EMBRYONIC AUTOPSY - Origins Of The Deformed
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/24
Mehr über Embryonic Autopsy
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Massacre Records
- Release:
- 14.06.2024
- Dripping In The Vaginal Nectar
- Orgies Of The Inseminated
- Human Vessel Of Alien Hybrids
- Dissolving In Acidic Afterbirth
- Spewed Forth Into Chunks
- Self-Inflicted C-Section
- The Conjoined Must Perish
- Cleopatra's Spawn
- Carnivorous Abortion
- The Curse Of Madame Pele
Von Nachgeburten, Kaiserschnitten und Abtreibungen.
Werte Leserschaft, die sich hier zum erbaulichen Lesen des Reviews zum neuen und zweiten Longplayer "Origins Of The Deformed" des aus Chicago stammenden Death Metal-Quartetts EMBRYONIC AUTOPSY eingefunden hat: Fall Sie Studienmaterial zu den im Teaser genannten medizinischen Begriffen suchen sollten, müssen Sie leider noch etwas weitergoogeln! Wenn Sie in ihrer Freizeit jedoch ab und an einmal aus Gründen der Psychohygiene und Entspannung death-metallischen Klängen mit Grind-Schlagseite und ordentlich gore-igem Finish lauschen, darf ich Sie mit Freuden einladen, meinen Ergüssen (!) weiterhin zu folgen.
Heute möchte ich das, hüstel, mit dem Hammer malträtierte kannibalistische Zombieleichen-Pferdchen einmal anders herum aufzäumen und gleich zu Beginn folgende Frage stellen: Welche Defizite fehlen "Origins Of The Deformed" zu einem geringeren Ergebnis, als den von mir vergebenen 6,5 Punkten?
Zunächst einmal musizieren die US-Amerikaner standesgemäß eruptiv schnell und breakgespickt mit einem technisch versierten und an Kondition ausreichend ausgestatteten Schlagwerker namens Marco Fimbres, was im Album-Opener 'Dripping In The Vaginal Nectar' sogleich beeindruckend, wenn auch etwas hektisch bewiesen werden kann. Das gesamte Klangbild und die ultrabrutale Durchschlagskraft, die Connaisseure solcher Musik erwarten, sind somit schon einmal zu einem Gutteil gegeben. Ein weiteres Gütezeichen eines qualitativ hochwertigen Produkts der hier besprochenen Musikstilistik Death Metal ist, neben ideenreich-verwegenen Künstlernamen, auch eine möglichst extreme Stimmlage der Frontperson, gerne so abartig und grenzwertig wie möglich tönend. In beidem liefert EMBRYONIC AUTOPSY grandios ab, wobei Tim King vermutlich kein Pseudonym ist, da Gitarrist und Keyboarder Scott Roberts und Bassmann Kenxi Dupey ebenfalls auf allzu extrovertierte Bühnennamen verzichten. Der "King" jedenfalls verfügt über eine spektakulär tief anmutende, manchmal grummelnde, oft grunzende Brüllstimme, die voluminös und heroisch akzentuiert alles bieten kann, was man sich als Hörer dieser akustischen Erzeugnisse so vorstellt, sogar kreischende Passagen und teilweise verständliche Texte! Dabei hat Tim King vor allem die schnelle vokale Rhythmik, die hier häufig das Salz in der deathmetallischen Gulaschsuppe ausmacht, meisterhaft im Griff.
Die nachfolgenden Stücke 'Orgies Of The Inseminated' und 'Human Vessel Of Alien Hybrids" präsentieren sich untermalt von schleppendem, unglaublich heavy schiebendem Riffing, mit dem die Saitenfraktion ihrem Sound geradezu schlotzig mit dem Drumming verbinden kann. Somit gehen Track 2 und 3 durchaus als Hörspass bringende Anspieltipps für mich durch. Mit dem nächstem Track 'Dissolving In Acidic Afterbirth' nehmen die atmosphärischen Bemühungen mittels Gitarrenlicks und abwechslungsreich gestalteten, aufeinander aufbauenden Songparts zu.
Ja, Atmosphäre, ein Punkt, den viele Mitbewerber in diesem Genre vernachlässigen. EMBRYONIC AUTOPSY kann nicht nur durch das dem ersten Song angehängte Geräuschintro und den fabelhaft gestalteten Schluss des Albums in Form von 'The Curse Of Madame Pele' in diesem Bereich punkten, sondern ist auch leadgitarrenmäßig in der Lage, die Lieder ansprechend zu verzieren und aufzuwerten. Solches wird bereits im nachfolgenden 'Spewed Forth Into Chunks' weiterhin bewiesen, auch wenn die Leadparts leider manchmal etwas leise am Ohr des Hörers ankommen.
Nun zum Kaiserschnitt, zu 'Self-Inflicted C-Section', bei dem herrlich rock'n'rollige Leads erfreuen, aber eben auch Tim King die kreischende Facette seiner Stimmbänder hören lässt. Hierzu empfiehlt sich während des andächtigen Zuhörens die meditierende Betrachtung des, nun ja, dem Genre entsprechend alle blutrünstigen, geschmacklosen und dennoch künstlerisch ambitionierten Abartigkeits-Klischees visuell darbietenden Covers von "Origins Of The Deformed". Deformiert ist auf diesem Gemälde der Cutting Edge Metal Studios tatsächlich so ziemlich alles... 'The Conjoined Must Perish' holzt kraftstrotzend etwas weniger verspielt voran und konzentriert sich aufs Wesentliche, ohne trotz aller Kürze auf rhythmische Abwechslung und verschiedene Parts zu verzichten.
Ein Höhepunkt in Sachen atmosphärischer Ausgestaltung des knapp dreissigminütigen Albums wird mit 'Cleopatra's Spawn' erreicht. Hier ergänzen clean eingesprochene, beziehungsweise flüsternd geraunte Textpassagen die grunz-brüllenden Stimmanteile von Tim. Der getragene, fast doomig-langsam vor sich hinriffende Song wird im hinteren Drittel zudem von einem epischen Leadgitarren-Solo unterbrochen. Nach akustischem Ausklang des Laichs von Kleopatra prügelt die fleischfresserische Abtreibung, also die 'Carnivorous Abortion' das Album in Richtung Schluss. Der folgt in Form des bereits angesprochenen Quasi-Outros 'The Curse Of Madame Pele', das sich genausogut als spannungsaufbauender erster Track des Albums gemacht hätte. Hier wurde meines Erachtens nach ganz viel atmosphärische Wirkung durch die fragwürdige Positionierung am Ende verschenkt.
Was fehlt nun als "Gegenprobe" in meiner Betrachtung zu mehr als 6,5 Punkten? Definitiv ein weniger verwaschener und wesentlich differenzierterer, viel deutlicher bratender Gitarrensound mit besser soundtechnisch aufbereiteten Leadgitarrenparts! Leider rauschen die Gitarren trotz hörbar ausgearbeiteter Riffstrukturen über weite Strecken des Albums nur so vor sich hin. Ihr auf Atmosphäre setzendes musikalisch-songwriterisches Können sollte die Band des weiteren mehr in den Vordergrund ihres Schaffens stellen, dann könnte in Zukunft von der Embrionen-Autopsie aus Chicago noch einiges zu hören sein, das noch positiver betrachtet werden müsste.
Genre-Liebhaber, denen der Sound nicht ganz so wichtig ist, addieren hier für sich bitte bis zu 2 Punkte hinzu, was für den Death Metal-Maniac somit zu 8,5 Punkten für "Origins Of The Deformed" von EMBYONIC AUTOPSY führt.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timo Reiser