FATAL OPERA - The Eleventh Hour
Mehr über Fatal Opera
- Genre:
- Thrash Metal
- Label:
- Massacre Records
- Would You?
- Nothing Is Everything
- Once I Was A Fly
- Indiscretion
- Inside/Outside
- Lucy In The Sky
- Wrist Twister
- Mindfuck
- Dredges (The Truth)
- Three Steps
- The End Of Me
- My Psychiatrist
- Devil Monkey's
- Calling Of Lotar
Die wahre Klasse einer Scheibe kann man sehr meist erst nach einer gewissen Zeit erkennen. Häufig werden Veröffentlichungen bereits kurze Zeit nach ihrem Erscheinen zu kultigen Klassikern gekürt, ohne dass sie den so genannten Test-of-Time bereits überstanden hätten. Ich verstehe die oft aufkommende frühe Euphorie und kann mich selbst auch nicht immer davon frei sprechen, aber interessant wird es doch eigentlich erst, wenn man einen Silberling nach einiger Zeit wieder aus dem Regal zieht und feststellt, dass er nichts, aber auch gar nichts von seiner ursprünglichen Faszination verloren hat. Eine solche Scheiblette will ich euch nun schmackhaft machen.
Die Rede ist vom Zweitwerk der Florida-Thrasher FATAL OPERA, der Band um den ehemaligen MEGADETH-Drummer Gar Samuelson. Während der Erstling noch als selbst gebasteltes Demo eingespielt wurde und später lediglich von Massacre Records versilbert in die Plattenregale gestellt wurde – übrigens eine weitere Parallele zu MEGADETH - wurde bei "The Eleventh Hour" von vorne herein für das Label gearbeitet. Merkt man das? Nun, der Sound ist etwas anders – ich sage jetzt bewusst nicht "besser" – aber sonst hat sich rein kompositorisch nicht viel verändert. Allerdings bringt der Wechsel hinterm Mikro naturgemäß eine deutliche Veränderung des Gesamtbildes mit sich. Das Organ von Andy Freeman fügt sich allerdings ganz hervorragend in den schrägen Sound von FATAL OPERA ein. Ich würde sogar sagen, dass seine Singstimme, im Gegensatz zu der von David Inman, die Band etwas leichter zugänglich anmuten lässt. Dabei ist das Songmaterial selbst keine Spur besser zu verdauen als das des Debütalbums. An allen Ecken klingt es psychedelisch, jazzig und irgendwie ungewöhnlich. Da wird extrem viel Wert auf höchst anspruchsvolle Perkussionsarbeit gelegt und die beiden Gitarristen spielen nur selten das Gleiche. Thema Gitarristen, es sind jetzt zwei und nicht mehr nur Stew Samuelson, wie noch auf dem Vorgänger. Der dort bereits angekündigte Billy Brehme entlastet Gars' Bruder, was vor allem in einer Livesituation sicherlich ein immenser Vorteil gewesen sein dürfte. Aber auch kompositorisch hat der gute Mann bereit einige Spuren auf "The Eleventh Hour" hinterlassen. So liefert er mit 'Indiscretion' und 'Wrist Twister' zwei herrlich verspielte Jazz-Banger ab, die ganz in der Tradition der alten FATAL OPERA-Nummern stehen. Vor allem die zweite Komposition überfällt den Hörer mit einer auf zweieinhalb Minuten komprimierten Masse an Ideen, dass einem beinahe schwindelig wird.
Überhaupt ist auffällig, dass FATAL OPERA als Band zusammengewachsen sind, denn, während auf dem Erstwerk ein Großteil des Songwritings allein aus der Feder von Gar stammte, liefern auf dem vorliegenden Werk alle Beteiligten kompositorische Meisterwerke ab. So offeriert uns Bruder Stew mit 'Inside/Outside' und 'Three Steps' zwei fast schon balladeske Psycho-Thrasher, die wohl nicht nur mir unter die Haut gehen werden. Atmosphärisch dicht, detailliert durchstrukturiert und emotional umgesetzt, zählen diese beiden Songs sogar zu meinen Faves des Albums. Aber auch der gute Gar hat natürlich wieder einige harte Brocken zusammen gewürfelt. So brät er uns mit 'Once I Was A Fly' mit quer schlagenden Off-Beats eins über die Locken, während 'Dredges (The Truth)' Nackenschläge mit Hackbrettchen verteilt. Solche Nummern sind einfach hinterhältig, da sie - oberflächlich gehört - melodisch balsamierend das Gehör des verträumt Lauschenden umschmeicheln. Im Hintergrund verteilt die Rhythmusgruppe punktgenaue Nadelstiche aufs Kleinhirn und sorgt so für Widerhaken im Langzeitgedächtnis. Progressive Ohrwürmer halt.
Auf weitere Songs näher einzugehen, würde hier sicher den Rahmen sprengen. Es sei lediglich erwähnt, dass man mit der Coverversion von 'Lucy In The Sky' erneut seine Wurzeln offenbart. Ob die fatalistische Variante dieser großartigen Komposition der BEATLES allerdings großen Anklang in der Fangemeinde der Pilzköpfe finden wird, wage ich aufgrund ihrer Ruppigkeit minimal anzuzweifeln. Uns allen wird diese saftig zerlegte Mutation allerdings das Wasser im Mund zusammen laufen lassen. Und was der Rausschmeißer 'Calling Of Lotar' an Emotionen transportiert, wird nicht nur bei mir zum unweigerlich Betätigen der Dauerrotations-Taste führen.
Anspieltipps: Inside/Outside, Three Steps, Calling Of Lotar, Indiscretion, Once I Was A Fly, Dredges
- Redakteur:
- Holger Andrae