KK'S PRIEST - The Sinner Rides Again
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/23
Mehr über KK's Priest
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 29.09.2023
- Sons Of The Sentine
- Strike Of The Viper
- Reap The Whirlwind
- One More Shot At Glory
- Hymn 66
- The Sinner Rides Again
- Keeper Of The Graves
- Pledge Your Souls
- Wash Away Your Sins
Downing und Owens zwischen begnadetem Meisterwerk und PRIEST-Nachlassverwaltung.
Verehrte Leser, ich erlaube mir, diese Rezension mit einem Bekenntnis zu beginnen. Ich liebe dieses Magazin! Und ich empfinde es als eine große Ehre für POWERMETAL.de schreiben zu dürfen. Es ist ein besonderes Privileg, so viel tolle Musik jeden Monat für Euch probehören zu dürfen, und ich bin den Plattenfirmen und Künstlern sehr dankbar dafür, dass sie ihre neuen Produkte und Werke immer wieder vertrauensvoll in unsere Hände legen. Warum schreibe ich das ausgerechnet an dieser Stelle? Nun, weil mir ohne das Engagement bei POWERMETAL.de und ohne den Soundcheck eines der besten Heavy Metal-Alben dieses Jahres (zumindest auf der A-Seite, siehe unten!) durch die Lappen gegangen wäre! Und das kam so: Bei allem Respekt vor den enormen Leistungen dieser Band und dem gigantischen Einfluss, den sie allenthalben ausgeübt hat, bin ich wahrlich kein Hardcore-PRIESTologe. Entsprechend wenig Aufregung löste bei mir vor zwei Jahren die Ankündigung aus, dass ex-PRIEST Klampfenlegende K.K. Downing ein neues Projekt am Start und ein Album gemeinsam mit Tim "Ripper" Owens am Mikro in der Pipeline habe. Owens ist den meisten Menschen wohl von seiner etwas unglücklich verlaufenen Episode bei JUDAS PRIEST bekannt; für mich Nerd wird er immer in erster Linie der großartige Sänger auf dem göttlichen Debüt-Album "Heart Of A Killer" von WINTERS BANE bleiben.
Natürlich habe ich dann mal reingehört in "Sermons Of The Sinner". Aber ziemlich schnell verfestigte sich der schon erwartete Eindruck, dass es auf dem Album kaum mehr als zweite und dritte Aufgüsse aus dem PRIEST-Fundes zu hören gibt. Also Haken dahinter und vergessen. Vermutlich hätte ich in den aktuellen Nachfolger namens "The Sinner Rides Again" gar nicht mehr reingehört. Und genau an dieser Stelle kommt der POWERMETAL.de Soundcheck ins Spiel. Ich war mehr oder weniger gezwungen, mich mit der Scheibe auseinander zu setzen. Und dafür bin ich extrem dankbar, denn nach einem kurzen Moment der Lethargie hat mich "The Sinner Rides Again" fest gepackt und heftig durchgeschüttelt. Was die Herren Downing und Owens mit ihrer Mannschaft hier in die Rillen genagelt haben, ich ein prächtiger Heavy Metal-Hammer vor dem Herren. Tatsächlich hat es Downing geschafft, sich deutlich mehr vom Schema F der typischen PRIEST-Kompositionen abzusetzen und vielen seiner neuen Songs eine enorme Frische und Spritzigkeit einzuhauchen.
Gleich der Opener 'Sons Of The Sentinel' brettert mit einer solchen Urgewalt und Kompromisslosigkeit aus den Boxen, dass ich nicht anders kann, als heftig kopfschüttelnd durchs Wohnzimmer zu hüpfen. Hier passt einfach alles: mitreißendes Uptempo, gigantische Killerriffs und ein Ripper Owens in Bestform - so großartig kann Heavy Metal sein! Mit dem tonnenschweren Midtempo-Monster 'Strike Of The Viper' geht es nahtlos weiter, Gitarrenwand trifft Killer-Hookline, in zweieinhalb Minuten ist alles gesagt, und ich bin komplett im Bann dieser Platte. "Reap The Whirlwind" - Zack, nächste Göttergabe, mehr Druck und Dampf auffem Kessel geht kaum, das geht runter wie eine eisgekühlte Gersten-Kaltschale an einem heißen Sommertag. Keine Pause gibt es, 'One Shot At Glory', toller Song, traumhafte Soli hier verpackt, weiter so bitte...!
Aber leider beginnt an dieser Stelle das Heavy Metal-Sommermärchen damit, wieder in die nüchterne Realität zurückzufallen. Auch die B-Seite von "The Sinner Rides Again" ist alles andere als schlecht, auch hier gibt es starke bis sehr starke Lieder zu bestaunen. Aber diese wundersame Magie, dieser maximale Drive und diese alles atomisierende Frische und Spielfreude gehen etwas verloren. Stattdessen hätten der Titelsong zum Beispiel oder 'Pledge Your Souls' auch auf dem Debüt stehen können. Für mich ist die Erkenntnis deshalb ganz klar: Sobald sich K.K. Downing und Tim Owens von ihrer übergroßen Vergangenheit lösen, sind sie auch anno 2023 noch in der Lage Weltklasse-Songs zu schreiben und den Metal-Olymp - ganz ohne Sauerstoff-Flaschen - zu erklimmen. Je mehr sie in JUDAS PRIEST-Gewässern dümpeln, desto mehr verlieren sie an Charme und Überzeugungskraft. Natürlich ist Downing über Dekaden hinweg fester Bestandteil und Mitgestalter von PRIEST und dem klassischen PRIEST-Sound gewesen. Trotzdem führt heute der befreite und unbeschwerte Aufbruch nach vorne viel eher ins neue alte Glück als die Verwaltung der Vergangenheit.
Fazit: Downing-Blindkäufer greifen sowieso zu, aber auch allen anderen Metalheads sollte allein die großartige erste Hälfte den Kauf von "The Sinner Rides Again" wert sein. Wenn KK's PRIEST beim nächsten Mal eine ganze Platte auf diesem Niveau vorlegt, ist Klassiker-Alarm angesagt. Bis dahin demoliere ich weiter zu den Megahits dieses Albums meine Einrichtung. Bang your heads to this, dudes!!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Martin van der Laan