ELEANORA - Allure
Mehr über Eleanora
- Genre:
- Sludge
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Consouling Sounds
- Release:
- 07.05.2016
- Menis
- Sovereign In Mind, Subjected In Kind
- My Scepter Sword Of Vengeance
- Telos
"Das wird jetzt ein klein wenig weh tun..."
Sludge muss wohl zwangsläufig Schmerzen bereiten. Und die Belgier von ELEANORA haben sich eindeutig dem Ziel verschrieben, diese Definition auf ihrem ersten Langspieler "Allure" nachdrücklich zu unterstreichen und der Hörerschaft rücksichtlos in die Eingeweide zu stanzen. Dafür ist in erster Linie Sänger Mathieu Joyeux verantwortlich, der permanent mit grellem, abartigem Geschrei seine Stimmbänder malträtiert. Das gehört im Sludge wohl so, und wirkt bei ELEANORA wie der hässliche Teertropfen, der das siedende Fass zum Überlaufen bringt. Ich weiß, es soll weh tun – aber wieso können entsprechende Bands nicht hier und da von ihrer unmenschlichen Hasslinie abweichen und gelegentlich gesanglich zumindest etwas abwechslungsreicher zu Werke gehen? Die Kollegen von CULT OF LUNA haben zuletzt auf "Mariner" in dieser Richtung experimentiert, aber auch Julie Christmas blieb in erster Linie durch ihr bestialisches Hexengeschrei im kollektiven Gedächtnis hängen. Okay, anderes Thema...
Trotzdem ist ELEANORA mit "Allure" ein starkes Album gelungen, das Fans von ERLEN MEYER, ABSTRACTER oder Anhänger des Mondkultes unbedingt antesten sollten. Die vier Kompositionen der Herren aus Gent, die von lächerlichen acht bis zu respektablen sechzehn Minuten Spieldauer reichen, bieten nämlich das ganze Spektrum des Albtraumpanoramas aus bösartig malmenden Riffs, metallisch hackendem Geknüppel und tragischen Melodieansätzen. Dabei werden auf "Allure" von Anfang an keine Gefangenen gemacht. Der Opener 'Menis' beginnt mit einem derartig wüsten Gemetzel, dass Frau bzw. Gatte, Kind und Schoßhündchen schreiend das traute Eigenheim verlassen dürften. Aber bloß keine Angst, das ist nur Musik. Auch wenn die hier definitiv nicht spielen wollen. ELEANORA bleibt dem qualvollen Grundton des Genres verhaftet, wobei die vier Songs immer wieder Ruhepassagen bieten, in denen das wilde Feuer nur unter der Oberfläche lodert. Und genau dieser Spannungsbogen zwischen Zerstörungswut und Nachdenklichkeit macht "Allure" zu einer packenden Angelegenheit.
'Sovereign In Mind, Subjected In Kind' (welch herrlicher Titel!) beginnt im Gegensatz zum Opener wie ein grimmiger, stampfender Doom-Trauermarsch, ehe sich die Formation im letzten Drittel wieder in Chaos und Verwirrung auflöst. Dabei beeindruckt nachhaltig, wie die Instrumentalfraktion dieser Combo mit minimalsten Mitteln und ohne jegliche Effektunterstützung durch simple, effektive Melodielinien Atmosphäre generiert. Hier ist ELEANORA den einen oder anderen Kollegen durchaus einen Schritt voraus. Nur so wird der unmenschliche Lärm erträglich, nur so hält es die Hörerschaft überhaupt aus, eine dreiviertelstündige akustische Tortur dieser Art über sich ergehen zu lassen. Vielmehr lässt sich über "Allure" auch nicht sagen - außer, dass selbst die 16 Minuten von 'Telos' die Geduld wert sind, die für die Auseinandersetzung mit einem solchen musikalischen Ungetüm an Epik, Tragik und Verzweiflung aufgewandt werden müssen. Am Ende kriegt der Fünfer endgültig die Kurve, und die Belgier zeigen sich von einer sehr menschlichen, geradezu zerbrechlichen Seite.
Am Anfang war der Schock. Und ist der erst einmal überwunden, öffnet sich auf "Allure" ein pechschwarzes, faszinierendes Universum nackten Grauens, mit einem Fünkchen melodischer Resthoffnung. Wer sich nicht vom ersten Schrecken und den mitunter ermüdend maliziösen Geschreipassagen abschrecken lässt, wird vor ELEANORA anerkennend den Hut ziehen. Lärm dieser Güteklasse führen wir uns doch gerne zu Gemüte.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause