ICED EARTH - The Dark Saga
Mehr über Iced Earth
- Genre:
- Power Metal
- Label:
- Century Media / EMI / SPV
- Release:
- 20.05.1996
- Dark Saga
- I Died For You
- Violate
- The Hunter
- The Last Laugh
- Depths Of Hell
- Vengeance Is Mine
- Scarred
- Slave To The Dark
- A Question Of Heaven
1992 schuf Todd McFarlane die Comicfigur "Spawn", einen ehemaligen Spezialagenten, der nach seiner Ermordung mit dem Teufel einen Pakt schließt, um auf die Erde zurückkehren und noch einmal seine Frau sehen zu können, dann jedoch als General der Hölle rekrutiert werden soll und im weiteren Verlauf der Geschichte um seine Unabhängigkeit ringt.
1996 nahm sich die Power-Metal-Band ICED EARTH des Stoffes an und schrieb darum ihr Album "The Dark Saga", das hier besprochen wird. Im folgenden Jahr 1997 folgte eine Realverfilmung von Mark Dippé, zu der auch die CD "Spawn: The Album" erschien, auf der Stücke zu hören sind, die jeweils durch die Zusammenarbeit von Künstlern aus der Rockmusik und aus der elektronischen Musik entstanden sind. Dort dominierte vor allem rhythmisch-atmosphärisches, bei ICED EARTH dagegen eingängig-bombastischer Heavy Metal, der in epischer Breite zelebriert wird. John Schaffers Hoffnungen, mit ICED EARTH eventuell selbst einen Beitrag zum Soundtrack des Films leisten zu können, waren damit dahin.
Die Songtexte von "The Dark Saga" erzählen aus verschiedenen Perspektiven. Besungen werden Al Simmons (= Spawn), der Protagonist, sein böser Mentor & Feind The Violator ('Violate'), der Höllenfürst Malebolgia ('The Last Laugh') und die himmlische Kopfgeldjägerin Angela ('Hunter'). Mitunter sprechen sie selbst durch die Songs, doch natürlich gibt es immer wieder auch eine Erzählerstimme, die über dem Geschehen schwebt und es kommentiert.
ICED EARTH haben mit "The Dark Saga" ein beeindruckendes Konzeptalbum abgeliefert, welches gekonnt Thrash Metal, Power Metal und gelegentliche Einflüsse aus dem traditionellen Heavy Metal und dem Progressive Metal miteinander verschmilzt. Dabei ist es ihnen gelungen, eine durchgehenden roten Faden sowohl textlich als auch musikalisch zu entwickeln sowie bei durchaus gegebener Abwechslung eine geschlossene Atmosphäre zu kreieren. Härte und Bombast halten sich zumeist die Waage, und der Wiedererkennungswert des Albums ist enorm hoch. Trotz zahlreicher Breaks wirken die Songs ziemlich flüssig, und auch spiel- und soundtechnisch gibt es von meiner Seite aus nichts zu bemängeln.
Neben variantenreichen Midtempostücken ('Dark Saga', 'Depths Of Hell', 'Scarred') und teils thrashig angehauchten Melodic-Power-Metal-Songs ('Violate', 'The Hunter', 'Vengeance Is Mine'), gibt es mit 'The Last Laugh' und 'Slave To The Dark' noch zwei irgendwo dazwischen angesiedelte Bastarde sowie mit 'I Died For You' und 'A Question Of Heaven' zwei durchweg melodisch dominierte Heavy-Metal-Epen im genreklassischen Format auf die Ohren.
Bleibt die Frage, ob einem der Stil dieser Songs liegt oder eher nicht. Hierzu ist anzumerken, dass, wenn man sich erst einmal eingehört hat, die enorme Eingängigkeit des Albums ihm jedoch auch zum Verhängnis werden kann. Aufgrund des mittleren Tempos der meisten Stücke, zumindest aber aufgrund des epischen Charakters der Kompositionen und des Mangels an wirklichen Überraschungen im durchweg 'klassischen', an den Traditionen diverser Metal-Genres orientierten Songwriting, bleiben Aha- oder gar Oho-Effekte langfristig aus. Die ansatzweise progressive Ausrichtung von "The Dark Saga" aber verhindert das mitreißende Element, die direkte Dynamik mitschmetterbarer Hymnen, die musikalische Durchschlagkraft, die man von einer derartigen Metalplatte erwarten könnte. Stattdessen warten ICED EARTH mit einer Extraportion operettenhaftem Pathos auf, womit sie sich in grenzwertige Gefilde wagen.
Es hängt wohl vom eigenen ästhetischen Empfinden ab, ob man das Album als kitschige Käseplatte diverser Genrespielarten abtut oder als grandiose Verschmelzung metallischer Tugenden glorifiziert. Ich bin da etwas unentschlossen, allerdings durch diese Unentschlossenheit auch nicht weiter beunruhigt, da ich mir von der Scheibe mittlerweile keine großartigen musikalischen Erleuchtungen mehr erhoffe. Einen Logenplatz in meinem Herzen erspielen konnte sie sich langfristig unbeschadet aller zweifelsohne vorhandenen metallischen Tugenden leider nicht. Es bleibt ein handwerklich äußerst gut gemachtes Album, das mich dennoch irgendwie lauwarm zurücklässt. Allerdings bin ich ausgewiesenermaßen kein Fan der Band, und nach allem, was mir bislang von ICED EARTH zu Ohren kam, würde ich "The Dark Saga" mit Abstand als das ausgereifteste und am wenigsten anstrengende / langweilige Werk der Band bezeichnen.
Daher geht an dieser Stelle meine ausdrückliche und uneingeschränkte Empfehlung nur an alle Fans des epischen Power Metal raus. Alle anderen sollten vorher besser mal reinhorchen. Das sollten allerdings auch jene Fans des Comics, die mit Metal bisher weniger zu tun hatten, etwas härter gespieltem Bombastrock jedoch nicht prinzipiell abgeneigt sind. Hierüber könnten sie aufgrund der pathoserfüllten Eingängigkeit eventuell einen ersten Zugang zum Heavy/Thrash/Power Metal finden.
Anspieltipps: The Hunter, Vengeance Is Mine
- Redakteur:
- Eike Schmitz