JUDAS PRIEST - Redeemer Of Souls
Mehr über Judas Priest
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Sony Music Entertainment
- Release:
- 11.07.2014
- Dragonaut
- Redeemer Of Souls
- Halls Of Valhalla
- Sword Of Damocles
- March Of The Damned
- Down In Flames
- Hell & Back
- Cold Blooded
- Metalizer
- Cross Fire
- Secrets Of The Dead
- Battle Cry
- Beginning Of The End
- Snakebite
- Tears Of Blood
- Creatures
- Bring It On
- Never Forget
Klingt mehr nach Lack als nach Leder.
Zwiespältig, zwiespältig. Die Produktion finde ich ja gar nicht übel. Das Album soweit auch nicht gänzlich uninteressant. Die J.P.-Markenzeichen sind alle drin. Ansonsten: Sehr clean, sehr shiny, technisch makellos. Auch der Aufbau passt perfekt: Guter Fluss, kein Zuviel, solide Songverläufe. Zudem keine scheinbar willkürliche Songaneinanderreihung, sondern ein sehr eigener, geschlossener, formvollendeter "Album"-Sound. Und der wird stilistisch wohl kaum einen Fan total enttäuschen, der "Painkiller" und "Ram It Down" mochte. Allein, die Musik berührt mich bislang kaum, besonders der Gesang bleibt für mein Empfinden bei aller fachlichen Qualität emotional unaufgeregt. Vom reinen Empfinden her fühle ich mich noch am ehesten an "Turbo" erinnert, wenn auch ohne Neon-Sound und röhrenden Afterburner. Stattdessen: Zeitgemäß hochauflösend dargebotene, wasserabweisend lackierte Pop-Perfektion mit frisch glänzendem Metallic-Anstrich. Songstrukturen und Soundgefüge sind wie ein Vexierbild: Metalalbum durch und durch, Popalbum durch und durch; allein auf die Perspektive kommt es an. An metallischer Härte und Dichte fehlt es diesem Werkstoff keineswegs. Gleichzeitig wirkt alles leicht wie Carbon.
Und die Fahrweise dieses Chassis erinnert halt auch stark an "metal by numbers", das Album fährt wie auf Schienen, scheint einem präzise durchgetimeten Ablauf zu folgen, der streng am Reißbrett entworfen wurde und keinerlei Abweichungen zulässt, keine Überraschungsmomente, somit eigentlich total unbritisch klingt, beinahe das Klischee deutscher Gründlichkeit erfüllt (dabei allerdings eine deutlich elegantere Formgebung aufweist). Nein, ich kann mir nicht helfen: Irgendwie ist das, trotz aller songwriterischen Reife, für mich bloß Kirmes-Metal: Geisterbahn, Auto-Scooter, Loopingbahn, alles schonmal gesehen, alles so ähnlich wie bereits gehabt, nahezu erwartbar; been there, done that; altbekannte Fantasy, von Erwachsenen für ein leicht Beeindruckbares, mehr oder minder jungfräuliches Publikum gemacht und auf die wirklich Mitgehwilligen zugeschnitten, aber eben ohne echte kindliche Phantasie. Folglich fehlt der Wow-Moment, das Staunenmachende, das unberechenbare Moment.
Die Judaspriester inszenieren sich auf "Redeemer Of Souls" als Pop-Titanen des Metal, unantastbar, der Realität entrückt, überlebensgroß, riesig wie Pappaufsteller, voluminös wie 3-D, Metal auch für Menschen, die sonst keinen Metal hören - "aber das hier geht ja noch" - mit perfekt ausgesteuerter Musik für die Surroundanlage; Musik, die eigentlich nach einer PINK FLOYD-Multimedia-Show oder zumindest nach einem ausgefeilten, mit HD-Beamer an die Wand geworfenem Videoclip verlangt; Cola-, Bier-, Popcorn- und Nacho-Menü-Musik für Menschen mit aufgeräumtem Hi-Tech-Medien-Wohnzimmer, die noch nie auf einem Metalkonzert waren und dies auch nicht vorhaben, weil dank technischer Möglichkeiten daheim ja eh alles viel besser, ganz wie im Studio, klingt und dort kein Störgeräusch und kein volumenschluckender Körper die heilige, perfekt austarierte Hi-Fi-Klangandachts-Ruhe stört. Als jemand, der in prägenden Jahren vom damals aktuellen, neuen, frischen, sterilen, druckvollen Sound der Neunziger-Alben noch überrascht und umgeblasen wurde, der das dazumal stärkere und authentischer dargebotene Pathos in Rob Halfords Stimme mit teenagerhormongetränkten Ohren aufsaugen und tatsächlich nachfühlen konnte, kann ich leider nur sagen: Meinen Nerv trifft das heute nicht mehr. Die Erschütterung bleibt aus, wie in einem hoch budgetierten Actionfilm, in dem man Protagonisten und Antagonisten problemlos gegeneinander austauschen könnte und folglich einfach nicht mehr mitfiebert.
Ansonsten gilt wie bei allen Hollywood-Blockbuster-Produktionen, die so einige Testscreenings erfolgreich durchlaufen haben: Wirklich großes Kino! Denn für die unter den oben umrissenen Bedingungen mitgehwillige Zielgruppe hat das Album durchaus Abwechslung zu bieten, einen stets nachvollziehbaren Handlungsverlauf ohne Längen, Durchhänger, Fremdschämmomente. Echte Fans wissen sicherlich auch die Überlänge zu verkraften. Ich als Metalcineast alter Schule hingegen werde mich in diesem Fall als Kunstbanause outen: Den Abspann schenke ich mir...
Anspieltipps: 'Halls Of Valhalla', 'Crossfire', 'Secrets Of The Dead', 'Beginning Of The End'.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Eike Schmitz