KATSIONIS, BOB - Imaginary Force
Mehr über Katsionis, Bob
- Genre:
- Instrumental Prog Metal
- Label:
- Lion Music
- Release:
- 17.05.2004
- The Imaginary Force
- March Of The Spirits
- Sing For The Day
- Galaxy
- Sudden Death
- Bird’s Eye View
- Is It Me Or The Weather?
- All My Naked Hopes
- Separated
- St. Pervert
- Tsifteteli (Overture 1821)
- Ouzo!
Instrumentaler Prog/Symphonic Metal dürfte mit seiner Verliebtheit in komplexe Harmonien, Breaks und Keyboard-Gitarre-Verschachtelungen, mit seinem Anspruch mehr zu wollen als "nur" einen guten Song, nicht jedermanns Sache sein. Daher haftet dieser Musik immer etwas Elitäres an. Allerdings verwöhnt der griechische Keyboarder und Gitarrist BOB KATSIONIS auf seinen zweiten Solo-Album das Ohr mit eingängigen Melodien und einem fetten Gitarrensound. Wie so häufig bei Ausnahmemusikern finden sich bei ihm ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und die Ansicht, dass Eigenlob eben doch nicht stinkt – so sagt er im Booklet über die eigene Person: "Griechenlands bester Keyboarder – ich!" In diesem Booklet können wir dann auch allerhand Hinweise des Meisters an seine Schüler lesen, welche Stellen in der Musik sie besonders aufmerksam beachten sollen. Voller Stolz blickt er im Presseinfo auf seine Mitgliedschaft oder Aushilfetätigkeit bei verschiedensten (meist griechischen) Metalbands wie z.B. SEPTIC FLESH, ACID DEATH, NIGHTFALL, STARQUEEN, CASUS BELLI, BATTLEROAR oder FIREWIND zurück. Dabei darf sein eigenes Prog-Power-Metal-Projekt IMAGINARY nicht vergessen werden. Und das Beste wird natürlich erst noch kommen...
"Griechenlands bester Keyboarder" nimmt sich glücklicherweise nicht so bierernst, wie man nach so viel selbstgepflückten Lorbeeren vermuten könnte. In dem Track 'St. Pervert' setzt er beispielsweise dem Pornofilm ein Denkmal. Denn, mal ehrlich, wer hätte sich nicht schon geärgert über all die lausigen undefinierbaren Billigsoundtracks, die den Genuss solcher Filme empfindlich stören. Dafür gibt es jetzt Abhilfe. 'St. Pervert' kommt mit den entsprechenden Lustgeräuschen und ebenso lustvoller Agression daher. An anderer Stelle gibt Herr Katsionis kulturpädagogisch wertvolle Ratschläge, indem er uns mahnt, beim nächsten Griechenlandbesuch nicht etwa "trendy Greek Music Dance Clubs" zu besuchen, sondern lieber die Akropolis. Und 'Ouzo!' ist dem bekannten Anisschnaps seines Heimatlandes gewidmet.
Die Musik von BOB KATSIONIS wird gleichberechtigt vom Keyboardspiel wie von den Klängen einer siebensaitigen Gitarre geprägt. Letztere sorgt für eine enorme Wucht, die bei angemessener Lautstärke einem schnell die Nachbarn auf den Hals hetzen kann (selbst erlebt). Der Meister bevorzugt also in den meisten Tracks eine gesunde Härte, räumt aber auch ruhigeren Parts genug Platz ein. Der eher beschauliche typische Hard Rock in 'Is It Me Or The Weather?' erscheint da schon als eine deutliche Ausnahme. BOB KATSIONIS spielt natürlich sehr virtuos und konzentriert aufs Detail. Andererseits beinhaltet die Musik auch ein gewisses Maß an Gradlinigkeit. Die Spiellänge der Tracks bewegt sich dementsprechend zwischen drei und fünf Minuten.
Der Opener 'The Imaginary Force' gibt gleich einen furiosen Auftakt für die folgenden neunundvierzig Minuten. Im Hochgeschwindigkeitstempo geht die Post ab, ein flirrendes Keyboardspiel wirbelt um die Gitarrenklänge – alles ganz gediegen heavy. Nach einigen irren Breaks schält sich eine feine einprägsame Melodie heraus, die im weiteren Verlauf mit den heftigen Klängen des Anfangs verbunden wird. Mein persönlicher Favorit ist dann 'March Of The Spirits'. Das Keyboard spielt Pianomelodien, die ein wenig an Chopin erinnern und von der Gitarre vorangetrieben werden. Hammondorgeln setzen im Mittelpart ein, gefolgt von einem schönen Gitarrensolo. Dieses Solo erklingt zum Schluss über dem synthetischen Piano, welches den Rhythmus vorgibt. Das Stück ist in echter Ohrwurm, der ruhig länger als nur vier Minuten hätte dauern können. Sehr melodisch beginnt 'Sing For The Day', bevor es von melancholischen Pianoklängen (wieder mal Chopin) verfeinert wird, die sich schließlich mit der Gitarre verbinden. In die 'Galaxy' startet BOB KATSIONIS wie beim Opener mit voller Geschwindigkeit. 'Sudden Death' wird von einem progressiven Riffing geprägt, das an der Grenze zum Techno Thrash steht. Neoklassizistisch orientierte Harmonien geben in 'Bird`s Eye View' den Ton an. 'All My Naked Hopes' gemahnt mit seinem Hauptthema ein wenig an Filmmusik. 'Separated' verarbeitet jazzige und klassische Elemente auf eine sehr ruhige, harmonisierende Art und Weise.
Die letzten drei Stücke bilden zusammen die "Trilogy Of Lust". Eingerahmt von den schon erwähnten härteren 'St. Pervert' und 'Ouzo!' bildet das ungewöhnliche 'Tsifteteli (Overture 1821)' den Mittelpart der Trilogie. Zu diesem Stück gibt es einen interessanten historischen Hintergrund. Im Jahre 1821 wurde Griechenland von der vierhundertjährigen Versklavung durch die Türken befreit. Die Türken hinterließen den Griechen allerdings ein kleines kulturelles Erbe – einen Tanz namens Tsifteteli, der in Griechenland heute noch sehr populär ist. Auf der Melodie dieses Tanzes beruht nun das gleichnamige Stück von BOB KATSIONIS. Außerdem sind hier sogenannte Toumbeleki zu hören, bei denen es sich um griechische Handtrommeln handelt. Für einen Schuss Obskurität sorgen die Vinylscratches eines DJ Nikos_33rpm, was wohl einen Anklang an die Beliebtheit des Tsifteteli in den "trendy Greek Music Dance Clubs" darstellen soll. Die Trommeln eröffnen das Stück, bevor die Gitarre hereinkracht. Jetzt intoniert das Keyboard eine Melodie, wie sie typisch orientalischer nicht sein könnte. Die Gitarre begleitet das Ganze und die Trommeln treten hin und wieder in den Vordergrund. Nach den Scratches hören wir ruhige mandolinenartige Töne und eine fast schon poppig anmutende Keyboardweise. Schließlich übernimmt die Gitarre im Alleingang und mit angezogenem Tempo das Regiment, um letztlich wieder im orientalischen Hauptthema zu münden. BOB KATSIONIS versteht sich auf spannungsreiche Kompositionen. Erwähnt werden sollte noch, dass sich auf der CD der Videoclip zu 'Scary Groovie' vom ersten Album befindet.
Als Fazit bleibt eine weitere gute Instrumentalscheibe, die jedem Freund anspruchsvoller Metalmucke Spaß machen sollte. Manchmal könnten die Stücke allerdings tatsächlich ein bis zwei Minuten länger laufen – kaum hat man sich in ein Stück eingehört, ist es schon wieder vorbei. Einen richtigen Longtrack gibt es ja leider auch nicht. Wer sich die neue VITALI KUPRIJ (Empfehlung!) kaufen will, kann sich BOB KATSIONIS gleich mit in den Warenkorb packen.
Anspieltipps: The Imaginary Force, March Of The Spirits, Sudden Death, Seperated, Tsifteteli
- Redakteur:
- Jörg Scholz