FRøISLIE, LARS FREDRIK - Gamle Mester
Mehr über Frøislie, Lars Fredrik
- Genre:
- Progressive Rock / 70s Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Karisma Records
- Release:
- 09.05.2025
- Demring
- Jakten På Det Kalydoniske Villsvin
- Gamle Mester
- Medusas Flåte
- De Tre Gratier
- Skumring
Hier ist ein Meister seines Fachs am Werke, wenn auch kein besonders alter.
Da ich schon das Solodebüt "Fire Fortellinger" des Ausnahmekeyboarders Lars Fredrik Frøislie der norwegischen Progger WOBBLER im Rahmen einer Rezension euphorisch gewürdigt habe, freut es mich ganz besonders, auch sein Zweitwerk "Gamle Mester" für unser Magazin begutachten zu dürfen. Dass der Tastenhexer eine Vorliebe für alte Meister hat, konnte man anhand des Artworks des Debüts ja bereits ahnen. Der eigentliche Ideengeber für den Albumtitel und die sich daran anschließenden Assoziationen war aber kein Kunstwerk, sondern eine ehrwürdige tausendjährige Eiche, ein Naturdenkmal in Krødsherad Prestegård mit dem schönen Namen "Den Gamle Mester". Dieser Baum ist auch das Thema eines Gedichts von Jørgen Moe aus dem Jahr 1855. Lars Fredrik Frøislie bezieht seine Inspirationen für die Themen seines Albums nicht nur aus der Poesie, sondern auch aus berühmten Kunstwerken und der klassischen Mythologie.
Wie schon auf dem Erstlingswerk hat Lars Fredrik nicht nur die Tasteninstrumente und den Gesang beigesteuert, sondern auch Schlagzeug und Perkussion übernommen. Das Schlagwerk beherrscht er ebenso virtuos wie sein Keyboardspiel. Ich habe jetzt nicht mitgestoppt, aber der Anteil an rein instrumentaler Musik dürfte auf "Gamle Mester" bei über 85 % liegen. Seien wir ehrlich, ein Sangeskünstler ist Lars Fredrik nicht und wird es auch nicht werden, aber ich höre seinen Gesang und die norwegischen Texte sehr gerne. Großartig ist auch der Beitrag von Nikolai Hængsle, denn seine Basslinien doppeln oft die Keyboardphrasen, was einen tollen Effekt erzeugt, manchmal sind sie fast melodieführend.
Die Variationsbreite und die Dynamikwechsel der sechs Kompositionen sind wieder einmal atemberaubend. Von lyrisch-sanften Klängen des Cembalo bis hin zu dramatischen Klangkaskaden bilden die Stücke ein breites Spektrum an Emotionen ab. Manchmal beziehen sich die Titel auf ganz bestimmte Kunstwerke oder eben die besagte Eiche im Falle des Titelsongs, die thematische Rahmung wird aber durch die Stimmungen von Morgen- und Abenddämmerung vorgenommen ('Demring' und 'Skumring'). Der antike Sagenstoff von Jagd auf den kalydonischen Eber ist eine Geschichte um die gekränkte Eitelkeit der Göttin Artemis, die sich beim Opfer übergangen fühlte, über toxische Männlichkeit, Misogynie, Neid und Rache. Das Gemälde von Peter Paul Rubens (ca. 1612) ist thematischer Ausgangspunkt für die dramatische Fantasie von 'Jakten På Det Kalydoniske Villsvin'. Das 1819 im Pariser Salon ausgestellte Skandalgemälde 'Das Floß der Medusa' von Théodore Géricault, das einen Schiffbruch im Jahr 1816 mit Vorfällen von Kannibalismus zum Thema hat, ist die Vorlage für 'Medusas Flåte'. Fans von THE POGUES kennen das Gemälde als Artwork des Albums "Rum, Sodomy & Lash". Das Kopfkino anzuschalten ist bei 'Medusas Flåte' dringend zu empfehlen. Das Keyboard-Hauptthema ist absolut hymnisch und will einem nicht mehr aus dem Kopf gehen.
"Gamle Mester" ist ein Album, in dem man sich komplett verlieren kann. Das beginnt schon mit den ersten Sekunden des Einstiegssongs 'Demring'. Ich kenne aktuell keinen Keyboarder, der vergleichbar Schönes auf seinen Instrumenten erschafft. Die wunderbare Produktion macht den Kunstgenuss perfekt!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Jens Wilkens