ISVIND - Daumyra
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2013
Mehr über Isvind
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Folter Records / CMS
- Release:
- 15.08.2013
- Kast Loss, Brenn Alt!
- Burn The Kings
- Blodstorm
- The Dark Traverse
- Djevelens Uvær
- Myra
- Speculum
- Klabautermann
Niemand zelebriert heutzutage den alten norwegischen Black Metal so vollendet!
Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, dass die alte norwegische Kapelle ISVIND mit "Intet Lever" quasi aus dem Nichts zurückkehrte und die schwarzmetallische Szene mit einem Vorschlaghammer erschütterte, den in dieser Weise aber auch wirklich niemand mehr erwartet hätte. Da ist es natürlich ungemein schwer, den nun doch eher hoch gesteckten Erwartungen der Fans gerecht zu werden, denn wo "Intet Lever" das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte, da muss der Nachfolger "Daumyra" nun doch schon höheren Ansprüchen gerecht werden. Alles, was nicht als Defition des klassischen norwegischen Black Metals der ersten Hälfte der Neunziger durchginge, wäre eine Enttäuschung. Also los, die Scheibe in den Schacht geschoben und gespannt die Ohren gespitzt, was uns Arak Draconiiz und Goblin denn nun zu bieten haben!
Als Erstes vernehmen wir das Knistern und Krachen einer Feuersbrunst, dann das Brausen des Windes, ja, das passt schon einmal zu dem, was ich mir in der Folge wünschen würde. Als dann das erste Riff zum Opener 'Kast Loss, Brenn Alt!' erklingt, fällt die Erwartungsangst im Nu von mir ab. Die Band hat nichts verlernt, und obwohl dieses Mal die Sensation nicht mehr ganz so groß ist, kann ich doch nur einmal mehr konstatieren, dass es mich von Grund auf fasziniert, wie es diese Band auch zwanzig Jahre nach ihrer Gründung noch schafft, genau diese Elemente des nordischen Black Metals in Vollendung zu zelebrieren, die mir den Stil seinerzeit ans Herz geschmiedet haben. Die eiskalten, surrenden und flirrenden Riffs, die dir das Haupt umbrausen wie der norwegische Wind, das grimmige und doch verständliche Knurren, die sinistren und doch fesselnden Melodien, und dabei stets eine ganz dezente punkige Aggressivität, die den Black Metal kein Stück weit verwässert, ihn aber doch um ein Vielfaches songdienlicher und mitreißender erscheinen lässt, als wir es heutzutage aus der traditionellen schwarzmetallischen Szene gewohnt sind.
Schon der Refrain zum Opener bläst die Birken von der Taiga und rockt auf zum Knochentanz, während das rasende, flirrende 'Burn The Kings' mit tollen Cymbals und einem erneut sehr eingängen Hauptriff und Chorus aufwarten kann. Ja, ihr merkt schon, bei ISVIND kommt bei aller Tradition und Stiltreue eines nicht zu kurz, und das ist die Abwechslung. Die Band spielt eben nicht achtmal den selben Song und lebt nur von der typischen Atmosphäre und Attitüde, sondern sie weiß kompositorisch zu variieren und im naturgemäß eng gesteckten stilistischen Rahmen acht völlig eigenständige Songs zu schreiben. Waren die ersten beiden Stücke schnell, rockend und klirrend, da ist 'Blodstorm' teilweise langsamer, insgesamt getragener und erhabener, und vor allem lebt es von einer majestätischen Atmosphäre, die sich - oh Wunder - auch ohne Bombast und Theaterdonner erzeugen lässt, wenn man weiß, wie es geht.
Wo 'The Dark Traverse' wieder ungestüm und wütend voran prescht und die Klampfe herrlich schaurige Leadmelodien singen lässt, da bricht das Inferno bei 'Djevelens Uvær' tritonal und dunkelthronig über uns herein, als schrieben wir das Jahr 1994 A.Y.P.S. Bei 'Myra' geht es schleppend, hinterhältig und urgrimmig zur Sache, der Nacken knackt im wuchtigen Viervierteltakt, während 'Speculum' in Sachen Tempo wieder deutlich anzieht, sich dabei aber erneut sehr melodisch und ein wenig Thrash-lastig präsentiert, und auf der Wende zum zweiten Drittel einen Drive auspackt, der mit "mörderisch" nur unzureichend dramatisch beschrieben ist. Zum Abschluss dieser knackigen aber nicht zu kurzen Scheibe gibt es dann noch 'Klabautermann', von dem ich ob der Länge von über sechs Minuten einen eher epischen Ansatz erwartet hätte, das aber zunächst mal einen Blizzard entfacht, als gäbe es kein Morgen. Doch dann kommt tatsächlich die epische Wendung und das eisige Duo wagt sich doch tatsächlich an einige kurze Passagen mit klarem Gesang und im Ausklang gar an akustisches Saitenzupfen. Das Experiment gelingt, und so endet die Scheibe, wie sie begonnen hat, mit einem absoluten Highlight. Da die Songs dazwischen von der selben Güte sind, bleiben meinerseits schlicht und ergreifend gar keine Wünsche offen.
Was ISVIND heute so wertvoll macht, ist für mich, dass wir es hier mit der letzten der namhaften Bands der alten Norweger-Szene zu tun haben, die heute noch den alten Black Metal der zweiten Welle völlig unverfälscht spielt, ohne sich dabei zu sehr zu wiederholen. Wo sich nahezu alle alten Helden von einst unheimlich weit von ihren Wurzeln weg entwickelt haben, da geben uns die beiden urigen Recken aus Oslo ganz klar zu verstehen, dass die alte Lehre eben nicht überholt ist und nicht langweilig werden muss, wenn man sich das Gespür dafür bewahrt hat, wie man diese einzigartige Atmosphäre erschaffen kann, die diese archaische Kunst ausmacht. Viele Bands aus aller Herren Länder haben jahrelang versucht, diese Stimmung zu reproduzieren, doch es gelingt nur selten überhaupt, und im Endeffekt fast nie so gut wie bei ISVIND. Ob das nur dadurch möglich wurde, dass die Band fünfzehn Jahre lang mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden war? Schwer zu sagen, doch Fakt ist, dass heute, im Jahre 2013, niemand den einzig wahren alten, norwegischen Black Metal so vollendet zelebriert wie ISVIND. Alles außer der Höchstpunktzahl wäre daher blanker Hohn!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle