HUNDRED YEAR OLD MAN - Breaching
Mehr über Hundred Year Old Man
- Genre:
- Post Metal / Doom / Sludge
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Gizeh Records / Wolves And Vibrancy
- Release:
- 27.04.2018
- Breaching
- Black Fire
- The Forest
- Clearing The Salients
- Long Wall
- Disconnect
- Cease
- Ascension
In der Endlosigkeit verhallende Rufe aus dem Abgrund
Der HUNDRED YEAR OLD MAN hat genau genommen noch keine zwei Jahre auf dem Buckel, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein. Denn was das Sixpack aus Leeds bislang angepackt hat, war von einer Zielstrebigkeit gekennzeichnet, die im Metal-Underground ihresgleichen sucht: Zunächst gab's ohne großes Aufheben eine erste Single ('Black Fire'), Anfang 2018 erschien dann unter zunehmendem Interesse der Sludge- und Post-Metal-Öffentlichkeit die EP "Rei", die von Beginn an als kleiner Vorgeschmack auf ein wenig später erscheinendes Langspieldebüt bezeichnet wurde. "Rei" ließ erahnen, dass es HUNDRED YEAR OLD MAN so ernst meint wie NEUROSIS zur Mitte der 90er; mein persönlicher Eindruck war, dass sich hier ein Highlight des Jahres für Sludge- und Post-Metal-Fans anbahnen könnte.
Und tatsächlich: "Breaching" erfüllt alle Erwartungen, die "Rei" gerade erst grimmig glühend geschürt hat: Vor unserem geistigen Auge öffnet sich ein tiefschwarzer musikalischer Blick in einen endlosen Abgrund, eine Albtraumreise ohne einen Hauch von Hoffnung oder Erleichterung. Die einzigen menschlichen Regungen drücken sich in Form von abgrundtiefem Schmerz und noch tieferer Verzweiflung aus, wie sie markerschütternd aus den acht bisweilen überlangen Tracks fließen. In wenigen schlichten, weit ausgedehnten Melodiebögen greift gelegentlich eine sehnsüchtige Traurigkeit um sich, während jedoch über weite Strecken brutale Riffsägen und harsches Geschrei die misanthropische Szenerie prägen. Geradezu meisterlich wird diese Kontrastierung durch die sechs Engländer beherrscht, ganz genrekonform beträgt die Wartezeit zu den wenigen emotionalen Höhepunkten des Albums oft eine gefühlte Ewigkeit. 'The Forest' heißt eines dieser wahnsinns Stücke, von dem man beim Zuhören zwischen der Hoffnung, es würde nie enden, und dem bangen Warten auf Erlösung schwankt. 'Long Wall' zelebriert doomig verschleppte CULT OF LUNA-Variationen, harsch an der Grenze zur Erträglichkeit, und setzt einen zähen, pechschwarzen Strudel in Gang, aus dem es bereits nach kurzer Zeit kein Entrinnen mehr gibt.
HUNDRED YEAR OLD MAN macht im Prinzip nichts, aber gar nichts neu oder wesentlich anders als die Sludge-Größen der vergangenen zwei Jahrzehnte, bringt aber irgendwie doch genügend eigene, stählern-kalte Nuancen mit einem verschwindenden Rest Menschlichkeit ein, um sich von EYEHATEGOD, CULT OF LUNA und Konsorten ausreichend abzugrenzen. Das ausschweifende Element dominiert noch stärker als beim schwedischen Mondkult, gleichzeitig fehlt aber auch die Eingängigkeit von majestätischen Hits wie 'In Awe Of'. "Breaching" ist ein ebenso erdig hartes wie post-metallisch entrücktes Stück ausladender, brutaler Musik, und HUNDRED YEAR OLD MAN etabliert sich augenblicklich in dieser extremen Sparte des Metals. Stark, einfach stark – gerne jederzeit mehr davon!
Anspieltipps: The Forest, Disconnect
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause