EXTINCTION MASS - In Free Doom
Mehr über Extinction Mass
- Genre:
- Death Metal / Doom / Post Black Metal
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Eigen
- Release:
- 19.10.2018
- Minds Like Tombs
- Nightborne
- Arrival
- Into The Everflow
- Utopia Entombed
Licht und Schatten beim inoffiziellen NEAERA-Nachfolger
Natürlich ist EXTINCTION MASS kein unmittelbarer Abkömmling der zurückgetretenen Münsteraner Death-Metal-Institution NEAERA, nur weil Gitarrist Stefan Keller dort die Klampfe bediente. "In Free Doom", das erste Lebenszeichen eines NEAERA-Mitgliedes nach dem offiziellen Ende der Band Ende 2015, erinnert trotz einer größeren Bandbreite an Einflüssen aber doch häufig an Kellers vorheriges Betätigungsfeld – was selbstverständlich eine gute Nachricht ist! Die drückend bis bedrückenden Todesstahl-Riffs transportieren wie seinerzeit auf "Forging The Eclipse" oder "Armamentarium" jene unnachahmliche, bedrückende Atmosphäre, versehen mit einem schwermütigen Rest an Melodik, der den bösartigen Grundton stets mit einer Spur Menschlichkeit und Nachdenklichkeit versah. Auf instrumentaler Seite ist also noch jede Menge NEAERA zu hören.
Sowohl der weniger auf fett-dynamische Präsenz getrimmte Sound als auch der gewöhnungsbedürftige heisere Schreigesang weisen musikalisch aber in Richtungen, die den Münsteranern nicht eigen waren: Nebst einiger verbliebener Core-Elemente ist EXTINCTION MASS auf dem Debüt-Fünftracker stark von Post-Black-Metal-Einflüssen von Sänger Simon Albers und Gitarrist Maik Stiens geprägt, die bei den ebenfalls gerade debütierenden Schwarzmetallern EWIG.ENDLICH beschäftigt sind. Und bei der Single 'Arrival' kommt auch noch Joachim Baschin von UNDERTOW zu Wort – diese doomig bleibeschwerte Nummer wird, geprägt durch den gepressten Trauergesang, die tonnenschwere Dampfwalzendynamik und überraschende Melodic-Death-Metal-Leads, zum spannendsten Track auf "In Free Doom". Albers' Vokalarbeit ist für meinen Geschmack deutlich gewöhnungsbedürftiger und überzeugt mich in der Zusammensetzung aller Bestandteile von EXTINCTION MASS nur bedingt. Auch scheint mir das Songwriting noch keine finale Balance gefunden zu haben: Die brodelnde Grundaggression, die beschwörerische Doom-Atmosphäre und die melodisch-melancholischen Einwürfe liefern viele Lichtblicke, werden aber nicht immer effektiv aufeinander abgestimmt. Der Opener 'Minds Like Tombs' findet nach seiner Hardcore-/Death-Overtüre nicht so recht in die Spur; hier überzeugen am meisten die klassisch solierenden E-Gitarren sowie die erwähnten NEAERA-Gedächtnisriffs. 'Nightborne' funktioniert im Anschluss viel besser; mehr Spannung, bessere Dramaturgie, mehr Nachdenklichkeit und ein genüsslich stampfender Headbang-Abschluss steigern das Niveau und führen hin zu 'Arrival', dem angesprochenen Album-Highlight. 'Into The Everflow' ist ein kurzer Lückenfüller, und das etwas zu lang geratene 'Utopia Entombed' überzeugt nur im schwermütigen Finale.
Die zunächst als Studioband gestartete Truppe klingt auf "In Free Doom" in Teilen noch nach Baustelle – wäre dieser Ideensammlung mehr Zeit gegeben worden, womöglich die gesangliche Ausrichtung stärker am Beitrag Joachim Baschins orientiert, stünde EXTINCTION MASS meiner Ansicht nach deutlich stärker da. Doch trotz aller Meckerei: Die Freude am Experiment, die Verbindung von NEAERA-Tradition mit für uns Fans ungewohnten Einflüssen ist absolut zu begrüßen, ebenso wie die Tatsache, dass sich Stefan Keller nicht auf gelegentliche (sehr begrüßenswerte!) Live-Revivals seiner früheren Band beschränkt, sondern neue Wege beschreitet. Mein Wunschzettel für einen ersten Langspieler von EXTINCTION MASS ist zwar lang, die Vorfreude auf einen solchen aber ebenso!
Anspieltipps: Arrival, Nightborne
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timon Krause