ERRA - Erra
Mehr über Erra
- Genre:
- Metalcore / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- UNFD
- Release:
- 19.03.2021
- Snowblood
- Gungrave
- Divisionary
- House Of Glass
- Shadow Autonomous
- Electric Twilight
- Scorpion Hymn
- Lunar Halo
- Vanish Canvas
- Eidolon
- Remnant
- Memory Fiction
Trotz fehlerloser Leistung: Die Kiste ist vermutlich durch.
Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, aber ich prognostiziere dem momentan so schwer angesagten Genre, das gemeinhin unter "Djent / Metalcore / Progressive" läuft, ein baldiges Ende, oder zumindest ein Schrumpfen auf Nischengröße. Daran ändern auch durchweg ordentliche Veröffentlichung wie das aktuelle selbstbetitelte Album von ERRA vermutlich nichts mehr.
Doch der Reihe nach. ERRA, eine fünfköpfige Truppe aus Birmingham, Alabama, dürfte der geneigten Hörerschaft aus dem Vorprogramm von Ur-Metalcore-Größen wie AS I LAY DYING oder AUGUST BURNS RED bekannt sein. Mit dieser Live-Erfahrung im Gepäck und einer respektablen Fanbase im Hintergrund zählt die Truppe bereits zu den größeren Namen ihres Faches. Und mit "Erra" setzen die Jungs ein selbstbewusstes Ausrufezeichen hinter ihre Ambitionen; härter als ich sie live in Erinnerung habe und prägnanter im Songwriting als noch vor einigen Jahren. Der Opener 'Snowblood' eröffnet ziemlich straight hämmernd, mit hartem, tiefem Riffing und den aggressiven gutturalen Vocals Joseph Caveys, bietet kurze, mit flächigen Synthieklängen hinterlegte Ruhepausen, bleibt der knackigen Härte, die die ersten Takte versprechen, aber treu. Auch bei 'Gungrave' findet sich eine abwechslungsreiche Mischung aus bretternden Versen und ruhigen Clean-Phasen; erwähnenswert hierbei vor allem die rhythmische Variabilität, die vorschnell aufkommende Langeweile erfolgreich unterbindet. Am Ende abermals geballte modern-djentig-corige Härte. Bei 'Divisionary' etwas weniger Tempo; hier dominieren hymnische Gesänge und die genannten postigen Elemente.
Auch für die weiteren Songs kann konstatiert werden, dass die ERRA-Herrschaften ihre Hausaufgaben gemacht haben: Von AS I LAY DYING hat man sich die geballte Modern-Metal-Effizienz abgeschaut, von Prog-Djent-Kapellen wie MONUMENTS den Gitarren- und die Hintergrundsounds, daraus eine ansprechende eigene Mixtur kreiert und zwölf kompakte und abwechslungsreiche Nummern produziert; immer wieder auch mal ein wenig vertrackt, dann aber auch wieder nachvollziehbar und eingängig komponiert. Nicht alle Songs sind gleich spannend, aber im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen gelingt es den Amis, homogen, eingängig und fordernd in einem zu klingen. Mir persönlich gefallen die härteren Stücke auf "Erra" am besten; vor allem wenn man in bester FIT FOR AN AUTOPSY-Manier noch den Deathcore für sich entdeckt und sich von seiner härtesten Seite präsentiert, wie dies bei 'Scorpion Hymn' oder 'Eidolon' (sehr amtlicher Banger!) der Fall ist.
Zwei Kritikpunkte lassen sich indes nicht aussparen: Zum einen ist der an melodischen Post Hardcore angelehnte Klargesang auf "Erra" einfach zu brav, zu kantenlos – wie bei vielen anderen jüngeren Bands dieser Spielart klingen die cleanen Vocals zu seicht und zu sehr nach Autotune. Ebenso ist der Gesamtsound so glattpoliert, dass man sich darin spiegeln könnte - ein traditionelles Problem vieler jüngerer Metalcore-Vertreter. Wieso verstehen so viele Musiker und Musikerinnen nicht, dass tief bretzelnde Riffs und mächtiges Death-/Hardcore-Geshoute einfach ein entsprechend raues und lebendiges Klanggewand benötigen, nicht diese hocheffiziente, technisch-seelenlose Soundausstattung?
Und nun bin ich mit "Erra" diverse Male durch und kann dem Album und seinen Schaffern letztlich nicht mehr als meine Anerkennung für eine wirklich ordentliche musikalische Arbeit aussprechen. Qualitativ haben wir es hier mit den Führern ihrer Zunft zu tun – dennoch hat das Genre seinen Glanz schon wieder verloren; zu glatt in der Regel die klangliche Ausarbeitung, zu gleichklingend das Gros der Kapellen. Fans dieser Sparte sei "Erra", diese gelungene Mischung aus knackiger Härte, ansprechender Progressivität und schmachtender Melodik, empfohlen – sie dürfte jedoch nichts daran ändern, dass das Genre allmählich in seiner Sackgasse einschlummern wird.
Anspieltipps: Gungrave, Scorpion Hymn, Eidolon
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause