in jeder Hinsicht einfach zeitlos schöne Rockmusik, die zwar so klassisch ist, wie sie nur sein kann, die aber eben nicht den Fehler macht, sich in großen neonfarbenen Lettern "retro" auf die Stirn zu schreiben und damit hausieren zu gehen.
Das haben dei Güldenen auch gar nicht nötig, denn auf "Babylonia Haze" fliest alles ganz natürlich und harmonisch, hier stimmt jede Facette, hier ist der Sound warm und gediegen, die Instrumente leben und atmen im gleichberechtigten Miteinander, ganz gleich ob es die feine Perkussion ist, die flammenden Leads, der zurückgelehnt pumpende Bass, die groovenden Riffs, die gezupften Akustikgitarren, die Flöten oder die allzeit präsente Hammondorgel. Der Mix ist einfach in jeder Hinsicht so ausgewogen und harmonisch, wie man es sich nur wünschen kann, und wie es heutzutage nur wenige junge Bands hinbekommen. Die Spanier sind hier ganz offensichtlich durch die Schule der großen alten Hardrock-Dinosaurier gegangen, und ich persönlich würde einen der Haupteinflüsse ganz klar bei URIAH HEEP verorten, was ich insbesondere am Zusammenspiel der Gitarre und der Orgel festmache, die doch desöfteren auf formidable Weise an die Herren Box und Hensley erinnert. In diese Kerbe schlägt dann auch gleich der dynamisch voran preschende Opener 'Mad Woman' mit seinem Easy-Livin'-Drive, doch hebt er sich durch die erdigere, rauere Stimme Jesus Trujillos auch ein Stück weit von den Altmeistern ab.
Allgemein wäre es falsch, zu sehr auf diesem einen Einfluss herum zu reiten, denn ELDORADO hat einerseits auch zahlreiche andere merkliche Siebziger-Einflüsse von DEEP PURPLE über LED ZEPPELIN bis JETHRO TULL und KANSAS, kann aber andererseits auch ganz formidabel auf eigenen Füßen stehen und schafft es dabei, trotz der rundum klassischen Verortung eben nicht angestaubt zu klingen, sondern auch Leute begeistern zu können, die einfach ohne Rücksicht auf den Zeitgeist geschmeidig drauflos rocken wollen. Ja, genau das ist es, was zu dem Sound einfach passt. Hört euch 'Evil People' an, und ihr wisst sofort, was ich meine, denn so viel drückenden Groove findet ihr sonst nur im guten, alten Südstaaten Rock. Den bluesigen Groove nach Art von WHITESNAKE atmet zudem beispielsweise auch 'I'll Be Satisfied'.
Doch klassicher Rock wäre nicht ebendieser, wenn er nicht auch die feinen und zarten Töne beherrschte, und genau dies beweisen unsere Iberer mit einer wunderschönen und von Jesus Trujillo sehr einfühlsam gesungenen Ballade wie 'Breathe The Night' zu deren folkigen Akustikgitarrenschlägen, Fiddle-Klängen und sanfter reduzierter Perkussion man einfach nur dahin schmelzen möchte, ebenso wie beim ähnlich gelagerten 'Resurrection Song', der indes durch die Flöte statt der Fiddle noch etwas folkiger, keltischer und mystischer wirkt. Als Kontrastprogramm rockt dafür 'Goodbye & Carry On' etwas moderner und sehr heavy aus den Boxen, ohne dabei aus dem Gesamtkontext zu fallen. Ja, der Song ist einfach eine weitere Facette eines in sich stimmigen Konzepts, das ein Stück weit wirkt als hätte jemand Melodie und die Siebziger in den Sludge integriert, und dabei auch noch sehr bluesig um die Ecke klampft. Mit dem Longtrack 'Flowers Of Envy' beweisen die Madrilenen sodann auch, dass sie die Disziplin der HEEP'schen und ZEP'schen Epik meisterlich beherrschen, indem sie ein Epos schaffen, das in seiner Markanz und Eindringlichkeit richtig unter die Haut geht. Ähnliches gelingt mit dem zwölfminütigen Titelstück der spanischen Version 'Karma Generator', das allerdings die Epik progressiver und spaciger, ja, psychedlischer anpackt, ohne gleich voll ins HAWKWIND-Gleis zu wechseln, den gerade hier kommen auch modernere Ansätze zum Tragen.
Ja, Leute, ich breche an dieser Stelle den Songdurchlauf mit der verträumten Orgel-und-Gesang-Halbballade 'Moon Girl' ab, denn es überzeugen auf "Babylonia Haze" schlicht und ergreifend alle Songs, und jeder hält seine Glanzpunkte für euch bereit, die ihr gerne bei einem Bandcamp-Streifzug mal näher für euch entdecken könnt. Mir bleibt nur eine wirklich ganz dicke Kaufempfehlung auszusprechen, und zwar für jeden, der sich über eine wirklich brillante junge Rockband freut, bei der sich jeder Song lebendig und echt anfühlt, und die es nicht nötig hat, mit Klischees auf sich aufmerksam zu machen. Lebhafter, natürlicher produziert und kompositorisch überzeugender war der traditionelle Hardrock einer jungen Band in den letzten Jahren nur selten.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle