GWAR - Lust In Space
Mehr über Gwar
- Genre:
- Thrash Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- AFM / Soulfood
- Release:
- 21.08.2009
- Lust In Space
- Let Us Slay
- Damnation Under God
- The Überklaw
- Lords And Masters
- Metal Metal Land
- The Price Of Peace
- Where Is Zog?
- Make A Child Cry
- Release The Flies
- Parting Shot
Eine Band, von der das keiner erwartet hätte, definiert, was heute guter Thrash ist - mit dem Album des Jahres!
Mit ihren ersten drei bis vier Alben haben die Shock-Thrash-Punks aus Virginia Metal-Geschichte geschrieben, mit ihrem abwechslungsreichen und innovativen Überalbum "Ragnarök" haben sie mich Mitte der Neunziger vollends überzeugt und danach habe ich sie leider etwas aus den Augen verloren. Klar, man hat mitbekommen, dass alle paar Jahre ein neues Album am Start war, doch irgendwie fehlte der Zug, sich nochmals intensiver mit den wolllüstigen Monster-Söldnern aus dem All zu befassen. Vor einigen Wochen ist mir dann aus recht heiterem Himmel das inzwischen elfte Studioalbum der Kaputtniks auf den Schreibtisch geflattert, das auf den Namen "Lust In Space" hört und in gewohnter Manier die Band zur Schlacht gerüstet auf dem Artwork zeigt. Alles beim Alten also im Hause GWAR?
Nun, ja und nein: Die omnipräsenten Metal-fremden Elemente der späten Neunziger sind zum größten Teil über Bord gegangen, was sich schon auf den Vorgängeralben deutlich abzeichnete. Die Aggression und der gnadenlos riffende und pumpende Thrash Metal sind noch mehr in den Fokus geraten. So könnten wir fast sagen, dass GWAR zu den Wurzeln zurückgekehrt sind, doch auch dies wäre nur die halbe Wahrheit. Das liegt daran, dass sich die Scumdogs heute auf einem sehr hohen musikalischen Level bewegen, von dem sie in den Achtzigern nur träumen konnten. Und dennoch konnten sie sich das Räudige, das Ruppige, das Rohe und Ursprüngliche bewahren. Trotz einer fetten Produktion wirkt "Lust In Space" kein bisschen überproduziert, steril oder modern. Was Kommandant Oderus Urungus und seine Kampfgenossen hier vom Stapel lassen, ist beinharter Thrash Metal mit einem Punch, der großen Thrash-Namen wie SLAYER und KREATOR und deren neuen Werken den Kalk aus den Fugen rieseln lässt.
Dabei ist die Scheibe nicht nur lebendiger und dynamischer produziert als das Schaffen der Konkurrenz, sondern es sind auch die besseren Songs, die eingängigeren Hooks, die cooleren Refrains, die GWAR am Start haben. Thrash Metal war schon immer am besten, wenn er straight und punkig war, und für lupenreinen Thrash Metal mit exakt diesen Attributen liefern GWAR im Jahre 2009 die Definition. Ist der spannende und abwechslungsreich gesungene Opener noch am ehesten komplex und vielschichtig, so regiert bei 'Let Us Slay' völlig kompromisslos der Vorschlaghammer, der in der Frequenz eines Presslufthammers Schädel spaltet und Wirbel zertrümmert.
Bei 'Damnation Under God' präsentieren sich die Herrschaften im Riffbereich ungewohnt anspruchsvoll und vertrackt, gesanglich wagen sie sich an einige cleanere Bay-Area-Style-Passagen. Genauso großartig ist das etwas hardcore-lastige und groovige 'The Überklaw', das in der zweiten Hälfte erst richtig aufdreht und umhaut, ja, mit einem der besten Hauptriffs und Refrains des neuen Jahrtausends um die Ecke kommt. Simpel, aber so ungeheuer effektiv, dass es fast unheimlich ist. Wenn ich mal anfange, im Sitzen auf meinem Schreibtischstuhl zu hüpfen und den Kopf zu bangen, dann muss die Band einen Schalter gedrückt haben, den so gut wie niemand findet.
Doch damit ist noch lange nicht Schluss: 'Lords And Masters' ist kompromissloser, traditioneller Speed/Thrash vom Feinsten, der eine Schlagzeug-Knüppelorgie vom Stapel lässt, die sich gewaschen hat. Auch hier wieder ein unfassbar starker Refrain. Mit dem herrlich bescheuert betitelten und zerdichteten 'Metal Metal Land' rock'n'rollen sich die Jungs in bester MOTÖRHEAD-plus-Sockenschuss meets THE MISFITS-Manier samt geilem Solo von Flattus Maximus ins Nirvana. Im Gegenzug präsentiert 'The Price Of Peace' GWAR wieder von einer hundsgemeinen und zerstörerischen Seite. Wüsste man nicht, dass hier die kostümierte Alien-Gang am Werke ist, würde dieser Song auch völlig problemlos als Meisterwerk renommierter Namen des kompromisslosen, traditionellen Thrash Metals durchgehen. Beefcake The Mighty alias Casey Orr (RIGOR MORTIS) sorgt hier im Übrigen nicht nur für knackige Bassparts, sondern auch für den derbe aggressiven und dabei richtig starken Gesang.
Bei 'Where Is Zog?' geht es ein wenig experimenteller zu. Die Rhythmik ist eigenwillig, die Stimmung psychedelisch, die Wechsel zwischen brutalen Parts und lockerem Jam sind sehr gewöhnungsbedürftig. Aber GWAR wären nicht GWAR, wenn sie auf ihren Alben keine Sachen einstreuen würden, die für ein wenig Irritation sorgen. Dafür bringen sie direkt im Anschluss mit dem heftigen Riffgewitter der Death/Thrash-Granate 'Make A Child Cry' wieder kleine Kinder zum Weinen. Mit dem rhythmischen Groove-Monster 'Release The Flies' und dem nochmals ziemlich rock'n'rolligen Smasher 'Parting Shot' endet das Album zwar nicht ganz so bärenstark wie es die ersten paar Stücke vorgemacht haben, doch immer noch auf einem Niveau, das GWAR fast niemand je zugetraut hätte.
Für mich also die positivste Überraschung des vergangenen Jahres, eines der stärksten GWAR-Alben aller Zeiten und ohne jeden Zweifel mein Album des Jahres 2009. Und das liegt nicht daran, dass die Konkurrenz schwach gewesen wäre. Beileibe nicht. Aber die neue GWAR schlägt sie alle! Bohabs rise!!!
Anspieltipps: Lust In Space, Let Us Slay, The Überklaw, Metal Metal Land
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle