IOTUNN - Kinship
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/24
Mehr über Iotunn
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Metal Blade (Sony)
- Release:
- 25.10.2024
- Kinship Elegiac
- Mistland
- Twilight
- I Feel The Night
- The Coming End
- Iridescent Way
- Earth To Sky
- The Anguished Ethereal
Eine Band wie keine andere.
"Access All Worlds" kam 2021 als willkommene Überraschung mitten in der Pandemie. Die Band hatte sich gerade mit Jón Aldará einen der besten Metalsänger, die man zurzeit haben kann, verstärkt und nach einer guten EP direkt ihren eigenen Sound gefunden. Drei Jahre später tritt das skandinavische Konglomerat an, diesen Erfolg zu wiederholen. Bühne frei für "Kinship".
"Wir wollten unseren Zuhörern näher kommen und sie noch mehr bewegen. Das erforderte, dass wir selbst zerbrechlicher wurden", sagt Gitarrist Jesper Gräs über "Kinship". Die Band ist nicht nur in dieser Hinsicht all ihren Ansprüchen gerecht geworden und zeigt ihre kompositorische Klasse über die imponierende Distanz von 70 Minuten. Selbstbewusst bekommen mir mit 'Kinship Elegiac' den längsten Song des Albums als Opener serviert (knappe 14 Minuten), der unkonventionell startet. Nur Jóns fragiler Gesang und die mehrstimmige Gitarrenbegleitung eröffnen des Album, ehe die ersten Gänsehaut-Leads unseren Ohren schmeicheln. Der dänisch-faröische Fünfer hat sich schon mit seinem zweiten Album einen Signature-Sound erschaffen, der es wie nur wenige Bands schafft, wunderschöne Gitarrenmelodien mit Entenpellen-Gesang und metallischem Unterbau so zu verweben, dass einem gleichzeitig ein dicker Kloß om Hals steckt und man die Faust nach oben recken möchte. Oberflächlich lässt sich vieles auf "Kinship" mit dieser Formel zusammenfassen, was aber der Klasse des Albums natürlich nicht ansatzweise gerecht wird.
Nehmen wir exemplarisch 'Twilight', das mit Epic-Metal-Gitarren im ATLANTEAN KODEX-Stil beginnt, Sprechgesang über Melo-Death-Klampfen legt und völlig selbstverständlich zu einer Stadion-Death-Metal-Nummer wächst, die die letzten Alben von AMON AMARTH ganz alt aussehen lassen. Der elegische Klargesang von Jón ist dann noch die Himbeere auf dem Zuckertörtchen, meine Güte hat dieser Mann eine variable Stimme! Wer Schwierigkeiten hat, in den ersten Durchläufen alles wahrzunehmen, was die Mannen sich bei diesem und quasi allen anderen Songs überlegt haben, der findet mit 'Iridescent Way' zumindest eine kurze Verschnaufpause auf dem Album. Eine von der Gitarrenmusik der Romantik inspirierte Begleitung setzt wieder einmal Jón ganz wunderbar in Szene - hier geht es nicht um Staunen, sondern um Zurücklehnen und Genießen.
Wie schon auf dem Debüt "Access All Worlds" gibt es auch dieses Mal ein Finale sondergleichen. Die zwei abschließenden Songs 'Earth To Sky' und 'The Anguished Ethereal' blasen so ziemlich alles weg, was wir in den letzten Jahren im Bereich nordischen Progmetals mit Doom- und Death-Anleihen so gehört haben. Völlig kitschfrei, dabei eingängig und trotzdem nachhaltig. IOTUNN macht aus einer Gratwanderung einen Parforceritt.
Glücklicherweise wird im letzten Song die Geschwindigkeit, aber nicht die Intensität etwas heruntergefahren, sodass man sich gebührend von "Kinship" verabschieden kann. Jedenfalls bis man wieder den Drang verspürt, das Album aufs Neue zu erkunden, zu erfahren. Ein absolutes Jahres-Highlight!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Nils Macher