JUDAS PRIEST - Nostradamus
Mehr über Judas Priest
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Sony BMG
- Release:
- 13.06.2008
- Dawn Of Creation
- Prophecy
- Awakening
- Revelations
- The Four Horsemen
- War
- Sands Of Time
- Pestilence And Plague
- Death
- Peace
- Conquest
- Lost Love
- Persecution
- Solitude
- Exiled
- Alone
- Shadows In The Flame
- Visions
- Hope
- New Beginnings
- Calm Before The Storm
- Nostradamus
- Future Of Mankind
Die Antwort auf die Frage, warum Michel de Nostredame auf dem Cover des aktuellen JUDAS PRIEST-Werks diabolisch leuchtende Augen hat und aussieht wie der Kinder erschreckende Großvati aus dem Westerwald, können nur C-Horrorfilm-Regisseure oder der verantwortliche Künstler Mark Wilkinson geben. Als Laie muss man doof abtreten. Bis es so weit ist, kann man sich die Platte zum Artwork irgendwann angehört haben. Wer immer noch auf ein weiteres "Painkiller"/"British Steel"/"Album der Wahl einsetzen" wartet oder gerne eine Fortsetzung des 2005er "Angel Of Retribution" bekäme, sollte davon allerdings Abstand nehmen und sich stattdessen die besagten Dinger noch mal kaufen.
Drei Jahre nach dem seelenlosen, mit jedem Durchlauf schlechter gewordenen Reunion-Soundtrack für Rob Halford haben die Briten ein Textkonzept über den Posterboy aller Glaskugelmasseure in 23 Sätzen vertont. Frei nach "Bang Boom Bang": 103 Minuten Bombast – echte Gefühle? Nein. Was dem im Weg steht, sind die lasche, für eine der größten Gitarrenbands äußerst dürftige Produktion, die MIDI-Orchester-Parts an einigen Stellen und Längen im Songwriting. 'Prophecy' ist platt und enthält ein viel zu oft gehörtes Verlegenheits-Riff, 'Revelations' nimmt kein Ende, 'War' ist konfus, und 'New Beginnings' schnulzt zwei, drei künstliche Tränen zu viel aus der Anlage. Bei den acht (überwiegend guten) Interludien hat man außerdem bisweilen den Eindruck, dass Dramatik und Dynamik keine dicken Freunde sind.
Dass "Nostradamus" den großen Konzeptscheiben der Rockgeschichte oder AYREONs "01011001" nur wenig entgegenzusetzen hat, ist eine Sache; dass sich PRIEST dafür ihre besten Songs seit "Painkiller" haben einfallen lassen, eine andere. Die Halbballade 'Alone' überzeugt mit tollem Refrain und Aufbau. Klasse statt Mittelmaß mit Tendenz nach unten gab es auf den letzten Drehern selten bis gar nicht. Ebenfalls besser als nahezu alles, was die Herren seit fast zwanzig Jahren rausgerückt haben, sind das im Gegensatz zu der Schmunzelmonster-Verhöhnung 'Lochness' tatsächlich doomige 'Death', der Groover 'Visions', das opulente 'Exiled' mit "Terminator"-Theme-Beat, der Titeltrack, der vorab Sicherheit vorgegaukelt hatte, das am Ende noch mal groß aufziehende 'Future Of Mankind' sowie der starke 'Persecution'-Beinahe-Melodic-Prog.
Man könnte insgesamt von einem mutigen Album sprechen, wenn es a) so etwas in der PRIEST-Größenordnung noch gäbe und b) der Vorgänger nicht "Angel Of Retribution" wäre. Sich zuerst eine für die Anhängerschaft maßgeschneiderte Backkatalog-Baukasten-Kollektion zusammenzulügen, um sie wieder auf seine Seite zu ziehen, und ihr danach eine Rockoper vorzusetzen, ist zwar clever, aber nicht mutig. Eine Maßstäbe setzende, nach Superlativen verlangende, elektrisierende CD, die die Metalszene 2008 beschäftigen und über die man sich die Köpfe eckig diskutieren sollte, klingt anders als diese. Aber die Platte ist gut, zudem eine, die die Engländer noch nicht gemacht haben. Und dass das Erwähnenswerteste an der Veröffentlichung nicht die Tatsache ist, dass es Halford mit seinem scharfen Sonnenkollektoren-Outfit gelungen ist, HAMMERFALL-Oscars Blechlook zu toppen, hätte man nicht erwartet.
Anspieltipps: Alone, Persecution, Death, Visions
- Redakteur:
- Oliver Schneider