FLOTSAM AND JETSAM - The Cold
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2010
Mehr über Flotsam And Jetsam
- Genre:
- Heavy Metal / Power Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Driven Music Group
- Release:
- 18.10.2010
- Hypocrite
- Take
- The Cold
- Black Cloud
- Blackened Eyes Staring
- Better Off Dead
- Falling Short
- Always
- K.Y.A.
- Secret Life
Eines der versiertesten und fesselndsten Power/Thrash-Alben überhaupt. Die Überraschung des Jahres!
Eine der größten Überraschungen des scheidenden Metaljahres 2010 kommt für mich aus Arizona und hört auf den einfachen aber effektiven Namen "The Cold". Urheber ist ein rühriges Quintett aus Phoenix, das in all den Jahren seit der Bandgründung immer Qualität abgeliefert hat, die jedoch nie zu dem kommerziellen Erfolg geführt hat, den die Band nach meiner Ansicht verdient hätte. Nun liegt allerdings ein Album vor, welches ohne weiteres das Zeug dazu hätte, FLOTSAM & JETSAM an die Spitze des zeitgemäßen und doch klassischen Power/Thrashs zu katapultieren, wenn, ja wenn da nicht wieder ein Hindernis wäre, das ärgerlicher kaum sein könnte: Leider scheint das amerikanische Label Driven Music Group derzeit nicht in der Lage zu sein, das Album für den europäischen Markt in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen. Jedenfalls übersteigt die Nachfrage eindeutig das Angebot, und ich kenne etliche Leute, die verzweifelt und vergeblich versucht haben, die Scheibe hier zu bekommen. Auch bei mir hat es erst im vierten Anlauf geklappt, doch die Mühen haben sich gelohnt:
Das eröffnende 'Hypocrite' beginnt ruhig, zum Piano haucht Frontmann Eric A.K. gefühlvoll und melancholisch melancholische Worte ins Mikro bevor ein leidenschaftliches Gitarrensolo das Album auf ungewöhnliche Weise in härtere Regionen hebt. Danach entwickelt sich das Stück wuchtig, mit mörderischem Groove versehen und im Riffing durchaus hektisch, aber dennoch auf ganzer Linie eingängig und mit unglaublichem Wiedererkennungswert gesegnet. Gesanglich brilliert Eric, beherrscht er doch die zarten Töne, den eindrucksvollen Klargesang und die aggressiven Screams und Shouts mit allen Finessen. Nach diesem knackigen und in verschärftem Maße wirbelschädlichen Einstieg darf sich 'Take' sehr atmosphärisch und doch sehr heavy ausbreiten. Die großartige, zwar moderne aber niemals sterile Produktion lässt die Rhythmusgruppe aus Schlagwerker Craig Nielsen und Bass-Tier Jason B. Ward glänzen und kompositorisch beweist die Band fast schon unanständige Klasse. In diesem Maße durchdacht und dramaturgisch so versiert werden in diesem Genre nur wenige Alben umgesetzt, und auch hier ist es einmal mehr Eric, der dem Ganzen die Krone aufsetzt. Doch auch die ruhigen Töne beherrscht das Abrisskommando, wie das erste Drittel des Titelstücks belegt. Der Songaufbau mit einem entrückten, leicht psychotisch gesungenen Intro, zu dem eine akustische Gitarre ihr Klagelied singt, und der sich dann kurz in einen wuchtigen destruktiven Part steigert, bevor ein wunderschöner, melodischer Refrain folgt, ist dem Vorgehen der Kollegen von NEVERMORE nicht gänzlich unähnlich, doch wirkt es hier noch ein gutes Stück frischer und außergewöhnlicher als bei den Kollegen aus Seattle. Hiermit würden FLOTSAM & JETSAM die Herzen der Hörer reihenweise brechen, wenn man sie ließe. Da bin ich mir sicher, denn mehr Gefühl kann man mit einem solchen Stück kaum transportieren.
Da ich euch nicht von jedem Stück in epischer Breite vorschwärmen kann, will ich es an dieser Stelle damit bewenden lassen, darauf hin zu weisen, dass mit dem groovenden, sehr modern ausgerichteten 'Black Cloud', dem massiven und hektischen Riffgewitter 'Blackend Eyes Staring' und dem hintergründigen und dunklen 'Falling Short' etliche weitere sehr harte Granaten enthalten sind, die den Hörer jedoch stets auch durch sehr melodische Passagen mit königlichen Hooklines gefangen nehmen. Auf der anderen Seite stehen emotionale Gänsehaut-Stücke mit etwas ruhigerer Gangart, oft auch mit starken Anteilen akustischer Gitarren, wie vor allem das grandiose, halb-balladeske 'Better Off Dead' oder das dynamische, groovende und von warmen Riffs lebende 'Always'. Das Finale mit dem direkten, leicht punkigen 'K.Y.A.', das gegen Ende mit tollen Leadgitarren glänzt, und der abschließenden, gleichermaßen von massiven Riffs und tollen Melodien geprägten Hymne 'Secret Life', führt "The Cold" ohne Ausfall, ja, ohne jede Schwäche ins Ziel und lässt den Rezensenten geplättet zurück.
"The Cold" zeigt FLOTSAM & JETSAM als eine Band, die trotz ihrer langen und in weiten Teilen durchaus ruhmreichen Vergangenheit niemals rastet, sondern sich in einem Maße neu erfindet, das auf keinen Fall selbstverständlich ist, und zwar ohne langjährige Fans zu vergraulen. Sicher wird es den einen oder anderen geben, der lieber Speed Metal der Marke "Doomsday For The Deceiver" hören würde, doch durch den klassischen, zeitlos guten Gesang, das hervorragende Songwriting und die hörbare Hingabe an eine vernünftige Produktion bin ich mir absolut sicher, dass die Band mit "The Cold" auch die Brücke zu den alten Fans und dem traditionellen Underground schlagen kann, ohne sich mit Retro-Zitaten zu verbiegen. Anhänger von Bands wie NEVERMORE, COMMUNIC, SCARIOT und COURAGEOUS, oder auch von MORGANA LEFAY und den melodischen Momenten der mittleren PANTERA werden hier eh im siebten Himmel sein. Schaut also, dass ihr euch diesen Meilenstein holt, auch wenn es schwierig werden sollte!
Zum Abschluss die Botschaft an das Label: Schaut, dass ihr diese Perle in die Läden bekommt!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle