HEREDITARY - Angel Of Decay
Mehr über Hereditary
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Eigen
- Release:
- 01.08.2015
- Angel Of Decay
- Buried In Exploited Flesh
- Prophecy Of Fear
- Resurrected Persecutor
- Flesh & Bones
- Impurity
- Evilution
So simpel, so gut, so brutal.
Die jahrzehntealte Tradition im Death-Metal-Zirkus dürfte für Genreneulinge Segen und Fluch zugleich sein: Nachwuchsmusiker können aus einem reichen Fundus an musikalischen Vorlagen schöpfen und dürfen sich der wohlwollenden Unterstützung einer der größten Underground-Szenen weltweit gewiss sein. Andererseits ist der Aufstieg aus den düsteren Sphären kleiner Keller-Clubs, mit bescheidenen Gigs vor einem guten Dutzend Zuschauern, mühseliger als in anderen Sparten; die großen Bühnen teilen sich heute risikobefreite Modern-Metal-Klone und Elektro-Core-Karnevalstruppen. Neues wagen oder Besinnung auf die rohen Wurzeln der Gründerväter?
Die Debütanten von HEREDITARY aus Bonn entschieden sich für Letzteres - der erste Bandoutput "Angel Of Decay" entpuppt sich augenblicklich als astreiner Old-School-Death-Vertreter. Der rumpelige Einstieg zum eröffnenden Titeltrack ist schnell vergessen, sobald Frontberserker Flo die Sau rauslässt: Der Schreihals lässt augenblicklich schaurig-wohlige Erinnerungen an den Erstkontakt mit den augenscheinlichen Idolen von DEICIDE oder NAPALM DEATH aufkommen - eine gutturale Vokal-Performance, die HEREDITARY in diesem Bereich bereits in die erste Liga katapultiert, da sich der werte Herr nicht nur auf tiefes Gegrunze beschränkt, sondern ziemlich voluminös und bissig agiert. Doch auch die Instrumentalfraktion lässt den blutig-rohen Braten zu keinem Zeitpunkt anbrennen: Das Schlagzeug bewegt sich zwischen stampfig-thrashigen Rhythmen, aggressiven Blasts und High-Speed-Doublebass-Attacken, die Stahlsaiter zimmern gepflegte Schweden-Gedächtnisriffs ins Gebälk. 'Angel Of Decay' erinnert sogleich an besagte Gründerväter, verschließt sich der Moderne aber nicht gänzlich - ein saftiges Old-School-Death-Steak mit dezenter Göteborg-Würze.
Überhaupt sind auf "Angel Of Decay" unter dem zottigen Schmutzpanzer, den sich die fünf Herren für ihren Erstling in Form eines rauen, rudimentären Soundgewandes angezogen haben, jede Menge Details versteckt, die der EP mehr als nur ein paar obligatorische Testdurchläufe verschaffen sollten: Der Opener glänzt mit brodelnden Gitarrenriffs und einem bemerkenswert Ohrwurm-lastigen Refrain, 'Prophecy Of Fear' liefert SLAYERsche Bösartigkeiten (wunderbare Headbang-Passagen inklusive), während 'Resurrected Persecutor' spürbar schwarzmetallisch angehaucht ist. Beim knackigen 'Flesh & Bones' treten unsere Landsleute genüsslich das Gaspedal durch und liefern eine mitreißende Death-/Thrash-Kanonade erster Güte ab, nur um am Ende mit 'Impurity' nochmal einen Stimmungsschwenk hin zu dramatischen, beinahe hymnischen Melodiekonstrukten zu vollziehen. Die Dynamik zwischen Gemetzel und Gemoshe stimmt, die Gitarrenarbeit ist eingängig und abwechslungsreich, die Grundaggression und das hohe Energielevel ziehen sich auf konstant hohem Niveau durch die sechs Tracks. "Angel Of Decay" braucht den Vergleich mit etablierten Death-Metal-Vertretern also keineswegs zu scheuen. Unterm Strich steht nur deswegen keine höhere Punktzahl, weil in Sachen Sound durchaus noch etwas mehr Punch herauszukitzeln wäre, und weil sich auf "Angel Of Decay" kein umfassendes Albumgefühl einstellen will: Etwas mehr Homogenität wäre drin gewesen, ein klarerer Fokus auf einen kohärenten Spannungsbogen - daran ändert auch die atmosphärische Abrundung in Form des Instrumental-Outros 'Evilution' nichts.
Allerdings muss sich niemand Sorgen um die Zukunft von HEREDITARY machen: Das Banddebüt fällt dermaßen souverän und musikalisch weitestgehend überzeugend aus, dass mit der nötigen Ruhe und Zeit für die entsprechende Produktion ein möglicher Nachfolger von "Angel Of Decay" bereits den Durchbruch in die erste Riege der alten Todesbleischule darstellen dürfte. Für sechs deftige, unterhaltsame Tracks, in denen die Bonner ihr musikalisches Können unter Beweis stellen, hat es ja bereits im ersten Anlauf gereicht. Behaltet die Herrschaften mal im Blick!
Anspieltipps: Angel Of Decay, Resurrected Persecutor, Impurity
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Timon Krause