HELHEIM - Heiðindómr Ok Mótgangr
Mehr über Helheim
- Genre:
- Black Metal / Viking Metal / Progressive
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Karisma / Dark Essence
- Release:
- 27.05.2011
- Viten Og Mot (Sindighet)
- Dualitet Og Ulver
- Viten Og Mot (Stolthet)
- Maðr
- Viten og Mot (Årvåkenhet)
- Element
- Nauðr
- Viten og Mot (Bevissthet)
- Helheim 8
Die Band hält in jeder Hinsicht, was sie mit der bereits unfassbar guten EP angekündigt hat: Ein Manifest norwegischen Stahls!<br />
Im Herbst schickten uns die Bergener Nordmänner mit der grandiosen EP "Åsgårds Fall" ein wahrhaft eindrucksvolles Lebenszeichen über die Nordsee, verbunden mit der Ankündigung, dass sie schon bald mit einem vollständigen Album zurück kehren würden. Ein halbes Jahr ist seither vergangen, und nun hat sie ihren Stapellauf, die siebte Studioscheibe der Herren HELHEIM, die auf den schönen Titel "Heiðindómr Ok Mótgangr" hört. Eine reife und kitschfreie Interpretation des Heidentums nimmt uns auf eine knapp einstündige Reise durch schwere Zeiten und in die tiefstgelegene der neun Welten. Hernieder und gen Nord ins Reich der Hel.
Das Album wir eröffnet und durchzogen von dem großen und mächtigen Vierteiler 'Viten Og Mot', dessen Teile stets durch andere Stücke getrennt sind. Den Anfang macht mit wuchtigen Akkorden, zerschmetterndem Schlagzeug und flirrend singenden Gitarren 'Sindighet' und besticht dabei mit lurenartigen Waldhorn-Klängen, die auf effektivste Weise für dunkle Majestät sorgen. Der wie immer von V'Gandr und H'Grimnir geteilte Gesang lässt das Mark erschüttern, doch was die Bergener uns hier knapp acht Minuten lang um die Ohren fetzen ist keinesfalls schwarzmetallischer Standard aus Eis und Raserei, sondern zutiefst vielschichtige, progressive Musik, welche im Gitarrenbereich Ihresgleichen sucht und nur selten findet. Vom ambienten Dröhnen bis hin zu eskapistisch-schwelgenden Leads ist vieles geboten, doch nichts wirkt verzettelt oder überambitioniert. Die Herren von HELHEIM gießen all ihre Vielseitigkeit in stringente, schlüssige Kompositionen, die mehr bieten, als man je zu hoffen gewagt hätte. Allein die gesangliche Vielseitigkeit des Openers ist kaum mit Worten zu beschreiben: Hysterie und Anmut, Beschwören und Verdammen, subtile Klarheit und wildester Ingrimm, vortrefflich vereint im völlig eigenständigen Klangkosmos der Band.
Mit der in einer anderen Version bereits von der letzten EP bekannten Hymne 'Dualitet Og Ulver' zeigen V'Gandr, H'Grimnir, Hrymr und Co., warum sie für Fans ihrer Bergener Mitbürger von ENSLAVED zwar rundum spannend und interessant sind, warum sie aber trotz häufiger Vergleiche nicht einmal ansatzweise eine Kopie der Landsleute sind: Gerade die gemeinsame Gesangsleistung von H'Grimnir und V'Gandr ist völlig unverkennbar, der Sound ist bei aller Progressivität noch tiefer im Black Metal verwurzelt, harscher und erdrückender. Alternative Anklänge, PINK FLOYD und vernebeltes Schweben gibt es hier nicht, dennoch haben auch die vier Herren von HELHEIM fesselnde Melodien und atemberaubende, unterschwellige Anmut an Bord. Wenn dann 'Viten Og Mot' mit 'Stolthet' seine Fortsetzung findet, werden einige Motive des Openers aufgegriffen, so dass sich der rote Faden klar verfolgen lässt. Das Stück an sich bietet jedoch völlig neue Facetten. Mantrisch rotierende Riffs, gesprochene Passagen, an Durchschlagskraft und Wucht kaum zu überbietende Lureneinsätze und ein heimtückisch verschlepptes Tempo machen dieses Stück zu einem weiteren Highlight der Scheibe.
Eine völlig andere Seite HELHEIMs, die uns phasenweise stark an die Frühzeit der Band erinnert, begegnet uns mit 'Maðr', welches Raserei und zum Bersten angestaute Grimmigkeit mit hinterhältigem und Nacken brechenden Groove verbindet. Hier schüttelt das Quintett tatsächlich einen der monströsesten Headbanger der Black-Metal-Geschichte aus dem Ärmel, der sich jedoch selbstredend nicht auf diese eine Seite metallischen Handwerks beschränkt, sondern auch mit einem entrückt-abgedrehten, epischen Mittelstück aufwarten kann. Wenn sich die Band danach mit 'Viten Og Mot (Årvåkenhet)' wiederum dem Leitfaden des Albums widmet, dann tut sie dies mit einem walzenden, alles niederdrückenden Rock-Groove, der die letzten Werke SATYRICONs fast schon pulverisiert, ohne dabei deren Sterilität und Kälte zu zitieren. Bei HELHEIM wirkt, auch dank der großartigen Produktion, alles organisch und lebendig. Zudem wäre HELHEIM nicht HELHEIM, wenn der Song so geradlinig zu Ende ginge, wie er begann. Es folgt ein wahres Feuerwerk der Musikalität und der zündenden Ideen, vor allem im Gitarrenbereich.
Das herrlich atmosphärische 'Element' gibt Schlagzeug und Bass alle Freiheiten zu glänzen, dazu treten zurückhaltende halbklare Gitarren und eine sehr eigenwillige klare Gesangsstimme, welche den norwegischen Texten eine ganz besondere Tiefe verleiht. Dies ergibt in Summe einen der ungewöhnlichsten HELHEIM-Songs überhaupt, der sich letztlich in eine ebenso geniale wie verstörende Coda ergießt. 'Nauðr' liefert dazu wieder einen spannenden Kontrast, indem es die unbarmherzige Raserei aus HELHEIMs Frühzeit in ein unheimlich druckvolles Gewand und in außerordentlich melodische Bahnen lenkt, ohne dabei jedoch vorhersehbar oder gar massenkompatibel zu werden. Dies verhindert bereits die völlig irrwitzige HAWKWIND-Huldigung ab Beginn des letzten Drittels.
Ein herrliches Ende findet diese faszinierende Scheibe mit der letzten Erzählung von 'Wissen und Mut', namentlich 'Bevissthet' genannt, welches sich als das melodischste und gleichzeitig progressivste Stück des Albums präsentiert. Entrückte Melodien und ein kurzes akustisches Zwischenstück der Musik gewordenen, offenbarten Klarheit fügen sich in ein Gerüst aus verspieltem, melodischem und doch unbarmherzigem und dunklem Heavy Metal. Dem ist in nicht viel hinzuzufügen. Außer natürlich, dass auf einem HELHEIM-Album das nach der Band und dem Reiche der Hel benannte Instrumental nicht fehlen darf: So entlässt uns heuer 'Helheim 8' verstört aber glücklich mit herrlich gespenstischen akustischen Arrangements in die Nacht.
Dass meine uneingeschränkte Begeisterung alle enthaltenen Stücke betrifft, dürfte euch ja bereits aufgefallen sein. Daher muss ich mit dem Fazit der Rezension nicht hinter dem Berg halten: Die Band hält in jeder Hinsicht, was sie mit der bereits unfassbar guten EP angekündigt hat, und so bleibt mir nur zu konstatieren, dass "Heiðindómr Ok Mótgangr" ein weiteres Manifest des norwegischen Metals ist, das sich in diesem Jahr bisher hinter nichts und niemandem verstecken muss.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle