KAVRILA - Mor
Mehr über Kavrila
- Genre:
- Post Hardcore
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Narshadaa Records
- Release:
- 03.12.2021
- Watershed
- Halfway Vanished
- Nebula
- The Facts
- Tremor
- Mor
- Flay
- Endocardium
- RIP
- Retribution
Packende Reise in die Abgründe der menschlichen Seele.
Wenn der Zweitling "Mor" der Hamburger KAVRILA eines nicht ist, dann ein ganz gewöhnliches Album. Nach dem Debüt und einer EP-Triologie stellte der Vierer nämlich seinen kompletten Arbeitsansatz um, schloss sich zwei Tage lang ohne vorbereitetes Songmaterial in einem Studio ein und ließ die vorliegende Musik einfach herausfließen. Konsequenterweise wurde in diesem Live-Setting auch großteils auf jegliche Overdubs verzichtet und nur Alex Bujack verfasste seine Texte, in denen er den Tod seiner Mutter verarbeitet, im Nachhinein und verpasste den zehn Nummern mit seinem wuchtigen Organ schlussendlich den letzten Schliff.
Bei der Vorgeschichte und der thematischen Ausrichtung düfte wohl klar sein, dass "Mor" definitiv kein Langspieler geworden ist, den man einfach so nebenbei genießen kann. Stattdessen formen die zehn Kompositionen eine musikalische Achterbahn, die zwischen Wut, Trauer und zermürbender Finsternis die dunklen Ecken der menschlichen Seele beleuchtet. Bestes Beispiel ist hierfür 'Halfway Vanished', das als wuchtige Post-Hardcore-Nummer beginnt, um im weiteren Verlauf das Tempo immer weiter zu drosseln und schließlich in vermürbendem Stampfen zu gipfeln. 'Nebula' klingt da mit seinen durchaus melodischen Gitarren schon deutlich positiver und hat noch am ehesten eine "Hookline" zu bieten, an der sich Hörer und Hörerinnen in diesem wütenden und von Gitarren angetriebenen Wirbelsturm festhalten können, den die Hamburg ansonsten in knapp unter einer halben Stunde Spielzeit entfachen.
Zart besaitete Zuhörer und Zuhörerinnen, die angesichts der aktuellen Weltlage sowieso schon angespannt sind, sollten sich "Mor" allerdings vielleicht lieber für einen späteren Zeitpunkt aufheben, denn sämtliche Emotionen, die Fronter Alex angesichts des Todes seiner Mutter verspürt, werden durch Musik und seine Texte kanalisiert und prasseln direkt auf einen ein. So versinkt das Album dann auch mit zunehmender Spielzeit immer weiter in der Finsternis und findet in 'RIP' schließlich seinen Tiefpunkt, wenn Alex nüchtern feststellt: "Death is real, rest in peace". Gut, dass 'Retribution' im Anschluss mit einem melodischeren Ansatz und fast schon hymnischen Hooklines den Silberling mit einer etwas positiveren Note beendet.
Nein, "Mor" ist wahrlich kein Album für jeden Anlass, in der richtigen Stimmung ist die Scheibe aber ein wahres Post-Hardcore-Kunstwerk, vor dem ich meinen imaginären Hut zücken und das sich vor keinerlei Konkurrenz in diesem Sektor verstecken muss. Lange schon hat mich eine Platte emotional nicht mehr so mitgenommen wie das Zweitwerk der Hamburger und alleine dafür und für die Auseinandersetzung mit diesem höchst privaten und schwierigen Thema verdient das Quartett den höchsten Respekt!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs