GINGKO DAWN SHOCK - Inward | Flare
Mehr über Gingko Dawn Shock
- Genre:
- Modern Progressive
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- This Is Core / PR Lodge
- Release:
- 08.03.2019
- Sadcasm
- Klys
- Mankerat
- Kyrie
- Yedinyy
- Glacier
- Solar
- Alistee
- Ljos
- No Summer In Ohio
Diese Band ist zu Unrecht unbekannt!
Die Datenlage für GINGKO DAWN SHOCK ist ein wenig unübersichtlich, doch da mir die Musik gut gefällt, recherchiere ich ein bisschen. Die Band kommt aus Molfetta, das ist in Süditalien, an der Ferse des Stiefels, wurde 2013 gegründet und veröffentlicht nun mit "Inward | Flare" ihr zweites Album. Bislang klebte ein Post-Rock-Stempel am musikalischen Schaffen der Südeuropäer, den würde ich beim Hören dieses Albums allerdings gerne entfernen wollen. Doch was würde besser passen?
Ähnlich wie die zuletzt hier besprochene italienbasierte All-Star-Band O.R.K. (zum Review von "Ramagehead") macht GINKO DAWN SHOCK progressive Mucke, die sich wohlig den gängigen Beschreibungen zu entziehen vermag. Ich würde sie am ehesten noch mit Bienchen auf der Wiese der modernen Prog-Metal-Bands à la SOEN/LEPROUS/KARNIVOOL summen hören. Und eine guten Ecke Blütenstaub von A PERFECT CIRCLE ist auch dabei.
Das ist nun eine Richtung, mit der ich in letzter Zeit größere Einfindungsschwierigkeiten hatte. Von daher ist es GINGKO DAWN SHOCK hoch anzurechnen, dass mich die Musik der Band nach einer Weile wieder Erwarten ziemlich packt. Sänger Alessandro Ciccolella spielt dabei eine wichtige Rolle, hat er doch eine einprägsame Stimme, die alle Facetten, die dieser Stil verlangt, abzudecken vermag. Seine meist leicht theatralisch anmutende, klare Stimme kann zu aggressiven Schreien anschwellen, aber auch melancholische und psychedelische Untertöne beimengen. Dass er Maynard James Keegan und Devin Townsend mag, wird Herr Ciccolella wohl auch kaum verneinen können.
Musikalisch schicken mich die Italiener auf einen ziemlich abenteuerlichen Trip voller vertrackter Rhythmen, der seine Wirkung gerade unterm Kopfhörer gar nicht verfehlen kann. Mit dem TOOLigen 'Sadcasm' geht es sogar noch verhältnismäßig eingängig los, doch schon hier wird man auch von einer unbändigen Spielwut getroffen. Es folgen ein paar Tracks mit seltsamen Namen wie 'Klys' oder 'Yedinyy' (jaja, "Y" ist schon ein progressiver Buchstabe), welche die Klasse und den musikalischen Anspruch des Openers untermauern, und bisweilen subversive Hypnotik im besten TOOLschen Sinne beimengen. Auch in der zweiten Hälfte des Albums lässt die Band einfach nicht locker, schwankt dabei sehr geschickt zwischen verpfriemeltem Instrumental-Prog und emotionsgeladenen Melodic-Passagen hin und her. Auf 'Glacier' explodiert die Band in einer Weise, die mich an ältere 65DAYSOFSTATIC erinnert, während 'Alistee' mit zarteren Passagen und verspielten Delay-Gitarren punktet.
Es scheint also, als ob GINGKO DAWN SHOCK alles, was in der letzten Dekade cool und innovativ in Sachen Prog-Mucke war, aufsammelt, neu mischt und auch dank herausragender Klasse an den Instrumenten zu etwas Eigenem vermengt. Da frag ich mich, warum diese Band bislang so gar nicht in auf der Proglandkarte auftaucht. Vielleicht ja jetzt?
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Thomas Becker