KARIES - Seid umschlungen Millionen
Mehr über Karies
- Genre:
- Postpunk
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- This Charming Man Records/ Green Hell Records/ Cargo
- Release:
- 02.10.2014
- Abwärts
- Kariman
- Sylvia
- Unbekannt
- Misere
- Seriöse Dinge
- Traum von D.
- Würgen
- Wahrheit träumt nicht
- Paradies
Schlecht für die Zähne, sehr gut für den Kopf.
Nun ist es mal wieder an der Zeit, sich ausführlicher den Veröffentlichungen des Labels This Charming Man Records zu widmen. Langsam, aber zielsicher hat sich dieses nämlich zu einem Qualitätsgarant gemausert, das zwischen Protometallern wie KADAVAR oder HEAT über Shoegazer wie die WARM GRAVES bis hin zur Haudraufhektik von DIE NERVEN, den Monumentalbratz der BLWVS oder eben "Post"-Geschichten wie jene von FJØRT im Core-Bereich oder den Spätkommerpunk der Stuttgart-Leipziger KARIES.
Hier sitzt der Schlagwerker der ebenfalls schwäbischen Band DIE NERVEN hinten dran und prägt mit seinem Spiel auch dieses Quartett. Ruckend und angespannt ist er und dazu tritt die Raum greifende Gitarren, die sich bis in die letzte Ecken verziehen möchte. 'Sylvia' wird beschrien, die Dame hat wohl nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Irgendein Abschieds-Ding, ist da zu vermuten. Sylvia sagt nämlich gar nichts dazu. Der unappetitliche Namen der Band lässt im Übrigen nicht auf eine Nichtqualität des Stoffes oder gar eine Zerfressenheit im Klangbild schließen.
Wer dagegen etwas gegen stimmliche Unvollkommenheit oder die vokalistisch zeitweise zur Schau getragene Dünnhäutigkeit hat, den wird das Album "Seid umschlungen Millionen" ziemlich aufregen. Wer sich das schon grundsätzlich anders besieht, wer hier den Punk der Achtziger und die Attitüde des genervten Dilettantismus als beeindruckende Kunstform erachtet, der wird dem Dentalschrecken hier ziemlich fasziniert am Mundwinkel hängen - und, ja, mitsingen, all die Losungen, die kleinen Beziehungsgeschichten, die Scheiterstories, wird die Stücke vor sich herschubsen und wird sie verschlingen. Auf jeden Fall geht der reduzierte Sound sehr in Ordnung, die heruntergeschraubten Rhythmen werden eisern durchgezogen, Bassist und Drummer haben gut und monoton zu tun.
Darüber plätschert, kolportiert und schraubt, floppt und ploppt die Gitarre, tropft in diesen Rhythmusstrom hinein. Nicht zu vergessen auch das noisig verzerrte Angepisstsein von 'Würgen' eineinhalb Minuten Dissonanz und Lieber-aus-dem-Weg-gehen. Rundes, überraschend überraschendes Album, das sich seinen Weg in mein Gefallen gebahnt hat. Und überhaupt: im deutschprachigen Untergrund passiert wieder was!
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben