KAMPFAR - Mare
Mehr über Kampfar
- Genre:
- Black Metal / Pagan Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Napalm / Edel
- Release:
- 25.03.2011
- Mare
- Ildstemmer
- Huldreland
- Bergtatt
- Trolldomspakt
- Volvevers
- Blitzwitch
- Nattgang
- Altergang
- Bergtatt (In D Major) - Bonustrack
Die Norweger wagen es, neue Wege zu beschreiten, und legen dabei etliche rundum gelungene Experimente vor.
Wenn ein Gründungsmitglied nach gut fünfzehn Jahren, zwei EPs und vier Studioalben eine Band verlässt, dann ist dies oft mit einem stilistischen Umbruch oder mit musikalischen Differenzen verbunden. Ob dies bei KAMPFAR der Fall war, das weiß ich nicht, denn offenbar war Gitarrist Thomas am Entstehungsprozess noch beteiligt und schied nach offizieller Lesart beider Seiten auch in aller Freundschaft. Dennoch ist ein Aufbruch zu spüren, wenn wir "Mare" einmal näher unter die Lupe nehmen. Die Ästhetik ist völlig gewandelt. In rote Tücher gehüllte Figuren im Wald, zur See, im Fels und im Eis, die dem Vernehmen nach weibliche Geister symbolisieren, welche ihren eigenen Weg gehen.
Auch musikalisch ist die Band im Fluss. Weit mehr als früher ist das Keyboard in den Mittelpunkt gerückt, doch ohne dabei den Sound KAMPFARs mit Kitsch zu überziehen. Es ist weiterhin ein von flächig klingenden, wuchtigen Gitarren dominierter, kalter Klang, der von Peter Tägtgren sehr interessant in Szene gesetzt wurde. Es ist mitnichten eine typische Tägtgren-Produktion, sondern dem Schweden ist ein Klangaufbau geglückt, der die klassischen Eigenarten KAMPFARs auf eine Weise neu gestaltet, dass auch jene eine Augenbraue hochziehen dürften, die KAMPFAR zuletzt Stagnation auf hohem Niveau vorwarfen. Dennoch brechen Dolk und Co. nicht mit ihren Wurzeln und demonstrieren, dass sie in der Lage sind gleichermaßen jene zu bedienen, die gerne dem klassichen, kalten, heidnischen Norwegersound huldigen, wie auch jene, die es nach Innovation dürstet.
So ist 'Mare' vom Schlagzeug her sehr mechanisch gehalten, die Hörner-Synths sind episch und Riffing und Gesang sind klassisch schwarz, wie wir es seit Jahren lieben. Dazu kommt ein bärenstarker, prägnanter Refrain, wie er uns in diesem Genre selten heimsucht. 'Ildstemmer' kombiniert kalte Raserei mit spacigen Elementen und schrägen Orchestrierungen, während 'Huldreland' mit gesprochenem Gesang und reinen Ambient-Passagen aufwartet. Dann übernehmen ein stoisch hämmerndes Schlagzeug und lang ausklingende Akkorde das Szenario und verschieben das Stück in ein grimmiges und geisterhaftes Umfeld. Eher klassisch, doch nicht minder gelungen ist das epische 'Bergtatt', während sich 'Trolldomspakt' zur manischen Elegie steigert, die erneut mit tollen Hooklines besticht. 'Volvevers' ist dafür ein rhythmisch-wuchtiger Nackenbrecher par excellence, wo 'Blitzwitch' kristallene Kälte versprüht und 'Nattgang' in Sachen Melodieführung ausgeprägte folkloristische Zitate verarbeitet.
Für Aufsehen sorgt auf Albumlänge vor allem das wuchtige produzierte Schlagzeug, das bisweilen eine sehr eigenwillige Mischung aus stoischer Kälte und lebendigen, fast tribal-artigen Facetten aufweist. Zum zweiten Mal in ihrer Karriere wagen sich die Jungs auch an englische Texte, und zwar mit dem Titelstück und genanntem 'Blitzwitch' gleich zweimal. Als sehr abgedreht empfinde ich das kurze 'Altergang', welches das reguläre Album rockig beschließt. Irgendwie muss ich beim Hauptriff an The Edge denken, wie er Black Metal spielt. Bizarre Vision? Ja, mit Sicherheit. Aber es ist einfach gut! Wer nun immer noch nicht genug von seltsamen und doch gelungenen Experimenten hat, der kann sich den Digipack zulegen, der als Bonus das tolle 'Bergtatt' in einer orchestralen Version in D-Dur enthält.
Als Fazit bleibt somit, dass die zum Trio geschrumpfte Band mit "Mare" den Schritt gewagt hat, das Erfolgsrezept der Vergangenheit stark zu modifizieren, um der stilistischen Stagnation zu entgehen. So etwas kann durchaus schief gehen und ist daher sehr mutig von den Herren aus Fredrikstad, doch wenn ihr mich fragt, ist das Experiment vollauf gelungen und zeigt KAMPFAR frisch und überzeugend.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle