ENSIFERUM - Winter Storm
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/24
Mehr über Ensiferum
- Genre:
- Melodic Folk Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Metal Blade
- Release:
- 18.10.2024
- Aurora
- Winter Storm Vigilantes
- Long Cold Winter Of Sorrow And Strife
- Fatherland
- Scars In My Heart
- Resistentia
- The Howl
- From Order To Chaos
- Leniret Coram Tempestate
- Victorious
Die Bestätigung der zuletzt vollzogenen Frischzellenkur.
Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Begegnung mit ENSIFERUM auf der ersten Tour der damals noch dem melodischen Death Metal verschriebenen Combo. Eine extrem frische und auch erfrischende Band trat seinerzeit in irgendeinem niederländischen Club auf die Bühne, stöpselte ein und legte los wie die Feuerwehr - nach wie vor eine beeindruckende Erinnerung. Über die Jahre hat mein Interesse an den Finnen aber spürbar nachgelassen, da sich der Eindruck zunehmend häufiger bestätigte, dass ENSIFERUM dem Genre keine wirklich neuen Impulse mehr verpassen konnte und ab einem gewissen Punkt davon lebte, Altbekanntes immer wieder neu zu reproduzieren.
Wohl wissend, dass ich mit dieser Meinung sicherlich nicht auf allgemeinen Konsens stoßen werde, muss ich mehr als zwei Jahrzehnte später jedoch eingestehen, dass die Herren mich wieder gepackt haben. Bereits auf ihrem letzten Album stand Variation ganz oben auf der To-Do-Liste und bescherte der Band zumindest inhaltlich eine Art Comeback zum kompositorischen Eigensinn. Mit der Veröffentlichung von "Winter Storm" geht die Truppe nun sogar noch einen Schritt weiter, verabschiedet sich nahezu vollständig von ihrer musikalischen Vergangenheit und geht inzwischen als reine Folk-Metal-Combo durch, die gleichzeitig aber viel mehr sein will als lediglich das. Bassist und Songschreiber Sami Hinkka hat kürzlich verraten, dass er die neue Platte eher wie ein Musical betrachtet, das phasenweise auch Teile seines irgendwann erscheinenden Fantasy-Romandebüts beinhaltet, und auch wenn die hiermit verknüpften Assoziationen womöglich nicht ganz auf den Punkt getroffen werden, so kann man bisweilen mit dieser Umschreibung mitgehen. ENSIFERUM ist zwar immer noch eine durch und durch melodische Metal-Band, deren Herkunft in keinem einzelnen der neuen Songs verborgen bleibt, aber die zahlreichen neuen Nuancen, die das finnische Quintett in den Bandsound aufgenommen hat, verwandeln "Winter Storm" in viel mehr als lediglich eine zu erwartende Hymnensammlung.
Und trotzdem: Hymnen gibt es reichlich, nur werden sie hier nicht im Einehitsbrei mit reichlich Tempo und den typischen einprägsamen Komponenten an den Start gebracht. Die Band ist erstaunlich häufig im Midtempo unterwegs, ergänzt mehrstimmige Chöre und tolle Female Vocals auch abseits der Refrains und gibt sich teilweise erstaunlich unberechenbar. Der aggressive Unterton in den Vocals ist nur noch einer von vielen Parts, die das Album beherrschen, jedoch nicht mehr der zentrale Punkt in der vokalen Darbietung, und auch das gibt der Platte eine ganz andere Substanz. Natürlich hat sich ENSIFERUM nun nicht komplett verbogen und eine ganz neue Richtung eingeschlagen, doch alleine schon der Aufbau der Melodiebögen in 'The Howl' und 'Fatherland', die tollen Duettpassagen im eigentlichen Titelsong 'Winter Storm Vigilantes' und das prägnante Riffing in 'From Order To Chaos' zeugen von einer gewissen Frischzellenkur, die hoffentlich mit "Winter Storm" noch nicht abgeschlossen ist. Sieht man mal vom ebenfalls gelungenen Rausschmeißer 'Victorious' ab, weicht man sehr weit von den üblichen Stereotypen ab, ohne dabei die bandeigenen Wurzeln zu verleugnen - und das darf man getrost auch als konsequente Weiterentwicklung verzeichnen.
Die Euphoriebremse wird daher auch nur kurz mit dem Hinweis getreten, dass die Finnen nun nicht plötzlich die Revolution ausgerufen haben. Aber sie haben ihren vielleicht vielseitigsten und seit vielen Jahren besten Release ins Rennen geschickt und trotz vieler vertrauter Elemente auch mal wieder über den Tellerrand geschaut. So macht auch mir ENSIFERUM wieder richtig Spaß!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes