GILBERT, PAUL - I Can Destroy
Mehr über Gilbert, Paul
- Genre:
- Hardrock / Fusion
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- EarMusic / Edel
- Release:
- 27.05.2016
- Everybody Use Your Goddamn Turn Signal
- I Can Destroy
- Knocking On A Locked Door
- One Woman Too Many
- Woman Stop
- Gonna Make You Love Me
- I Am Not The One (Who Wants To Be With You)
- Blues Just Saving My Life
- Make It (If We Try)
- Love We Had
- I Will Be Remembered
- Adventure And Trouble
- Great White Buffalo (Bonustrack)
Etwas zu biedere Scheibe des Ausnahme-Gitarristen.
Abgedreht, innovativ und technisch unglaublich versiert - so ließe sich der amerikanische Gitarren-Virtuose PAUL GILBERT wohl am treffendsten charakterisieren. Immerhin mischte er bereits im jungen Alter von gerade einmal zwanzig Jahren mit seiner Band RACER X und dem Album "Street Lethal" das Metal-Genre gehörig auf und stellte mit seiner ungewöhnlichen Technik alle Regeln des Gitarristen-Handwerks auf den Kopf. Später gründete er gemeinsam mit Billy Sheehan, Pat Torpey und Eric Martin die Hard-Rocker-Supergroup MR. BIG, die sich mit dem Hit 'To Be With You' aus dem Jahr 1991 auch einen festen Platz im Mainstream-Rock erspielt hat. Neben seiner Tätigkeit für MR. BIG ist Gilbert mittlerweile auch als Solokünstler erfolgreich, wobei er großteils auf jeglichen Gesang verzichtet und seine Gitarre ins Zentrum der Aufmerksamkeit stellt. Für die aktuelle Scheibe "I Can Destroy" verließ der Amerikaner allerdings die rein instrumentale Schiene und bat Tony Spinner und Freddie Nelson ins Studio, um die Tracks des neuen Albums mit Gesang zu veredeln.
Rein muskalisch liefert die Scheibe dabei eine echte Überraschung, denn wo sonst bei Gilberts Solo-Werken zumeist reinrassiger Hard Rock und vor allem technisch versiertes Gitarrenspiel dominieren, schaltet der Amerikaner dieses mal einen Gang zurück und lebt hier seine Liebe zu Country, Blues und vor allem klassischer Rockmusik voll und ganz aus. Dass dabei auch der für Paul typisch Witz nicht zu kurz kommt, beweist bereits der Opener 'Everybody Use Your Goddamn Turn Signal', der sich bei näherer Betrachtung als Appell für die Benutzung des guten alten Blinkers entpuppt. In Kombination mit dezentem Riffing und einem feinen Solo macht das den Song zur perfekten Hymne für die nächste längere Autofahrt im kommenden Sommer.
Eine Ausnahme bleibt der Opener dabei allerdings nicht, denn auch im weiteren Verlauf der Scheibe verzichtet Gilbert großteils auf verrückte Gitarren-Experimente und stellt sein Spiel zumeist voll und ganz in den Dienst der einzelnen Songs. Davon profitiert insbesondere die Eingängigkeit des Materials, weshalb sich entspannte Rocker wie 'Knocking On A Locked Door' oder 'One Woman Too Many' auch schnell im Gehörgang fest setzen und dort so schnell nicht wieder verschwinden wollen. Den absoluten Höhepunkt markiert dabei allerdings der Titeltrack 'I Can Destroy', der vor allem mit seinen genialen Riffs und einem großartigen Refrain glänzen kann und der schnell zum absoluten Hit avanciert. Aber trotz all dieser positiven Aspekte fehlt dem Silberling irgendwie auch nach mehreren Hördurchläufen der letzte Kick. Klar sind die Songs allesamt solide performt und auch gefällig, aber gerade von Paul Gilbert ist man ansonsten doch noch deutlich mehr gewohnt. Insbesondere vermisse ich dabei seine verrückten Ideen, die Alben wie "Silence Followed By A Deafening Roar" oder "United States", bei dem auch bereits Freddie Nelson mit von der Partie war, zu absoluten Volltreffern gemacht haben.
So wirkt "I Can Destroy" alles in allem für Gilberts Verhältnisse doch eher wie eine biedere Rock-Scheibe, bei der sich der Gitarren-Virtuose vielleicht etwas zu sehr im Hintergrund hält. Schlecht ist die Platte deswegen noch lange nicht, denn viele andere Genre-Vertreter würden sich glücklich schätzen, wenn sie in ihrer gesamten Karriere mal einen Song wie 'I Can Destroy' zustande bringen könnten. Im Kontext der außergewöhnlichen Diskografie des Amerikaners wirkt der aktuelle Langspieler allerdings eben doch etwas zu handzahm und generisch. Schade, da wäre mehr drin gewesen!
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs