KLABAUTAMANN - Der Ort
Mehr über Klabautamann
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Heavy Horses / SX
- Release:
- 07.02.2005
- Der Ort
- Forlorn Sea
- Winternacht
- The River
- Waldschrat
- Red Urn
- The Wanderer
- October
Der Bandname ist ein Trip in meine Kindheit, aus der ich Folgendes mitgenommen habe: Ein Klabautermann ist ein Schiffsgeist, den der allseits beliebte rothaarige Kobold Pumuckl zu seinen Vorfahren zählt. Wandelt man die Schreibweise ein wenig ab, erhält man ein deutsches Black-Metal-Duo mit Gastschlagzeuger, das mit "Der Ort" dieser Tage sein zweites komplettes Studioalbum vorlegt. Dabei beschäftigen sich Tim Steffens und Florian Toyka lyrisch weniger mit der Seefahrt als vielmehr mit den Wäldern und den Wesenheiten, die in ihnen hausen. Bereits das Frontcover, das eine schöne, lichtdurchflutete und moosbewachsene Waldlichtung zeigt, bringt den Hörer in die richtige Stimmung für das Album, die dann durch mystische Pianoparts und verträumte Passagen auf der akustischen Gitarre sehr schön verstärkt wird und durch das metallische Grundgerüst einen sehr natürlichen Charakter erhält. Wie die Natur selbst ist auch die Musik KLABAUTAMANNs ein Wechselspiel zwischen anmutiger Schönheit und dem Walten zerstörerischer Kräfte.
Das eröffnende Titelstück bringt die musikalische Essenz der Band bereits sehr treffend auf den Punkt. Hier gibt es rasende Black-Metal-Parts, die immer wieder durch sehr schöne, verträumte Akustikintermezzi auf der Konzertgitarre und dem Piano unterbrochen werden. Das böse Keifen ist Black-Metal-typisch aber recht nachvollziehbar. Im zweiten Stück 'Forlorn Sea' drosselt man das Tempo und fängt mit cleanen Vocals an, um später doch wieder keifend zu Werke zu gehen. Inmitten des Black Metals gibt es auch viele ambientlastige, ruhige Momente. 'Winternacht' ist wieder deutlich schneller, hat dafür aber einige auffällige, melodische Gitarrenpassagen. Doch auch hier nehmen KLABAUTAMANN später das Tempo komplett raus und spielen ein sehr ruhiges Interludium, bevor das Inferno erneut losbricht, dieses Mal zuerst heavier, dann wieder rasend. Im Gegensatz zu vielen Black-Metal-Bands haben die Jungs durchaus ein progressives Element in ihrer Musik, hier gibt es diverse schöne Breaks und abrupte Stimmungswechsel in allen Songs. Der Blick über den schwarzmetallischen Tellerrand ist sehr ausgeprägt, aber dennoch dezent genug, um die Band nicht der Basis und ihren eigenen Wurzeln zu entfremden.
Bei 'Waldschrat' sind die Grundriffs so dermaßen Black Metal, dass selbst die Truesten der Truen Freudensprünge machen dürften, allerdings hat man gerade hier mit Stefan Horn einen Gastsänger am Start, der mit deutlich Death-Metal-lastigerem Gesang ankommt. Dazu gibt's die eine oder andere sehr abgefahrene Frickelpassage. 'Red Urn' ist ein sehr schönes, komplett akustisches Stück, das in gewisser Weise den Geist von ULVERs "Kveldssanger" atmet, aber für meinen Geschmack besonders gesanglich nicht ganz dessen Niveau erreicht, was ja auch sehr schwierig ist. 'The Wanderer' kommt mit massig Breaks recht Death-Metal-betont, aber dennoch mit zusammenhängender, flüssiger Stimmung. Einen wirklichen Ausnahmesong gibt's zum Schluss in Gestalt von 'October', das dann zu guter Letzt wirklich noch als Stilbruch durchgeht. Das neunminütige Stück wird komplett von der Gastsängerin Isabel Jasse sehr klar gesungen und ist mir für die lange Spielzeit im ersten Drittel ein wenig zu unspektakulär. Erst kurz vor der Vierminutengrenze erweitert der erste gravierende Stimmungswechsel die Dimensionen des Stückes spürbar.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Klabautermänner verspielter und deutlich vielseitiger zu Werke gehen als das Gros der Szene. "Der Ort" ist über weite Strecken regelrecht progressiv, vor allem was die sehr virtuosen Akustikgitarren, aber auch etliche melodische Leads auf der Stromgitarre angeht. "Der Ort" überschreitet Genregrenzen, ohne den Black Metal völlig zu verlassen, erfordert aber doch ein gewisses Maß an Offenheit und Toleranz unter den Schwarzheimern. Andererseits finde ich, dass gerade die naturverbundene Stimmung etlicher früher Norwegerbands hier authentischer rüberkommt als bei manchen Bands, die den Stil der alten Schule detailgetreu kopieren, so dass sich - zumindest in punkto Stimmung - auch Verfechter der reinen Lehre angesprochen fühlen dürfen, soweit sie sich vorstellen können, mit all den erwähnten Extravaganzen klarzukommen.
Anspieltipps: Der Ort, Forlorn Sea, Waldschrat
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle