HYPOCRISY - Into The Abyss
Mehr über Hypocrisy
- Genre:
- Death Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 22.08.2000
- Legions Descend
- Blinded
- Resurrected
- Unleash The Beast
- Digital Prophecy
- Fire In The Sky
- Total Eclipse
- Unfold The Sorrow
- Sodomized
- Deathrow (No Regrets)
HYPOCRISY gilt als Vorzeigeband des Death Metal. Nicht weil sie musikalische Bereiche ausloten, die keine andere Band bisher ausgelotet hat. Sondern weil sie innovativ und kreativ immer wieder ihren Stil veränderten und verändern, ohne die altgedienten Fanschaaren zu vergrätzen.
Mal Orkangeschwindigkeiten, mal doomig, mal mit aufhellenden Melodien, mal mit abgrundtiefem Hass. HYPOCRISY haben alle Phrasierungen des Death Metal gelebt und sind damit als extreme Band an die Spitze internationaler Vergleiche gewachsen.
Allen voran Peter Tägtgren, seines Zeichens Brüllwürfel, Saitendehner, Hauptsongwriter und Produzent, der in seinem Abyss-Studio für den nötigen punch sorgte.
Auf "Into The Abyss" sägt alles. Die Klampfen schneiden des zentrale Nervensystem in ein zentrales Streifensystem, der Bass fungiert als unbarmherzige Darmpumpe und die Drums verzieren jedes Innenohr mit gedengelter Oberfläche. Das wirklich perverse und einzigartige an HYPOCRISY, ist und bleibt aber schlußendlich der Gesang. Tägtgren legte immer schon extrem viel Wert auf den Ausdruck seiner lyrischen Ergüsse und erhebt die Gesangsarrangements auf "Into The Abyss" zur Kunstform. Ich möchte mal wissen, wie viele vocals da teilweise übereinander liegen.
Mit dem Death-Metal-Tornado 'Legions Descend' knüppelt die CD zerstörerisch wie eine Furie drauf los. Das Riffing ist fernab jeder lebbarer Realität, während die Schlagwerkarbeit in bester bodenständiger Thrash-Manier vollzogen wird. Ohne Kompromisse hämmern HYPOCRISY unumgänglich ihre Trademarks in jeder schwarzen Seele ein, die nicht schnell genug in Deckung geht. Ein glasklarer Todeshit!
'Blinded' vereint diese Böswilligkeit mit einem Tick Hardcore und plättet mit seinem extrem düster-melodischen Refrain jeden Huldiger dunkler Metalkunst. Lars Szöke agiert mit seinem timingsicheren Spiel immer etwas im Hintergrund, während Meister Peter in der frontline seine Hasstiraden in die Welt hinausschreit. 'Blinded' ist somit der zweite amtliche Oberhammer auf "Into The Abyss".
'Resurrected' ist ein Meilenstein des doomigen Death Metal. Die Nummer brennt sich mit unterschwelliger Boshaftigkeit und unaufhaltsamer Gelassenheit im Langzeitgedächtnis ein. 'Resurrected' ist unwiderstehlich, ein groovender Monolith aus Metall, den niemand zu erklimmen vermag. Melodisch und dennoch unendlich finster, harmonisch und dennoch unendlich tödlich. Unfassbar!
'Unleash The Beast' ist eine zu Audiosignalen mutierte Bestie, die mit einem Bollwerk an Härte in den Bann schlägt. Mehr im Thrash Metal verwurzelt, stilisiert Tägtgren seine vocals in völlig neuen, noch nie dagewesenen Brutalitätsgraden. Die Stimmen klingen wirklich, als hätte sich Belzebub persönlich im Mittelohr eingenistet und sich vorgenommen, so lange seinem Missmut mit growls und screams freien Lauf zu lassen, bis dem gepeinigten Opfer der Schädel platzt.
'Digital Prophecy' ist sehr experimenteller, technisch versierter und heftigst gethrashter Death Metal. Komische Aussage? Jawoll! Es ist auch eine komische Mischung, die nicht klarer einzugrenzen ist. 'Digital Prophecy' ist fies und brachial, macht keine Gefangenen und hinterlässt eine breite, brennende Schneise der Verwüstung. Besser?
Das anschließende 'Fire In The Sky' ist ein typischer HYPOCRISY-Stampfer. Genau dieser Stil hat die Schweden berühmt gemacht. Im Midtempo doomend und mit monumentalen Harmonien, knüppeln sich die Herren hymnisch durch den Song und ermöglichen dem atemlosen Hörer einen Moment der Klarheit und der Ruhe.
Mit 'Total Eclipse' folgt der verfrühte Todesstoß, da es ja eigentlich noch drei weitere Nummern zu bestaunen gibt. Man läuft aber Gefahr, dieses genial einfache und hyperbrutale Kunstwerk nicht zu überstehen. Wieder einmal sprengen die vocals alle Grenzen und wieder einmal sägen die Klampfen unbarmherzig in der Magengrube.
Als ob Meister Tägtgren den tödlich verletzten Hörer bei der Stange halten wolle, schließt sich mit 'Unfold The Sorrow' wieder eine dieser typischen HYPOCRISY-Stampfhymnen an. Ich persönlich kann der Nummer nicht wirklich viel abgewinnen, da sie im Vergleich zum todbringenden Rest etwas behäbig wirkt. Mancher Traditionalist wird mich jetzt in die Hölle wünschen, aber der Track hat was von PARADISE LOST. Ohne Scheiß!
Das Muster für abgedrehten und alles einstampfenden Death Metal firmiert für mich unter dem Titel 'Sodomized'. Heilige Scheiße, ist das Teil brutal. Völlig entfesseltes Riffing und wieselflinke Hooks pfeifen dir in einem Metalsturm um die Ohren, der nichts dem Zufall überlässt und die Lebenslichtlein eines Jeden löscht. Brett, Oberbrett, HYPOCRISY!
Zu guter Letzt lassen uns die Schweden mit 'Deathrow (No Regrets)' an einem mächtigen, majestätischen und monumentalen Stück Death Metal teilhaben, das in dieser Form nur von HYPOCRISY stammen kann. Dieser Stil ist unverwechselbar wie kein zweiter und hat einen Wiedererkennungswert von einhundert Prozent. 'Deathrow (No Regrets)' ist ein melodischer und getragener Track, der sich zugleich beruhigend und beängstigend auf das Gemüt des Hörers legt. Man fühlt sich in seiner Unwohlheit wohl.
Keine zweite Band kann musikalisch so gekonnt mit intensiven Gefühlen wie Hass oder Angst spielen wie die Herren Tägtgren, Szöke und Hedlund. Die vocals entreißen einen mit ihrer emotionalen Tiefe in die Abgründe der menschlichen Seele und die Abgründe des Todesmetalls. Diese Emotionalität macht die Band trotz ihrer musikalischen Schroffheit und Härte jederzeit eingängig.
Hypocrisy sind mehrschichtig und mehrdimensional und niemals in ihrer Entwicklung stehen geblieben. Allein deshalb steht ihnen ein Platz auf dem Metalolymp zu.
Für mich persönlich ist "Into The Abyss" der stärkste Output der Schweden, da er wie kein zweiter Release der Band solch unterschiedliche Stilelemente verbindet und die entstandenen Kontraste so effizient auslotet.
HYPOCRISY sind noch lange nicht am Ende, obwohl manch nachfolgendes Album zu wünschen übrig ließ. Im Endeffekt bleibt jedoch immer die musikalische Innovation und Kreativität, auf die man sich im Falle HYPOCRISY jederzeit verlassen kann.
Anspieltipps: Legions Descend, Blinded, Resurrected, Unleash The Beast, Total Eclipse, Sodomized
- Redakteur:
- Alex Straka