IRON MAIDEN - No Prayer For The Dying
Mehr über Iron Maiden
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- EMI
- Release:
- 01.10.1990
- Tailgunner
- Holy Smoke
- No Prayer For The Dying
- Public Enema Number One
- Fates Warning
- The Assassin
- Run Silent Run Deep
- Hooks In You
- Bring Your Daughter...To The Slaughter
- Mother Russia
Ich habe mit Schrecken festgestellt, dass dieses 1990 veröffentlichte Album des britischen Metal-Flagschiffs IRON MAIDEN noch nicht rezensiert wurde. Das ist ein glasklarer Fauxpas.
Natürlich ist das Album allseits diskutiert worden und zudem das meist verpönte aller IRON MAIDEN-Scheiben der Dickinson-Ära. Wir wollen aber die Kuh im Dorf lassen und objektiv an die Sache rangehen. Gerade das fällt mir als MAIDEN-Maniac Nummer Eins, der die Band abgöttisch liebt, gar nicht so leicht.
Nennen wir zunächst die Fakten. IRON MAIDEN hatten bis dato noch kein einziges schlechtes Album veröffentlicht und waren nach mehreren Welttourneen sichtlich ausgebrannt. Folge war, daas Gitarrist Adrian Smith nach Beendigung der "Seventh Son Of A Seventh Son"-Tournee das Handtuch warf, um sich zukünftig eigenen Projekten zu widmen. Logische Konsequenz war der Einstieg von Janick Gers, der bereits Dickinsons erstes Soloalbum "Tattooed Millionaire" mit seinen Gitarrenkünsten veredelt hatte. Zum ersten Mal entschied sich die Band für den heimatlichen Proberaum (Steve Harris´ Barn somewhere in England) als Aufnahmelocation und begann 1989, den Nachfolger des Megasellers "Seventh Son Of A Seventh Son" einzuspielen. Die Spannung war ungemein groß, die Ernüchterung ebenso. Die metallische Fangemeinde war teilweise vergrätzt durch den rockigen Flair, den die Scheibe offenbart. Hatte man doch nach dem düsteren "Seventh Son Of A Seventh Son"-Output etwas ganz Anderes erwartet...!
"No Prayer For The Dying" startet mit 'Tailgunner’, einer typischen IRON MAIDEN-Uptempo-Granate, voll durch. Nicko zockt wie neugeboren und die Klampfen rocken ohne Ende. Dickinsons mehrstimmiger Gesang ist einfach nur göttlich und lässt keine Fragen offen. Ich habe die Nummer damals in Frankfurt live erlebt und weiß, dass sie den Band-Klassikern in keiner Weise nachsteht.
Es folgt die Single-Auskopplung 'Holy Smoke', die ebenfalls rockt wie die Sau, aber nicht wirklich IRON MAIDEN verkörpert. Hier fehlt eindeutig der Arsch. Auch wenn die Nummer objektiv betrachtet nicht schlecht ist, ist sie für IRON MAIDEN-Verhältnisse ein Hänger.
Im Anschluss werde zumindest ich fürstlich für das Warten entlohnt und mit 'No Prayer For The Dying' versöhnt. Der Song könnte genauso gut auf "Seventh Son Of A Seventh Son" stehen. Er hat alles, was ein IRON MAIDEN–Epic braucht. Mal ruhig, mal heavy, mal Uptempo, göttliche Leads und Breaks en Masse... Was erwartet man von einem MAIDEN–Song mehr? Diese Nummer braucht sich definitiv hinter keinem Klassiker der Bandhistorie verstecken und könnte auf jedem beliebigen IRON MAIDEN–Release als Highlight stehen. Ebenso verhält es sich mit 'Public Enema Number One'. Wenn dieser Track nicht hundert Prozent IRON MAIDEN ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Stark, stärker, MAIDEN!!!
Mit 'Fates Warning' folgt ein MAIDEN–Stomper, der, mit einem göttlichen Refrain gesegnet, ebenfalls keine Sehnsucht an bessere, ältere Zeiten aufkommen lässt. Im Mittelteil finden sich alle Trademarks der Band gebündelt wieder und selbst der letzte Zweifler wird spätestens nach zwei Minuten anfangen, mit seinen zweifelnden Füßen mitzuwippen.
Fünf Lieder, vier Treffer. Schickt sich gut an.
Im Anschluß folgt mit 'The Assassin' eine für MAIDEN–Verhältnisse extrem düstere Nummer. Ich persönlich mag den Track. Die meisten meiner Freunde, übrigens alles MAIDEN–Fans, hassen ihn jedoch abgrundtief. Ich geh mal davon aus, dass das repräsentativ ist, was die damaligen Reaktionen auf den Live-Gigs erklären würde.
Mit 'Run Silent Run Deep' folgt ein weiteres düsteres IRON MAIDEN–Stück, das mir aber wiederum ganz gut gefällt, aber...!
Was man dem Album wirklich nicht zu Gute halten kann ist, dass es insgesamt gesehen weniger abwechslungsreich als alle anderen MAIDEN-Dickinson-Alben ist. Es rockt zwar alles aus einem Guss, aber teilweise auch zu monoton.
Mit 'Hooks In You' hauen MAIDEN eine geile Hardrock-Granate raus, die tight runtergezockt ist, dass selbst die Raupen auf dem Appelbaum meines Oppas angefangen haben, ihren fetten Stummelschwanz im Takt zu bewegen. Cool, aber ebenfalls not really IRON MAIDEN.
Kontrovers bis Anschlag, und dennoch eine Chart-Nummereins, folgt nun 'Bring Your Daughter To The Slaughter', Dickinsons Soundtrack-Beitrag zur "A Nightmare On Elmstreet"–Reihe. Eines dürfte unbestritten sein: Die Nummer ist gut!
Die Strophen sind effektgeladen intoniert und der Refrain rockt, bis alle Lichter erloschen sind. Aber auch hier fühlt sich der traditionelle MAIDEN-Maniac nicht wirklich heimisch. Zu unmetallisch ist das Material, auch wenn es locker gespielt ist und daher den Coolnessfaktor Zehn verdient.
Zum Abschluss präsentieren IRON MAIDEN mit 'Mother Russia' die metallisch britische Fassung von Mütterchen Russland. Die Nummer ist aufgrund ihrer Strophen sehr gewöhnungsbedürftig und selbst für MAIDEN-Jünger schwer zu konsumieren. Ich persönlich finde aber, dass sie mit jedem Durchgang wächst und gar nicht so weit von Epics wie 'Alexander The Great'("Somewhere In Time", 1986) entfernt ist.
Fazit: Wenn man ein bisschen toleranter an die Sache herangeht, ist "No Prayer For The Dying" kein schlechtes IRON MAIDEN-Album geworden, das ein wenig unter seinem etwas schwachbrüstigen "Proberaum"-Sound leidet und weniger abwechslungsreich ausgefallen ist als alle bisherigen Veröffentlichungen. Nichtsdestotrotz ist das dargebotene Material guter Heavy Metal und verdient es, in jeder Sammlung zu stehen.
Anspieltipps: Tailgunner, No Prayer For The Dying, Public Enema Number One, Fates Warning, The Assassin
- Redakteur:
- Alex Straka