KAMIENNE OGRODY - In My World
Mehr über Kamienne Ogrody
- Genre:
- Rock / Grunge / Progressive
- Label:
- Equilibrecords
- Release:
- 14.06.2007
- Madness Comes In The Evening
- Black And White Princess
- In My World
- I Feel Lonely
- Feel The Music
- Far Away From Here
- Escape
- My Friend Johnny
- You Are My Chance
- The Chosen One
- Other Side
- She Rides The Wind
- Last Request
"In My World" von der polnischen Band KAMIENNE OGRODY ist ein abwechslungsreiches und weitgehend leichtfüßiges Rockalbum. Der Opener 'Madness Comes In The Evening' mit seinem grungig treibenden Sound freilich führt den Ersthörer zunächst auf eine falsche Fährte. Hier wird mit vollem Bassound, feurigen Riffs und energischem Gitarrensolo dramatisch gerockt. Doch gesanglich gibt man auch hier schon ein Versprechen ab, das im weiteren Verlauf des Albums gehalten, wenn nicht gar noch übertroffen wird. Mit 'Black And White Princess' beweist nicht nur Sänger Zbigniew Wyrzykowski, dass seine Stimme auch in einfühlsamer Intonation ganz wunderbar funktioniert, sondern die gesamte Band, dass es gelungenen Rockballaden nicht an Eindringlichkeit mangeln muss, und dass sie auch dort dramatische Passagen wunderbar einzuflechten versteht. 'In My World' schließlich wartet mit halbakustischer Gitarrenbegleitung und schlichtweg genialer Melodieführung auf, dezent unterstützt von Naturklängen und einem unaufdringlichen Streicherarrangement. Desweiteren enthält die CD noch einen stilvollen Videoclip (Naturimpressionen aus Polen, Kerzenschein und Bilder der musizierenden Band) zu diesem atmosphärischen Titelstück, das gerade im Gesang einmal mehr glänzt. Bei 'I Feel Lonely' verbinden KAMIENNE OGRODY einen steten, beschwingten Rhythmus vorbildlich mit einer leichten Melodie, welcher es dennoch nicht an bluesig-grungigen Untertönen mangelt. Selten wurden Einsamkeit und Melancholie derart schön und fast schon zärtlich vertont. Der Refrain ist beinahe poppig, eingängig, und vermeidet doch das oberflächliche Tralala. Wirklich poppig, wenn auch im positiven Sinne, klingt 'Feel The Music', der musikalisch wohl positivste Song der Scheibe. Nahezu beiläufig rocken sich KAMIENNE OGRODY hier durch ein flirrendes, refrainorientiertes Stück im klassischen Pop-Rock-Radioformat, wie man es heutzutage im deutschen Radio leider gar nicht mehr zu hören bekommt. Das erinnert stellenweise schon an den Sound der siebziger Jahre - obgleich in modernem Gewand - oder auch an den beflügelten Indierock von GRUESOME GALORE.
Gelungen sind auf "In My World" auch die Übergänge zwischen den Songs, das Album fließt perfekt durch. 'Far Away From Here' etwa knüpft leichtfüßig an den Sound des Vorgängers an, variiert ihn, entwickelt das Spektrum des Albums unaufdringlich weiter. Spätestens jetzt sollte selbst bei oberflächlichem Hören auffallen, wie gut KAMIENNE OGRODY aufeinander eingespielt sind: Feinsinnig wird hier aus Schlagzeug, Bass und Rhythmusgitarre ein Klangteppich gewoben, dessen einzelne Fäden noch klar erkennbar sind und dennoch perfekt ineinandergreifen. Die in 'Escape' wiederkehrende Melancholie deutet sich hier schon zart an. Dabei handelt es sich dann um eine lichte, leicht angeblueste Rockballade mit harmonischem Chorgesang, die schließlich von einem warmen, eindringlichen Gitarrensolo zum emotionalen Höhepunkt getragen wird. Ansatzweise progressive Einflüsse der Band kommen bei 'My Friend Johnny' in Form von geschickten und absolut schlüssigen Rhythmuswechseln sowie flüssig eingebundenen Miniaturen zum Tragen, welche das ansonsten eventuell sogar schwermütigste Stück des Albums immer wieder aufhellen und ebenso leichtfüßig wirken lassen wie die übrigen Songs - ohne dass das zu Lasten seiner Geschlossenheit ginge. Herrlich! Fans von ALICE IN CHAINS' "Unplugged"-Album sollten hier unbedingt einmal reinlauschen. 'You Are My Chance' wartet neben Akustikgitarre auch mit Rhodesklängen auf, wobei ein an AIRs 'Kelly Watch The Stars' erinnerndes Motiv wiederholt wird. Das Stück strahlt eine sinnierend-gefühlige Ambivalenz zwischen Sehnsucht und Behaglichkeit aus und würde wunderbar zu einem sommerlichen Sonnenuntergang an einem der polnischen Seen passen. 'The Chosen One' rockt dann wieder eingängig beschwingt drauflos, klingt stellenweise wie eine tänzelndere Variante von PEARL JAM (an die erinnerte zuvor schon 'I Feel Lonely'), geht allerdings nicht ganz so an mich.
Das progressiv dynamische 'Other Side' aber ist eine Reise durch nahezu alle Qualitäten, welche die Band KAMIENNE OGRODY ausmachen, und in 'She Rides The Wind' kann Zbigniew Wyrzykowski zu verträumten Lagerfeuergitarren und warm aufglühendem E-Bass noch einmal eindrucksvoll zeigen, was er stimmlich und charismatisch drauf hat. In polnischen Kommentaren zur Band fiel bereits der Begriff "Postgrunge", und wenn man darunter eine Zusammen- und Weiterführung dessen versteht, was SOUNDGARDEN mit so wandelbaren, breitwandformatigen Stücken wie 'Switch Opens', 'Tighter And Tighter' sowie 'Blow Up The Outside World' und BLACK LABEL SOCIETY mit Songs wie der bluesigen, halbakustisch-schwurbeligen Hardrockballade 'House Of Doom' oder ihrem schmirgeligen, balladesk-grungigen Abgesang 'Layne' begonnen haben, dann mag das auf dieses Stück wohl zutreffen. Überhaupt hat "In My World" diesen Klang, der einfach neugierig auf mehr macht, und der zugleich den Eindruck erweckt, dass auch die Band selbst noch neugierig ist, obwohl sie schon jetzt wirklich ausgefeilte Songs zu schreiben versteht. Zum Abschluss stellt dann das galoppierende 'Last Request' noch klar, dass der Eindruck des ersten Songs doch nicht gänzlich täuschte, da KAMIENNE OGRODY trotz aller sonst gern zelebrierten Eigenständigkeit und Luftigkeit auch auf der härteren Schiene locker mitfahren können: nämlich mit mächtig treibendem und sogar etwas psychedelisch eingegroovtem Grungerock irgendwo zwischen ALICE IN CHAINS und den frühen SOUNDGARDEN. Hier klingt es nun noch versierter als im Opener. Dennoch liegen Stärke und Besonderheit der Band im kraftvollen Verschmelzen von balladeskem Rock mit ungewöhnlichen Melodien und grungigen Sounds, womit sie auf "In My World" gleich mehrfach glänzen. Ihre wahre Tiefe offenbaren die Kompositionen jedoch erst nach mehrfachem bewusstem Zuhören. Möge es dem polnischen Quartett vergönnt sein, auch im Nachbarland Deutschland auf weithin offene Ohren zu treffen.
Anspieltipps: Black And White Princess, In My World, Escape, Other Side, She Rides The Wind
- Redakteur:
- Eike Schmitz