HEAVEN'S CRY - Outcast
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2016
Mehr über Heaven's Cry
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Prosthetic Rec. (Sony Music)
- Release:
- 03.06.2016
- The Human Factor
- Outcast
- The Day The System Failed
- If I Only Knew
- A Shift In Scenery
- Symmetry
- Alive
Erneut großes Ohrenkino.
Seit Beginn der Neunziger ist HEAVEN'S CRY bereits aktiv und doch ist es immer wieder eine freudige Überraschung, wenn ein neues Album veröffentlicht wird. Als 1996 das formidable Debüt "Food For Thought Substitute" erschien, wurde das von der kleinen Schar an Tapetradern und Perlentauchern bereits sehnsüchtig erwartet, dem bereits drei Jahre altem schlicht "Sampler" benannten Demo-Tape sei Dank. Enttäuscht wurde niemand, da Songs wie 'Gaia's Judgement', 'Your God's Crime' oder 'The Alchemist' wunderbaren, eigenständigen 90er-Jahre-Prog boten.
Danach herrschte dann lange Zeit Funkstille, bevor 2002 endlich der Nachfolger "Primal Power Addiction" erschien. Erneut wurde eigenständiger, recht kompakter Progressive Metal mit Charakterstimme geboten, der in einigen Momenten auch mal an eine Band wie PSYCHOTIC WALTZ erinnerte. Es verstrichen zehn weitere Jahre ehe mit "Wheels Of Impermanence" das dritte Album von Pierre St.Jean und seiner Mannschaft auf den Markt kam. Gütesiegel erhalten? Aber klar.
Ohne große Ankündigung stellt Prosthetic Records dieser Tage nun auch das nunmehr vierte Album der Franko-Kanadier in die Läden. Überraschung gelungen, denn vor 2018 hatte ich nun wirklich keine neue Musik aus Montreal erwartet. Bereits ein Blick auf die Spielzeiten der einzelnen Songs macht klar, dass "Outcast" sich womöglich von den Vorgängern etwas abheben wird.
Waren die Kompositionen bisher recht kompakt gehalten und hatten bisher nicht einmal die Sieben-Minuten-Marke geknackt, ist das auf dem neuen Silberling gleich drei Mal der Fall. Im Zentrum steht dabei der Viertelstünder 'The Day The System Failed'. Und doch fühlt man sich im Laufe der 52 Minuten so ganz und gar nicht ausgestoßen. Im Gegenteil: "Outcast" fühlt sich an, als würde man in eine wohlbekannte Stadt kommen, in der sich einige Ecken verändert haben.
Da ist zum einen die so charakteristische Stimme von Bandkopf Pierre, die ich immer und überall erkennen würde. Meist etwas angeraut, geht es aber schön melodisch, wie es der hervorragende Refrain von 'If I Only Knew' zeigt. Das bleibt aller Komplexität auch wirklich tief im Ohr und sorgt so dafür, dass man die berühmten Enterhaken hat, um sich durch das Material zu wühlen, ohne die Orientierung zu verlieren.
Überhaupt sind es die kürzeren Nummern, die für mich "Outcast" tragen. Der Titelsong oder 'A Shift In Scenery' bestechen mit tollen Vocallines, instrumentalen Spielereien und der nötigen Geradlinigkeit. Dagegen sind der Opener 'The Human Factor', das bereits erwähnte Epos 'The Day The System Failed' und 'Symmetry' eher Kopfarbeit. Details wollen entdeckt und verquere Rhythmen wollen entknotet werden. Hier kommt für den Hörer erst die Arbeit und nach einigen Spins dann auch das Vergnügen.
Klar ist, dass "Outcast" sich nicht ansatzweise hinter den beiden Vorgängern verstecken muss und diese vielleicht sogar übertrifft. Dass das Debüt eine Ausnahmestellung bei mir hat, hat sicher auch mit musikalischer Sozialisation zu tun, aber während hier gerade der Refrain von 'Symmetry' läuft, bin ich nicht sicher, ob es hier noch qualitative Unterschiede gibt. Ob dieses Jahr noch etwas Besseres aus Kanada kommt, ist schwer vorstellbar.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk