EMIRSIAN - Accidentally In Between
Mehr über Emirsian
- Genre:
- Singer-Songwriter / Folk/ Ambient
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Hayk Records/ Soulfood
- Release:
- 24.06.2011
- Here You Are
- Black And White Town
- First Birthday
- Hit'em
- Friends
- Straight To The Sun
- Bring It Down
- Lost Song
- Care
- Hopeful
- Yar, Ko Parag Boyin Mernem
- Mardigi Yerk
- Hingalla
- Seta
- Zinwori Mor Yerk
- Kun Yeghir, Balas
- Sareri Howin Mernem
- Sari Sirun Yar
- Yeraz
- Yel, Yel...
- Agh'tschig Sirunag
Aren Emirze reist und reist und reist...
Er hat es wieder getan. Aren Emirze, der Charismatiker, Gitarrenderwisch bei RINDERWAHNSINN und lächelnder Kopf von HARMFUL, hat wieder Zeit gefunden, Romancier zu sein. Zeit gefunden, Geschichten zu erzählen, die über einem feingliedrigen akustischen Set erdacht und ersungen werden. Wobei: wenn Dave Sardy seine erfahrenen Fingerlein über das Material kreisen läßt wie vorher bei solchen Grössen wie MARILYN MANSON, RED HOT CHILI PEPPERS, HELMET, HARMFUL oder BUSH, ist ein erstklassischer Klang vor-versprochen. Das hört mann und frau den Stücken auf "Accidentally In Between" überdeutlich an.
Emirzes warmes Instrumentenspiel wird in seiner herbstlichen Heruntergestimmtheit genauso eindrucksvoll transportiert wie der Gesang des Protagonisten oder die gehauchte Echorückraumstimmen der Echoelfen Regina Schmitz und Claudia Rudek. Wie bereits auf den beiden Vorgängeralben des Solisten Emirze wird auch auf diesem jüngsten Werk eindeutig und sehr offensiv an seine armenischen Verwurzelungen erinnert. Was im mehr oder weniger bunten Strudel der Unzahl in der jetzigen Folk-Welle eine Nische ist. Die Versiertheit des Gitarristen Emirsian (wohl eine armenischere Version des Familiennamens) ist neben den HARMFULischen Lärmwandstürmen auch hier spürbar. Was sogar ausgewiesene kaukasische Folkloreexperten so bestätigen. Um mit ihm zusammen der sprichwörtlichen Schwermütigkeit des ziemlich geschundenen Volkes zu "huldigen". Und das in Kalifornien, wo eine größere armenische Exilgemeinde existieren dürfte. Die Musiker von SYSTEM OF A DOWN deuten ja auch in diese Richtung.
Fast folgerichtig ist eine weitere Besonderheit des Doppel-Albums die rein armenisch verfasste zweite Seite "In Between", die ein Dutzend Beiträge in jener Sprache beinhaltet. Das nenne ich mal gelungenen Kulturaustausch!
Aber bereits den englisch verfassten zehn Stücken des ersten Teils, dem vorangestellten "Accidentally", lebt ein eigener Zauber inne, der im Singer-Songwriter-Bereich in die ersten Liga gehört. Und richtig: hier werden kleine Lebens-Geschichten und Beobachtungen gespiegelt, ein Schritt weg vom Geschehen unternommen, um eine andere Perspektive einzunehmen in aller Ruhe erzählen zu können. Da kann es auch mal richtig scheppern, wie das in 'Here You Are' passiert. In der breiten Instrumentierung – die übrigens auch live aufgebaut wird – nimmt der Hörer einen gutgelaunten, frischen Bass wahr, in der Ferne brummt ein Didgeridoo, ein Banjo klappert und die Musiker haben zum Glück nicht vergessen, dass an den Gitarren auch Stromanschlüsse angebaut sind.
'In Black And White Town' zum Beispiel schrägt und sägt eine solches Saiteninstrument unbarmherzig einen romantischen Hintergrund ab. Eher klassisch komponiert und wiederum von der erdigen Stimme des Hauptakteurs dominiert dann wieder das 'First Birthday'. So ließe sich zu jedem dieser kleinen Geschichtchen ein jeweils ganz eigener Höreindruck beschreiben, was hiermit jedoch in einer unbedingten Hörempfehlung meinerseits mündet.
Zufall ist es wohl nicht, dass auch in der Bilderwelt von "Accidentally In Between"
das greifbarste aller Elemente – unser Boden – einfach zwischen Himmel und Wasser aufgesogen worden ist. Musik als Reise. Nach Istanbul, nach Frankfurt, an den Pazifik, in die Tristesse, in die Weite. Und ganz zufällig, mittendrin bemerkt man, dass es anders gar nicht geht. Hymnisch 'Hopeful'. Die steht nicht zufällig am Ende. Weil die Armenier doch frohe und lebenshungrige Naturen sind.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben