HYPOCRISY - 10 Years Of Chaos And Confusion
Mehr über Hypocrisy
- Genre:
- Death Metal
- Penetralia
- The Fourth Dimension
- Osculum Obscenum
- Apocalypse
- Killing Art
- Deathrow (No Regrets)
- Left To Rot
- Until The End
- Pleasures Of Molestation
- A Coming Race
- Fractured Millenium
- Roswell \'47
- Fire In The Sky
- The Final Chapter
Rückblende: Die glorreichen 80er Jahre liegen in den Endzügen, als sich in den Sümpfen Floridas eine völlig neue metallische Mixtur entwickelte, die sich erfolgreich anschickte, die Welt im Sturm zu erobern: Death Metal. Stumpf, roh und brutal in ihrer Ursprungsform war diese auch schnell in Europa etabliert, und schon bald fanden die ersten Abwandlungen statt: Die Todesmetaller in Skandinavien frönten ihrer Liebe zu folkloristischen Melodien und dem obligatorischen Hang zur Melancholie, und der Melodic Death trat seinerseits den Eroberungsfeldzug an. Die Amerikaner hingegen versuchten, hohes technisches Niveau und Jazz-Anleihen mit gnadenloser Brutalität zu vereinen, was Göttergaben wie die Outputs von ATHEIST, CYNIC, NOCTURNUS oder die neueren Alben von DEATH zur Folge hatte.
HYPOCRISY aus Schweden waren zu Beginn dieser Ära ein Mauerblümchen im Fahrtwasser von Combos wie ENTOMBED oder DISMEMBER, zwar durchaus begabt, sicherlich aggressiv, aber nicht wirklich eigenständig.
Dies sollte sich mit dem dritten Lonplayer, „The Fourth Dimension" (’94), schlagartig ändern: Beim Titelstück vereinte man geschickt grossartige Melodien mit deftigen Growls, während die Chose in relativ gemäßigtem Tempo von Statten ging, und sogar vor einem Keyboard-Intro schreckte man nicht zurück. Die Balance zwischen schnellen, knüppelnden Songs und schon hymnemartig anmutenden Kompositionen war gefunden, und HYPOCRISY zelebrieren dies bis heute in einer einzigartigen Art und Weise, welche die Band zu ihrer absoluten Ausnahmestellung im Business verhalf. Aber nicht nur musikalisch stellen die Schweden eine Ausnahme dar - mit Peter Tägtgren, seines Zeichens Gitarrist, Sänger, Songwriter und Producer (und nebenbei noch Besitzer des mittlerweile legendären Abyss-Studios), hat man einen Sympathiebolzen in den eigenen Reihen, wie es in Europa kaum noch einen anderen geben dürfte. Unvergessen bleibt der Auftritt beim ‘99er Dynamo-Open-Air, bei dem die Band vom restlos begeisterten Publikum „ausgeklatscht" wurde und Meister Tägtgren fast die Rührungstränen in den Augen standen.
Zum zehnjährigen Bandjubiläum riefen HYPOCRISY die Anhängerschar auf, die besten Songs der gesamten Bandgeschichte auszuwählen, und das Ergebnis ist „10 Years Of Chaos And Confusion".
Dass der Perfektionist Tägtgren nicht einfach die ausgewählten Songs auf Silikon bannen würde, war klar. Nicht umsonst geniesst der Herr seinen ruf als bester Soundhexer, und so wurden alle auf dem Silberling vertretenen Songs, die im Original nicht von der aktuellen Besetzung (Tägtgren (v./g.) - Hedlund (b.) - Szöke (d.)) eingespielt wurden, kurzerhand in ein neues Soundgewand gehüllt. Sprich: Alle Songs ab „Abducted" (’96) wurden remastert, aller vorherigen neu eingespielt und mit einem perfekten Sound versehen, welcher den letzten beiden Veröffentlichungen - dem Meisterwerk „Hypocrisy" (’99) sowie „Into The Abyss" (’00) - in nichts nachsteht.
Diese Tatsache kommt nicht nur „Penetralia", „Osculum Obscenum", „Left To Rot" und „Pleasures Of Molestation", den Death Metal-Granaten der Frühphase, zu Gute, sondern ganz besonders den Hymnen - allen voran das bereits erwähnte „The Fourth Dimension" sowie „Apocalypse". Erstere möchte ich in dem neuen Soundgewand von 2001 sogar eines der besten Stücke der Bandgeschichte bezeichnen.
Der HYPOCRISY-„Hit", „Roswell ‘47", ist selbstverständlich auch vertreten, ebenso wie die Glanzpunkte der letzten drei Langrillen, u.a. „Until The End", „A Coming Race", „Fractured Millenium" und „Deathrow (No Regrets)". Somit ist „10 Years Of Chaos And Confusion" ein amtlicher Querschnitt durch alle Schaffensperioden der sympathischen Nordlichter, bei dem es weder an hymnenhaftiger Melodieverliebtheit, noch an brutalem Geprügel fehlt. Schade bloss, dass Geschosse neueren Datums scheinbar beim Großteil der Fans nicht so hoch im Kurs stehen. Im Übrigen sind die einzelnen Songs wieder so taktisch geschickt plaziert, wie es schon bei „The Final Chapter" der Fall war: Schnell - langsam - schnell, von daher der Tip an alle zartbesaiteten Gemüter: Stets bei den geraden Tracks bleiben!
Neben dem normalen, vierzehn Songs umfassenden Album wird es auch eine limitierte Special Edition geben, welche eine weitere CD enthält, auf der neben diversen Videoclips, den Orignal-Demo-Tapes aus den Jahren 1991 und 1992 auch ein neuer, bisher unveröffentlichter Song namens „Turn The Page" vertreten sein wird. Mir liegt diese zweite Scheibe leider nicht vor, aber in Anbetracht der Qualität der Best-Of-Scheibe dürfte es sich um eine lohnende Anschaffung handeln.
„10 Years Of Chaos And Confusion" ist ein detailliert und liebevoll gestaltetes Dankeschön an die zahlreichen Fans der Truppe, welches aufzeigt, dass man getrost noch eine weitere Dekade mit HYPOCRISY als Szeneflaggschiff auf Ausnahmekurs rechnen darf.
Fans wissen was zu tun ist, aber auch Leute, für die diese Art der Heuchelei Neuland ist, sollten mindestens ein Ohr riskieren - it’s worth it!
Anspieltipps: The Fourth Dimension, Osculum Obscenum , Deathrow (No Regrets), Fractured Millenium, Roswell ‘47
- Redakteur:
- Rouven Dorn