FORCES AT WORK - Straight
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2012
Mehr über Forces At Work
- Genre:
- Progressive Thrash Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Hands Of Blue
- Release:
- 27.04.2012
- The Mind Slavery
- Nowhere
- 3 Logic Dead
- Be Machine
- Keep Marchin'
- Virtual Fuhrer
- Colours
- Dharma
- Sickness
- Straight Into The Odd
Psychopathischer Extrem-Prog zwischen Mozart und Presslufthammer
Bereits vor neun Jahren fiel mir die Wuppertaler Formation FORCES AT WORK mit ihrer Debüt-EP "Coldheart Canyon" sehr positiv auf, doch zwischenzeitlich hatte ich die Jungs weitestgehend aus den Augen verloren. Nun hat sich dankenswerterweise das charmante kleine Label Hands Of Blue-Records dieser faszinierenden Band angenommen und serviert uns mit "Straight" deren erstes abendfüllendes Werk. Wobei der Albumtitel hier als blanke Ironie betrachtet werden darf, denn die Musik von FORCES AT WORK ist alles andere als gradlinig und direkt. Vielmehr braucht es einiges an Zeit und Geduld, um sie wirklich zu verstehen, doch diese Investition lohnt sich über alle Maßen - zumindest für die Liebhaber moderner, komplexer und grenzenloser Sounds.
In der Tat sind auf "Straight" viele seltsame Kräfte am Werk. Die starke Kernkraft bilden die mit kleinen feinen Melodietupfern angereicherten Progressive-Thrash-Elemente, wie man sie von Bands wie MEKONG DELTA kennt. Den Kontrapunkt zu diesen filigranen Klangmustern bilden schroffe und enorm druckvolle Math-Metal-Passagen, die dezente MESHUGGAH-Referenzen enthalten. Frontmannn Sebastian Wischermann brüllt dazu herrlich angepisst und durchgeknallt herum, sein bedrohliches Reibeisenorgan ist sehr präsent und wird wohl dem einen oder anderen zarter besaiteten Prog-Gourmet das Leben arg schwer machen. Vor allen wenn sich dann noch völlig irre, psychopathische Eskapaden dazu gesellen, die man sonst höchstens bei THE DILLINGER ESCAPE PLAN und Artverwandten zu hören bekommt. Aufgelockert wird diese schwer verdauliche, den Blutdruck bedenklich steigernde Kost durch eindringliche, suchend-getriebene Momente mit einem flüsternden Klargesang, der in seiner anziehenden, fast panischen Intensität auf irritierende Weise verletzlich wirkt.
Als Einstieg in das Album ist der grandiose Opener 'The Mind Slavery' perfekt geeignet, denn er verbindet alle genannte Charakteristika dieser Band vorzüglich. Ein weiterer Höhepunkt ist das mitreißende 'Keep Marching', eine verstörend faszinierende, hypnotische Nummer mit wild tanzenden Instrumenten und wüsten Ausbrüchen. 'Virtual Fuhrer' wirkt wie eine apokalyptische Achterbahnfahrt, im Mittelteil hört man die klassische Progressive-Thrash-Schule ganz gut heraus. 'Sickness' bringt den Kontrast zwischen feingliedrig und brutal besonders gut auf den Punkt, das ist wie Mozart auf Presslufthammer.
Ihr merkt schon, dass man zunächst mal recht gute Nerven braucht, um sich im FORCES AT WORK-Universum zurecht zu finden. Doch wenn mehr und mehr klar wird, welche unglaubliche Kraft und Spannung in dieser Musik steckt, wenn man die unzähligen kompositorischen Feinheiten und Wendung entdeckt hat und wenn man endlich alle Scheuklappen aus dem Fenster geworfen hat, dann entwickelt "Straight" ein gewaltiges Suchtpotential. Wo ich zunächst noch meinte, das sind mir zu viele Ideen und warum wird eigentlich keine zu Ende gedacht, verstehe ich inzwischen, dass all die Gegensätze dieser Platte einander bedingen und dass die einzelnen Aspekte ohne ihre Widerparts in sich zusammenfallen würden. Der scharfe Kontrast ist hier selbst die Idee, das Konzept. Das ist mutig, das ist innovativ und das führt zu einem ziemlich einmaligen Gesamtkunstwerk, mit dem man sich natürlich zwischen alle denkbaren Stühle setzt.
Tolerante, freigeistige Musik-Liebhaber mit Hang zum Irrsinn sind hiermit ausdrücklich aufgefordert, "Straight" kennen und lieben zu lernen. Was noch zwischen FORCES AT WORK und der Höchstnote steht, ist mein fester Glaube, dass die Band sich weiter entwickeln, ihren einzigartigen Stil verfeinern und die wenigen Ungereimtheiten und allzu schrägen Übergänge auflösen wird. Da ist auf bereits extrem hohem Niveau noch etwas Luft nach oben. Die 10 gibt's dann beim nächsten Mal!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan