IHSAHN - The Adversary
Mehr über Ihsahn
- Genre:
- Avantgarde / Progressive / Black Metal
- Label:
- Candlelight / Soulfood
- Release:
- 28.04.2006
- Invocation
- Called By The Fire
- Citizen
- Homecoming
- Astera Ton Proinon
- Panem Et Circenses
- And He Shall Walk In Empty Places
- Will You Love Me Now?
- The Pain Is Still Mine
Auf die Frage, ob es denn irgendwann ein weiteres EMPEROR-Album geben würde, war von Vegard Sverre Tveitan (alias Ihsahn) kürzlich zu hören, dass er dies für unwahrscheinlich halte, es aber nicht völlig ausschließen könne. Im Übrigen sei er der Meinung, dass jene, welche "The Adversary" gehört haben, seine alte Band gar nicht mehr vermissen würden. Trägt er damit denn nun zu dick auf, oder ist was dran?
Wollen wir mal schauen... Bereits das erste Stück 'Invocation' macht unmissverständlich klar, dass Meister Ihsahn nicht gewillt ist, seine Wurzeln zu verleugnen. Die Riffs und Melodien, Harmonien und Disharmonien haben doch eine sehr eindeutige EMPEROR-Schlagseite. Vertrackt und anspruchsvoll, aber doch immer wieder auf typisch nordisch-schwarzmetallische Grundmotive zurückgreifend. Dazu Ihsahns unverkennbares, heißeres und doch sehr verständlich betontes Keifen und die majestätisch-düstren Keyboards, die dennoch nicht überfrachtet wirken. Die Richtlinie scheint klar. Positiv fällt auf, dass das Stück weniger verschachtelt und etwas leichter zugänglich erscheint, als der Großteil des "Prometheus"-Materials, was für den Einstieg ja nicht schaden kann. Eine ausgedehnte progressiv-entspannte Passage mit cleanem Gesang ist ebenfalls enthalten, so dass ich den Opener im Endeffekt als schlüssige Mischung aus der Atmosphäre von "Anthems..." und neuerer Komplexität beschreiben kann.
Das folgende 'Called By The Fire' gibt sich metallischer im klassischen Sinne. Ein starker MERCYFUL FATE-Einfluss ist sowohl musikalisch als auch gesanglich kaum zu verleugnen. Ihsahns Klargesang hatte für mich schon immer was von King Diamond. Vielschichtig und abwechslungsreich, intensiv und eindringlich. Auch im Gitarrenbereich wird hier mehr gerockt als es für EMPEROR üblich war, was allerdings nicht auf Kosten der Progressivität geht. 'Citizen' ist dann wieder mehr im Black Metal zu Hause. Schnelles, technisches Riffing, krasses aber nachvollziehbares Blasting mit einigen schrägen Fills von Meister Asgeir Mickelson (SPIRAL ARCHITECT, BORKNAGAR). Dazu kommt aber auch ein sehr melodisches Piano- und Leadgitarren-Interludium mit klassischen Anklängen. Bei 'Homecoming' bewegen wir uns dann gar in noch spacigere Dimensionen und erleben eine kleine Ehrerbietung an die Siebziger, welche ich in den eigenwilligen Synths und den sehr organisch und trocken klingenden Leadgitarren zu finden glaube. Komplex und entrückt, teilweise gar ausgesprochen psychedelisch, aber dennoch reich an einprägsamen Momenten.
Ein weiteres ganz großes Glanzlicht tischt uns der einstige Kaiser mit 'Astero Ton Proinon' auf, das einen eindrucksvollen Bogen vom ruhigen, beschaulichen Abschnitt mit eigenwilligem Gesang und ebensolcher Instrumentierung bis zum majestätisch-getragenen Black-Metal-Ausbruch schlägt. Sicher gewöhnungsbedürftig, aber doch ganz groß. 'Panem Et Circenses' paart klassische EMPEROR-Gitarrenfragmente, mit erneuten KING DIAMOND-Anklängen, neoklassischen Orchestrierungen und ein wenig Raserei, während 'And He Shall Walk In Empty Places' IHSAHN noch einmal sehr nahe an die Black-Metal-Legende rückt, ohne dabei auf Passagen zu verzichten, die man in dieser Weise noch nicht vom Protagonisten gehört hat. Mit 'Will You Love Me Now?' wagt sich der Meister gar an so etwas wie eine "Fast-Ballade", die auf eigenwillige Art zwischen aggressiver Düsternis und träumerischer Eleganz pendelt. Meist in getragenem Tempo mit einigen wohl dosierten Ausbrüchen. Die Scheibe wird schließlich vom mächtig episch angelegten 'The Pain Is Still Mine' abgeschlossen, das zunächst von ausladenden Keyboardteppichen eingeleitet wird, bevor majestätische Gitarren in getragenem Tempo die Epik noch mehr unterstreichen. Auch hier finden wir zarte Berührungen zum EMPEROR-Stil, viel klassische, verträumte Piano-Arbeit und den einen oder anderen Schlenker hin zu traditionell-metallischen Riffs und Hooks.
Während also das IHSAHN-Debüt keineswegs als absolut konsequente EMPEROR-Fortsetzung durchgeht, finde ich in "The Adversary" doch sehr viel von dem wieder, was ich an EMPEROR so gerne gemocht habe. Die neuen Elemente und Facetten stammen ebenfalls aus musikalischen Bereichen (Prog, Avantgarde, Psychedelic Rock und klassischer Metal), mit denen ich persönlich sehr viel anfangen kann, so dass mich diese Scheibe wirklich auf ganzer Linie überzeugt. Dies um so mehr, wenn man bedenkt, dass Ihsahn mit Ausnahme des Schlagzeugs für alle Instrumente und Gesangsparts selbst verantwortlich war. Was ich zudem besonders positiv bewerte, ist die Tatsache, dass es hier trotz aller Progressivität gelingt, das komplexe Ganze mit sehr vielen Hooks zu versehen, die "The Adversary" beachtlich schneller fassbar werden lassen und etwas weniger anstrengend gestalten als noch "Prometheus".
Anspieltipps: Invocation, Called By The Fire, Homecoming, Astera Ton Proinon, The Pain Is Still Mine.
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle