IRON MAIDEN - Somewhere In Time
Mehr über Iron Maiden
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- EMI
- Release:
- 29.06.1986
- Caught Somewhere In Time
- Wasted Years
- Sea Of Madness
- Heaven Can Wait
- The Loneliness Of The Long Distance Runner
- Stranger In A Strange Land
- Deja-Vu
- Alexander The Great
Was war das eine Aufregung 1986. Nach der genialen "Powerslave"-Scheibe schickten IRON MAIDEN sich an, das nächste Studioalbum auf den Markt zu werfen. Zuvor hatten die fünf Briten noch die Doppel-Live-LP "Live After Death" (gehört IMO noch heute zu dem besten auf diesem Sektor) veröffentlicht, die Aufnahmen aus der erfolgreichen "World Slavery Tour" zu bieten hat.
Bereits im Vorfeld zu "Somewhere In Time" gab es Gerüchte über einen Virus bei britischen NWOBHM-Legenden: Wie bei JUDAS PRIEST' "Turbo" (im gleichen Jahr veröffentlicht), sollte auch hier der "Weichmacher" zugeschlagen haben - die Szene munkelte etwas von Gitarren-Synthies - allein die Erwähnung dieses Wortes sorgte für Gänsehaut und Ekelbläschen im Mundwinkel. "Sowas" war doch keine Metal. Sollten auch IRON MAIDEN, wie Ihre Landsleute um Halford und Co, zu kommerziell werden?
Aber immer mit der Ruhe, zwar waren auf dem in Nassau / Bahamas und in Hilversum / NL aufgenommenen und von Martin Birch wie immer fantastisch produzierten Album wirklich die verhassten Synthies zu hören, aber die Songs waren immer doch heftiger als alles, was die Kumpels von JP auf Ihrer Scheibe "Turbo" dem Hörer servierten....
Das Titelstück "Caught Somewhere In Time" eröffnet den Reigen mit melodischen Guitar-Synth-Klängen, bevor das enorm abwechslungsreiche Drum-Spiel von Nico McBrain gemeinsam mit dem Bass das Stück nach vorne treibt. Der Refrain bleibt bereits beim ersten Hören im Ohr. Die gewohnt gutklassigen Riffs und Soli machen das über sieben Minuten lange Stück zu einem echten Hit.
Das wurde aber "Wasted Years", die erste Single-Auskopplung. Langsamer als der Opener, sehr melodisch, wie geschaffen auch für Nicht-Metaller, aber trotz allem kein Gähner. Das zurückhaltende, aber trotzdem aggressive Riffing und der immer gut zu vernehmende Bass steigern sich zum "Ohr-gasmus", dem Chorus Marke "einmal gehört, nie wieder vergessen"
Neben der superben Leistung von Bruce Dickinson, der einmal mehr beweist, dass auch Luftschutz-Sirenen melodisch singen können, zeigt auch Adrian Smith bei den Backing Vocals seine Klasse als Stimmakrobat - wenn auch nicht zu offensichtlich.
"Sea Of Madness" setzt den Reigen munter fort - deutlich aggressiver als der Vorgänger. Allein das Bass-Spiel ist überirdisch und wirklich heavy. Aber auch hier ist der Dreh-und Angelpunkt der Refrain - sanft, melodisch, mit Synth-Klängen. Darüber die fast samtig klingende Stimme von Bruce - welcome Gänsehaut, fast wie bei einer Ballade.
Das noch heute live gespielte "Heaven Can Wait" beschließt Seite 1 der LP. Der Mitsing-Part im Mittelteil des Songs ist jedem bekannt, der mal ein IRON-MAIDEN-Konzert genießen durfte. Schon das Intro erfreut uns mit einem Gitarrensolo, welches aus weiter Ferne zu kommen scheint. Danach eigentlich Gewohntes (abwechslungsreiche Drums, melodische, zwei-stimmige Gitarrenarbeit, deutlich hörbarer Bass) aber fantastisch arrangiert - manche Bands schreiben in 30 Jahren nicht so einen klasse Track. Die Synthdudeleien sorgen auch hier für einen unvergesslichen Chorus.
"The Loneliness Of The Long Distance Runner" gehört zu den unterbewertetesten IRON-MAIDEN-Songs. Sicherlich der härteste Track auf diesem Album, hätte er auch auf "The Number Of The Beast" stehen können. Dazu auch, nach dem wieder sehr melodischen Intro, schneller als die anderen Lieder, dabei sehr rhythmisch. Ein schöner Song zum Bangen. Tipp: Achtet auf die im ersten Moment simpel klingenden Drums - so simpel sind die gar nicht.
Nach dem heftigsten Stück kommt die 2. Single-Auskopplung "Stranger In A Strange Land" in den Genuß, von uns gehört zu werden. Härter als "Wasted Years" schaffen IRON MAIDEN es dennoch, dem Lied mit Hilfe der eingesetzten Gitarren-Synthies einen extrem eingängigen und melodischen Charakter zu verschaffen. Nico und Steve legen den soliden Rhythmus-Teppisch, auf denen sich die beiden Gitarristen austoben können. Bruce beweist einmal mehr, dass er sehr viel mehr kann, als aggressiv zu brüllen.
"Deja Vu" - mit 4:55 min das kürzeste (!) Stück auf "Somewhere In Time". Man sollte sich nicht von dem ruhigen Intro einlullen lassen - neben "The Loneliness..." der härteste Trck auf dem Album. Das Riff geht ins Ohr, hängt sich ans Trommelfell und ist auf Teufel komm raus da nicht meht weg zu bekommen. Achtung Suchtgefahr. Dass es sich mit dem Refrain nicht anders verhält, dürfte klar sein, oder?
Auf zum großen Finale: "Alexander The Great", über 8 min lang, wieder ein Epos vom IRON-MAIDEN-Hirn Steve Harris. Windgeheul untermalt einige gesprochene Worte, Marschmusik setzt ein, sowie eine zarte Melodie - willkommen im alten Persien.
Die 2. Gitarre beginnt ihre Arbeit aufzunehmen - und schon ist man drin, im genialen Stampfer. Die im Chorus eingesetzten, majestätischen Synthies erweisen sich einmal mehr als unheimlich starker Gehörgang-Anker. Der Mittelteil mit seinem orientalischen Bombast schafft problemlos den Übergang in einen sehr gitarrenbetonten Instrumentalpart mit ausgedehnten Soli, bevor es zum Grundrhythmus zurück geht.
Abgerundet wird diese Götterscheibe duch das absolut geniale, "Blade Runner" - inspirierte Cover das damaligen IRON-MAIDEN-Haus-und-Hof-Zeichners Derek Riggs. Der IRON-MAIDEN-Fan findet auf Front und Back unzählige Hinweise auf IRON-MAIDEN-Songs: "Ancient Mariner Seafood", "Aces High Bar", die Straße, in der sich alles abspielt heißt "Accacia Avenue", eine Digital-Uhr zeigt 23:58 ("Two minutes to Midnight"), und auch die frühere Stammpinte der Jungs, das "Ruskin Arms", findet sich hier wieder.
Fazit: Trotz (oder grade wegen) vereinzelter Synthesizer ein Meisterwerk für die Ewigkeit.
Anspieltipps: Caught Somewhere In Time, Wasted Years, Stranger In A Strange Land, Alexander The Great
Martin "M.o.D." Simon
- Redakteur:
- Gastautor