GILMOUR, DAVID - Luck And Strange
Mehr über Gilmour, David
- Genre:
- Prog Rock / Rock / Blues
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Sony Music
- Release:
- 06.09.2024
- Black Cat
- Luck And Strange
- The Piper's Call
- A Single Spark
- Vita Brevis
- Between Two Points
- Dark And Velvet Nights
- Sings
- Scattered
- Yes, I Have Ghosts
- Luck And Strange (Original Barn Jam)
Eher ruhiges Spätwerk mit zwei großen Glanzlichtern.
PINK FLOYD-Legende DAVID GILMOUR ist definitiv jemand, der in seinem eigenen Rhythmus arbeitet. Und gerade in den letzten Dekaden scheint dieser langsamer geworden zu sein, denn seit dem letzten Solowerk "Rattle That Lock" mussten Fans des Briten satte neun Jahre warten, bis uns Gilmour nun mit "Luck And Strange" einen neuen Langspieler serviert. Dabei klingen die Vorraussetzungen nach dem doch eher hüftsteifen Vorgänger durchaus vielversprechend, hat die Gitarrenlegende doch nicht nur bei seiner Band "aussortiert" und frische Mitmusiker ins Boot geholt, sondern auch mit Produzent Charlie Andrew (ALT-J) einen frischen Mann an die Regler geholt, der laut Gilmours Aussage kaum vom PINK FLOYD-Erbe beeindruckt war und den Maestro auch recht bewusst im Studio gefordert hat. Klingt erst einmal ja durchaus spannend.
Weit weniger spannend ist dagegen das fürchterlich abgelatschte Promogewäsch, das im Vorfeld der Veröffentlichung abgefeuert wurde. Vom besten Album seit "The Dark Side Of The Moon" war dabei die Rede, was allein dadurch schon keinen Sinn ergibt, dass Gilmour zumeist das später veröffentlichte "Wish You Were Here" als seinen Liebling im FLOYD-Kosmos bezeichnete. Doch auch abseits dieser historischen Ungereimtheit ist es einfach dämlich und unnötig, diese Diskussion überhaupt erst aufzumachen, denn wir alle dürften uns wohl einig sein, dass "Dark Side" mit Sicherheit eines der wichtigsten und bedeutendsten Alben der Musikgeschichte ist. Ob Gilmour im gesetzten Alter und mit deutlich milderer und ruhigerer Attitüde diese Messlatte noch einmal übersprungen hat, darf mit Sicherheit bezweifelt werden.
Immerhin beginnt "Luck And Strange" aber vielversprechend, denn das vom Piano und Gilmours wunderschönen Gitarren getragene 'Black Cat' hat durchaus massive FLOYD-Vibes und zaubert mir sofort ein Lächeln ins Gesicht. Und auch der folgende Titeltrack, der übrigens ein Überbleibsel aus den "Barn Sessions" ist, bei denen Gilmour mit dem inzwischen verstorbenen PINK FLOYD-Kollegen Richard Wright kooperierte, präsentiert sich sehr überzeugend. Ich würde sogar so weit gehen, dass die Nummer sich auf einem Album der ehemaligen Hauptband nach der Waters-Ära hervorragend gemacht hätte. Wright und Gilmours Keyboards und Gitarren im Zusammenspiel haben einfach eine ganz eigene Magie, die hier wirklich eindrucksvoll wiederbelebt wird. Und wenn 'The Piper's Call' auf gleichem Niveau weitermacht, möchte ich zwar sicher nicht Gilmours "Dark Side"-Aussage unterschreiben, kann mir aber durchaus vorstellen, dass wir es hier vielleicht mit dem besten Solowerk des Briten zu tun haben.
Doch nach starkem Beginn verliert sich auf "Luck And Strange" irgendwie der rote Faden. Klar, die Gitarrenarbeit ist auch weiterhin göttlich und auch an allen anderen Instrumenten wird handwerkliche Qualitätsarbeit abgeliefert, aber die Kompositionen kommen schlicht und ergreifend nicht mehr so richtig auf den Punkt und wabern sehr entspannt und irgendwie ziellos durch den Äther. Als wahrer Lichtblick entpuppt sich da nur noch das THE MONTGOLFIER BROTHERS-Cover 'Between Two Points', zu dem Gilmours Tochter Romany geradezu grandiose Gesangspassagen beisteuert und das die musikalisch zwingenden Momente einbringt, die in der Mitte des Albums ansonsten komplett verloren gegangen sind. So ist es dann auch mit 'Yes, I Have Ghosts' bezeichnenderweise am Ende ein weiteres Überbleibsel aus alten Sessions mit Richard Wright, das plötzlich wieder einen qualitativen Sprung nach vorne macht. Hier stimmt einfach alles: Der Texte ist wunderschön, das gesangliche Metrum ist fesselnd und setzt Gilmours Stimme, die übrigens erneut von Tochter Romany eingerahmt wird, perfekt in Szene. Dazu kommt die herrlich reduzierte Instrumentierung, welche die düster-melancholische Nummer schlussendlich gemeinsam mit dem Titeltrack zu meinem persönlichen Höhepunkt auf "Luck And Strange" macht.
Nein, also besser als "Dark Side" ist dieser neue Silberling mit Sicherheit nicht, Mr. Gilmour. Und ob die Scheibe überhaupt den stärksten Solo-Output des Briten markiert, möchte trotz zweier ganz großer Hits bezweifeln. Viel mehr ist "Luck And Strange" am Ende ein ruhiges und teils zu zurückgelehnt agierendes Spätwerk, das uns wieder einmal schmerzvoll vor Augen führt, dass David Gilmour eben doch einen genialen Songwriting-Partner braucht, mit dem er sich die Bälle zuspielen kann. Und egal wie man zu Roger Waters und seinen politischen und verbalen Eskapaden steht, so waren er und Gilmour eben irgendwie die perfekte Kombination aus Feuer und Eis, die Meilensteine wie "The Dark Side Of The Moon" erst möglich gemacht hat. Alleine reicht es für Gilmour weiterhin nur zu einem soliden Album, das mir dank der überragenden Klasse von 'Luck And Strange' und 'Yes, I Have Ghosts' am Ende 7,5 Punkte abringen kann.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs
