HOWLING SYCAMORE - Seven Pathways To Annihilation
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2019
Mehr über Howling Sycamore
- Genre:
- Progressive Thrash
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Prosthetic Records
- Release:
- 21.06.2019
- Mastering Fire
- Departure
- Initiation
- Second Sight
- Raw Bones
- Tempest's Chant
- Sorcerer
Die progressive Eintagsfliege lebt noch!
Als im letzten Jahr das Debütalbum von HOWLING SYCAMORE erschien, bin ich von einem einmaligen Projekt ausgegangen. Da es die Scheibe auf Platz Sieben meiner Jahrescharts geschafft hat, bin ich doppelt erfreut über eine zügige Fortsetzung, die seit einiger Zeit bei mir ihre Runden dreht. Die gleiche Besetzung wie schon anno 2018 zaubert hier eine progressive Zauberflöte aus der Hüfte, die mich erneut sofort am Haken hat.
Im Gegensatz zum Erstling bleibt heute natürlich die riesengroße Überraschung aus, sodass meine Euphorie aus dem letzten Jahr etwas norddeutscher ausfällt. Trotzdem bin ich bei jedem Durchlauf in innerer Ekstase, was schon mal dazu führen kann, dass ich in der Öffentlichkeit irgendein Luftinstrument (falsch) spiele. Ich will jetzt nicht auf einzelne Songs eingehen, denn dazu müsste ich einzelne Songs hervorheben, was bei einer durchgehend gleich hohen Qualität auch nach etlichen Durchläufen, schlicht unmöglich ist. Im direkten Vergleich zum Vorgänger habe ich den Eindruck, die neuen Songs wären insgesamt etwas mehr auf Groove ausgelegt. So hat man – trotz aller Rhythmuswechsel – über lange Strecken des Albums das Gefühl, alles würde wunderbar swingen. Sogar, wenn Hannes Grossmann mit dem Blaster beatet. Dies liegt ganz einfach daran, dass verhältnismäßig wenig soliert wird und das Trio Tiso, McMaster und besagter Grossmann offenbar bei aller Verspieltheit immer die Vision des Songs im Fokus halten. Dass ausgerechnet 'Initiation' mit seinen acht Minuten Spielzeit und einigen Passagen, die für Otto-Normal-Taktversteher sicher nur mit Kopfschmerztabletten zu ertragen sind, als Appetizer ausgewählt wurde, ist da sicherlich als schelmische Abschreckaktion zu verstehen.
Denn schon der Opener 'Mastering Fire' zeigt, dass vor allem Jason McMaster hier offenbar seinen inneren Ruhepol gefunden zu haben scheint. Mit angenehm kratziger Stimme jongliert er entspannte Notenfolgen über das instrumentale Gezwirbel seiner Mitstreiter. Der rote Faden, den andere in solcher Musik gern mal vermissen, ist auf diesem Album so dick wie ein Schiffertau. Wenn dann – wie in 'Second Sight' – ein beinahe verträumter Marty Friedman mit einem Solo um die Ecke segelt, möchte man die Stilistik Esoterik-Techno-Thrash erfinden. Mache ich natürlich nicht, da es schon ausreichend viele Schubladen gibt.
Im über elf Minuten langen Abschlusstrack 'Sorcerer' kommt dann der geneigte Frickelfreund noch einmal komplett auf seine Kosten, denn neben hyperschnellen Beats trötet auch endlich das Saxophon dazwischen. Erstaunlich, dass meine Blastbeat und Blechblas-Aversion hier erneut versagt und ich völlig aus dem Häuschen bin.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Holger Andrae