HEREDITARY - Disease
Mehr über Hereditary
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Eigen
- Release:
- 19.03.2021
- The Path
- Obsession
- Mistress Of Murder
- Prey
- Tides Of Blood
- Rigor Mortis
- Coroner
Fortschritte in allen Bereichen - oder: So muss Death Metal!
Irgendetwas ist im Hause HEREDITARY passiert. Nach dem bereits durchaus überzeugenden Langspieldebüt "Sin" aus dem Jahre 2018, das allerdings noch hörbar rustikalen Underground-Charme versprühte, klingen die sechs neuen Songs (plus besinnlichem Instrumental-Outro) auf "Disease" heuer noch eine Klasse besser. Gerade in Sachen Sound: Fett drücken nun die Gitarren, das unmenschliche Geschrei Nils Raschkes wurde noch voluminöser eingefangen und präsenter umgesetzt als auf dem Vorgänger, das Gesamtklangbild ist einfach runder, massiver und in meinen Ohren nun perfekt ausgewogen zwischen oldschooliger Schärfe und transparent-moderner Mächtigkeit.
Dass HEREDITARY in Sachen Songwriting ganz oben mitspielt, daran gab es schon vor drei Jahren kaum Zweifel, auf "Disease" agiert die Truppe aber noch effektiver und noch songdienlicher. Aus dem Stand weg legt 'The Path' los, ohne Umschweife wird vom Fleck weg gehackt, gebrüllt, gewütet; rasende Drum-Attacken geben sich mit schwedisch singenden Gitarrenlinien und mächtigen Mosh-Parts die Klinke in die Hand. Das Teil ist nach drei atemlosen Minuten schon wieder vorbei und hat direkt einen starken Eindruck hinterlassen: Stahlsaiter, Drums, Vocals in perfekter Einheit und auf hohem Niveau unterwegs. Mit 'Obsession' folgt eine zunächst etwas langsamere Nummer, die klassische AT THE GATES-Gitarrenläufe auffährt, ehe nach dem ruhigen Beginn wieder brutale Death-Metal-Raserei einsetzt. Eine insgesamt atmosphärischere Nummer, bei der die melodischen Aspekte der Gitarrenarbeit im Vordergrund stehen. Im Anschluss mit 'Mistress Of Murder' ein absolutes Wahnsinnsbrett - hier hat das Bonner Quartett einfach alles an feinen Death-Metal-Zutaten reingepackt was es auftreiben konnte: die stampfenden Verse, die gelegentlich beinahe schwarzmetallisch angehauchte Vokalarbeit, High-Speed-Schlagzeugsalven, einen coolen gitarrenlosen Break zur Songmitte, bedrohlich brodelnde Riffs und coole Soli beim ruhigen Zwischenteil vor der Explosion zum Abschluss. Hammer! Hervorzuheben auch die Grindcore-Gedächtnis-Attacke namens 'Rigor Mortis' – ultraflott, ultrafies, übelst unterhaltsam!
Überhaupt wurden bei HEREDITARY in zwei wesentlichen Bereichen große Fortschritte gemacht: Der Spannungsaufbau bleibt über das gesamte Album hinweg gleichermaßen hoch, zugleich klingen die sieben Nummern homogener, in sich runder und besser aufeinander abgestimmt als das ungestüme Gemetzel auf den Vorgängern. Etwas mehr Augenmerk wurde auch auf Abwechslung in Sachen Groove gelegt, wodurch der neue Release noch kurzweiliger ausfällt. Jammerschade nur, dass es auf "Disease" an Quantität mangelt, denn auf diesem Niveau hätte HEREDITARY sicherlich einen Kandidaten für das Death-Metal-Album des Jahres geliefert, wäre man mit etwas mehr Gesamtspielzeit ins Ziel gekommen. Etwas seltsam muten außerdem die abrupten Fadeouts am Ende einiger Songs an; das nach eigenen Angaben teilweise noch unfertige Material hätte hier noch einen letzten Schliff vertragen.
Aber wie gesagt: "Disease" lässt von musikalischer Seite her praktisch keine Wünsche offen und man kann unseren Landsleuten eine erfreuliche, stetige Entwicklung bescheinigen, die vorläufig in diesem sehr kurzen, aber nicht minder überzeugenden Death-Metal-Feuerwerk kulminiert. HEREDITARY ist für mich in einer Liga mit todesmetallischen Edelstahlgaranten wie NAPALM DEATH oder BILLY BOY IN POISON angekommen – abwechslungsreich im Songwriting, zeitgemäß im Sound, aber dennoch metertief im blutigen Mutterboden der Old-School-Death-Szene verwurzelt.
Anspieltipps: Mistress Of Murder, The Path, Rigor Mortis
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause