INSOMNIUM - Shadows Of The Dying Sun
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2014
Mehr über Insomnium
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Century Media (Universal)
- Release:
- 25.04.2014
- The Primeval Dark
- While We Sleep
- Revelation
- Black Heart Rebellion
- Lose To Night
- Collapsing Words
- The River
- Ephemeral
- The Promethean Song
- Shadows Of The Dying Sun
Zum Sterben schön
INSOMNIUM ist keine Band, die "einfach" Alben schreibt. Folgt man dem Blog des Gitarristen und Hauptverantwortlichen Ville Friman, merkt man, mit welcher Sorgfalt die Band zu Werke geht. Diese Arbeitsweise bewährt sich offensichtlich, da die Band mit ihrem sechsten Album ein weiteres Mal ein Genre-Highlight abgeliefert und ihren eigenen Stil weiter ausgelotet hat.
Den Anfang macht wie immer das seit dem dritten Album "Above The Weeping World" etablierte "Insomnium-Intro", betitelt 'The Primevil Dark': Aus der anfänglichen Stille wird langsam ein Motiv gesponnen und dem Hörer so der perfekte Weg in eine Welt voller Melancholie und Dunkelheit eröffnet, die aber immer wieder – trotz des Albumtitels – auch Sonnenstrahlen und so etwas wie eine ruhige Gelassenheit zulässt. Die beiden folgenden "richtigen" Songs, 'While We Sleep' und 'Revelation' (insofern man sich des Einflusses der GEMA entziehen konnte) brauche ich hier kaum noch vorzustellen, da inzwischen die meisten Interessierten wohl die Videos dazu gesehen haben werden. Ersterer ist ein typischer INSOMNIUM-Song, der alle Merkmale dieser, wie ich finde, sehr eigenständigen Band vereint: treibende und ruhige Momente, sehr rhythmisches Riffing und akustisches Zwischenspiel, die dynamische Steigerung hin zu einem großen Refrain und der Wechsel zwischen Niilos Growls und Villes Klargesang. Die von Neuzugang Markus Vanhalla (auch OMNIUM GATHERUM) geschriebene 'Revelation' kann man zumindest musikalisch durchaus als eine solche verstehen, da sie für viele Fans sicher eine Erleichterung darstellt. Die Befürchtung, dass sich die Band durch ihn immer mehr in Richtung seiner anderen Band entwickeln wird, könnten so auf jeden Fall gestillt werden. Das Stück ist nämlich nicht nur großartig und abwechslungsreich, sondern schielt dabei mit erhöhter Geschwindigkeit dezent in die etwas schwedischere Vergangenheit der Band, hat aber auch wieder einen großartigen Refrain und ein für INSOMNIUM-Verhältnisse ungewöhnlich verspieltes Solo, was mir persönlich sehr gut gefällt.
Die Standards sind also etabliert, der Neue darf auch bleiben und man merkt, die Band geht nicht zurück zu den Wurzeln, sondern schaut weiter nach vorne. Wie sehr, verrät das folgende 'Black Heart Rebellion', das mit furiosen Blastbeats (!) und besonders zum Ende hin mit einer alles niederwalzenden Doublebass-Wand zu überraschen weiß. Mit 'Lose To Night' kommt nun der ruhigste und elegischste Song des Albums, der anfangs Reminiszenzen an 'One For Sorrow' weckt und einen sehr schönen, klar gesungenen Refrain hat. 'Collapsing Worlds' ist typisch INSOMNIUM und erinnert mich vom wieder in den Vordergrund rückenden Riffing her teilweise sogar etwas an "Above The Weeping World". Weil das Blastbeat-Experiment drei Songs vorher schon so gut funktioniert hat, wird es in 'The River' kurzerhand wiederholt. Hier allerdings etwas langsamer und im Weiteren mit Fokus auf akustischen Parts.
Es ist ja durchaus üblich, als vorab-Single einen für das Album eher ungewöhnlichen Song auszukoppeln. Das gilt auch für 'Ephemeral', welcher als gleichnamige EP mit einigen Akustik-Boni letztes Jahr veröffentlicht wurde und meinem Eindruck zufolge von einem gewissen Teil der Hörerschaft viel Kritik á la "zu fröhlich und zu viel OMNIUM GATHERUM" einstecken musste. Letzteres möchte ich nicht beurteilen. Ansonsten lässt sich sagen, dass der Song sicherlich ungewöhnlich eingängig und auch "fröhlich" klingt, aber als solcher eine schöne Erweiterung des Bandsounds darstellt. Von den Arrangements gibt es im Vergleich zur EP nur einige wenige, kleine Änderungen. Die beiden abschließenden Stücke besinnen sich dann versöhnlicher Weise wieder auf die ganze Bandbreite an melancholischen Gefühlen von Sehnsucht bis hin zu Verlorenheit, während man sich musikalisch in den elegischsten Gefilden des Bandsounds schwelgt, wodurch dem Album ein sehr emotionaler, aber auch etwas ruhigerer Abschluss beschert wird.
So sehen also einige oberflächliche Gedanken zu diesem großartigen Album aus. Dabei habe ich das Gefühl, dass ich noch nicht ausreichend gewürdigt habe, mit welchem Abwechslungsreichtum die Band auf "Shadows Of The Dying Sun" zu Werke geht. Mit fünf weiteren Alben im Rücken haben sich die Finnen immer Mühe gegeben, eigenständig zu klingen und dabei ihren Sound zu entwickeln, ohne an Widererkennungswert zu verlieren. Genauso wie die großen Emotionalität, die hier schönerweise nicht nur verschiedene Schattierungen von Trauer umfasst, weist die Musik einen großen Detail- und Abwechslungsreichtum auf. Die Stücke sind dynamisch und nicht vorhersehbar, haben aber trotzdem ihre eingängigen Höhepunkte, was auch für das Album als Ganzes gilt. Kurz und gut: Auch 2014 macht INSMONIUM alles richtig und kann sich mit einem gleichermaßen schönen wie auch berührenden Album weiterhin in der Königsklasse des Melodic Death Metal behaupten.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Christian Schwarzer